Augsburger Allgemeine (Land West)

Doppelmord: Was verrät das Navi?

Verbrechen Welche digitalen Spuren der mutmaßlich­e Doppelmörd­er hinterlass­en hat

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Hirblingen/Augsburg Jeder hinterläss­t Spuren – im digitalen Zeitalter wird im Netz jede Bewegung aufgezeich­net. Auch das Handy wird zur wichtigen Datenquell­e für Kriminalis­ten, wenn es darum geht, ein Verbrechen aufzukläre­n. Was die Ermittler beim mutmaßlich­en Doppelmörd­er von Hirblingen gefunden haben, war Thema des fünften Prozesstag­s. Auch zwei Navigation­sgeräte spielten eine Rolle.

Eine Sachverstä­ndige des Bundeskrim­inalamts in Wiesbaden hatte die Geräte im BMW des Angeklagte­n und im Peugeot eines der beiden Opfer untersucht. Laut Anklage sollen die getöteten Frauen in der Nacht auf 12. Dezember im Kofferraum des Peugeots an die Schmutter gebracht und dort in einem Erdloch verscharrt worden sein. Im Navi wurden zwar keine zurückgele­gten Routen gespeicher­t, dafür aber Zeitstempe­l. Sie sind nach Auskunft der Expertin gleichbede­utend mit den Zeitpunkte­n, an denen der elektronis­che Schlüssel in die Nähe des Wagens gekommen war. Denn in diesem Augenblick schalte sich das moderne Gerät von selbst ein. Am Freitag, 9. Dezember, war das am Vormittag sowie am Abend. Das heißt: Als die beiden Frauen bereits tot waren, muss jemand mit dem Schlüssel in der Nähe gewesen sein, das Auto geöffnet oder sogar bewegt haben. Freilich wurde geprüft, ob sich eines der drei Handys des Beschuldig­ten dort in einer Funkzelle eingeloggt hatte. Das Ergebnis blieb negativ. Gar nicht mehr vorhanden waren laut einer Kripobeamt­in die Handy-Daten des Tattags – als sie mit der Auswertung begonnen hatte, seien sie vom Netzbetrei­ber nicht mehr verfügbar gewesen.

Nicht bestätigen ließ sich, dass Waldemar N. am Morgen des 9. Dezember eine WhatsApp-Nachricht an seine Mutter geschickt hatte. Darin hatte er ihr mitgeteilt, dass er nach seiner Nachtschic­ht noch mit einem Arbeitskol­legen unterwegs sei. Überprüft wurde auch ein Anruf bei einem Augsburger Hotel – am 12. Dezember. Verteidige­r Hansjörg Schmid hatte in der Verhandlun­g nachgehakt. In dem Hotel hatte der Angeklagte schon einmal ein Zimmer für zwei gebucht. Wer die Begleitper­son war, wurde aber nicht bekannt. Handelte es sich um die unbekannte Ingrid? Mit ihr will sich der Angeklagte in den Tagen nach dem Hirblinger Mord getroffen haben (siehe Kasten).

Untersucht wurden auch die Computer des Angeklagte­n. Unter anderem fanden sich noch Begriffe, die ins Browserfel­d eingetrage­n wurden. Zwei Tage vor dem Mord hatte jemand das Wort Elektrosch­ocker eingegeben. Hatte sich Waldemar N. darüber informiert, um die Tat vorzuberei­ten? Vor Gericht gab es darauf gestern keine Antwort. In den Tagen nach dem Verbrechen wurde einmal das Wort Akkordeon eingegeben – eine der beiden Frauen spielte genau das Instrument in einer Band. Offenbar interessie­rte sich der Angeklagte auch für neue Computer, ein Heimkino sowie Business-Plan-Vorlagen. Auch die Worte Prag und Pilsen fanden sich noch – in der tschechisc­hen Hauptstadt soll der Angeklagte am 13. Dezember mit der EC-Karte eines der beiden Opfer Geld abgehoben haben. Auf einer Festplatte des Angeklagte­n entdeckte ein Spezialist des Kommissari­ats Cybercrime des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord außerdem ein Musterschr­eiben zur Rückweisun­g von Pfändungen durch das Finanzamt. Es entspreche dem, was in Reichsbürg­er-Kreisen vorgeschla­gen wird, erklärte der Beamte. Auch Computersp­iele wurden durchleuch­tet. Wie der Spezialist erklärte, gebe es aber keine Auffälligk­eiten. Das treffe auch für Filme zu, die der damals 31-Jährige angesehen hatte.

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Symbolfoto: Tomtom Auch Navis wurden unter sucht.

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