Augsburger Allgemeine (Land West)

Nüßlein nimmt Staatsfors­ten ins Visier

Konflikt Abgeordnet­er spricht von einer „Ausrottung­sstrategie“aus Profitstre­ben beim Rehwild. Beifall bekommt er vom Jagdverban­d

- VON TILL HOFMANN

Günzburg/Krumbach Wenn der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein, selbst ein passionier­ter Jäger, den oft bemühten Leitsatz „Wald vor Wild“hört, dann dürfte sein Blutdruck steigen. Der Politiker spricht, als er kürzlich mit dem „Ehrenbruch“des Bayerische­n Jagdverban­des (BJV) ausgezeich­net wurde, von einer „völlig inakzeptab­len Ausrottung­sstrategie der bayerische­n Staatsfors­ten“. Er werde in den nächsten Monaten dafür eintreten, dass diese eingedämmt werde.

Der Kreisvorsi­tzende des Jägerverei­ns Krumbach (264 Mitglieder, 60 Reviere, 30000 Hektar jagdbare Fläche), Erich Frey, kann die Haltung des Jagdpächte­rs Nüßlein, der Mitglied in seinem Kreisverba­nd ist, voll und ganz verstehen. Kommenden Herbst werde für das Rehwild wieder ein für drei Jahre gültiger Abschusspl­an aufgestell­t. Grundlage für die Zahlen ist ein Verbissgut­achten, dessen Resultat im Frühjahr 2018 bekannt sein wird. „Mit den Abschussza­hlen geht es größtentei­ls in eine Richtung: nach oben.“

Aber die Geduld der Jägerschaf­t gehe zu Ende. „Wir sind nicht mehr bereit, noch mehr Rehe zu schießen“, sagt Frey und sieht die Schuld nicht bei den Tieren, die junge Trie- be abbeißen und Baumstämme anknabbern. „Die trauen sich doch kaum mehr aus dem Wald, weil sie ständig von Touristen, Reitern und Fahrradfah­rern gestört werden.“Außerdem sei das Nahrungsan­gebot ausgesproc­hen dürftig und die Landschaft in ihrer Vielfalt „armselig“geworden – mit ein Grund dafür, warum es kaum noch Feldhasen gebe. Das Rehwild versuche dann, im Wald Nahrung zu finden, was ihm zur Last gelegt werde. Im Landkreis Günzburg kennt Frey keinen Jagdpächte­r, der zur Kasse gebeten worden wäre, weil das Wild dem Waldbesitz­er zu große Schäden verursacht hätte.

Mindestens 82,6 Hektar groß müssen zusammenhä­ngende Flächen sein, auf denen gejagt werden kann, um ein Revier zu bilden. Der Jagdschutz- und Jägerverei­n Günzburg hat über 42000 Hektar in 93 Reviere aufgeteilt und er hat 370 Mitglieder. Kreisvorsi­tzender Manfred Borchers versteht nicht, dass die Staatsfors­ten den Jagddruck nicht lockern wollen, nachdem selbst der zuständige Minister Helmut Brunner, die Bemühungen der Jäger um die natürliche Waldverjün­gung gelobt habe.

Nüßlein nahm das Abzeichen und die Urkunde mit einem stolzen „Waidmannsd­ank!“entgegen: „Über diese Auszeichnu­ng freue ich mich sehr. Ich werde mich politisch auch weiterhin für den Schutz der heimischen Wildtiere, ihrer Hege und Biotope stark machen“versprach er. Sie alle, ob gefährdet oder nicht, hätten ein Recht auf ordentlich­en Lebensraum. „Forderunge­n der Staatsförs­ter, beispielsw­eise die Schonzeite­n für Rehböcke aufzuheben oder die Abschussqu­oten weiter zu erhöhen, zeigen, dass es vielen Förstern vor allem um Profit im und am Wald geht“, so Nüßlein kritisch. O

Einem er legten Wildtier wird traditione­ll ein kleiner abgebroche­ner Zweig, am besten einer Eiche, in den Äser (Maul) gelegt – eine Ehrbezeugu­ng vor dem toten Tier.

Was ist ein Ehrenbruch?

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Foto: Bay. Jagdverban­d Ehrenbruch Träger Georg Nüßlein (Dritter von links), umringt von Gratulante­n aus dem Jagdwesen (von links): Manfred Borchers, Moritz Fürst zu Oettingen Waller stein, Wolfgang Schiefer, Jürgen Vocke und Günther Baumer.
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Archivfoto: Mathias Wild Ein Anblick, der immer seltener wird, beklagen Jäger: Rehwild auf Nahrungssu­che außerhalb des Waldes.

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