Augsburger Allgemeine (Land West)
Doppelmord: Was verrät das Navi?
Verbrechen Welche digitalen Spuren der mutmaßliche Doppelmörder hinterlassen hat
Hirblingen/Augsburg Jeder hinterlässt Spuren – im digitalen Zeitalter wird im Netz jede Bewegung aufgezeichnet. Auch das Handy wird zur wichtigen Datenquelle für Kriminalisten, wenn es darum geht, ein Verbrechen aufzuklären. Was die Ermittler beim mutmaßlichen Doppelmörder von Hirblingen gefunden haben, war Thema des fünften Prozesstags. Auch zwei Navigationsgeräte spielten eine Rolle.
Eine Sachverständige des Bundeskriminalamts in Wiesbaden hatte die Geräte im BMW des Angeklagten und im Peugeot eines der beiden Opfer untersucht. Laut Anklage sollen die getöteten Frauen in der Nacht auf 12. Dezember im Kofferraum des Peugeots an die Schmutter gebracht und dort in einem Erdloch verscharrt worden sein. Im Navi wurden zwar keine zurückgelegten Routen gespeichert, dafür aber Zeitstempel. Sie sind nach Auskunft der Expertin gleichbedeutend mit den Zeitpunkten, an denen der elektronische Schlüssel in die Nähe des Wagens gekommen war. Denn in diesem Augenblick schalte sich das moderne Gerät von selbst ein. Am Freitag, 9. Dezember, war das am Vormittag sowie am Abend. Das heißt: Als die beiden Frauen bereits tot waren, muss jemand mit dem Schlüssel in der Nähe gewesen sein, das Auto geöffnet oder sogar bewegt haben. Freilich wurde geprüft, ob sich eines der drei Handys des Beschuldigten dort in einer Funkzelle eingeloggt hatte. Das Ergebnis blieb negativ. Gar nicht mehr vorhanden waren laut einer Kripobeamtin die Handy-Daten des Tattags – als sie mit der Auswertung begonnen hatte, seien sie vom Netzbetreiber nicht mehr verfügbar gewesen.
Nicht bestätigen ließ sich, dass Waldemar N. am Morgen des 9. Dezember eine WhatsApp-Nachricht an seine Mutter geschickt hatte. Darin hatte er ihr mitgeteilt, dass er nach seiner Nachtschicht noch mit einem Arbeitskollegen unterwegs sei. Überprüft wurde auch ein Anruf bei einem Augsburger Hotel – am 12. Dezember. Verteidiger Hansjörg Schmid hatte in der Verhandlung nachgehakt. In dem Hotel hatte der Angeklagte schon einmal ein Zimmer für zwei gebucht. Wer die Begleitperson war, wurde aber nicht bekannt. Handelte es sich um die unbekannte Ingrid? Mit ihr will sich der Angeklagte in den Tagen nach dem Hirblinger Mord getroffen haben (siehe Kasten).
Untersucht wurden auch die Computer des Angeklagten. Unter anderem fanden sich noch Begriffe, die ins Browserfeld eingetragen wurden. Zwei Tage vor dem Mord hatte jemand das Wort Elektroschocker eingegeben. Hatte sich Waldemar N. darüber informiert, um die Tat vorzubereiten? Vor Gericht gab es darauf gestern keine Antwort. In den Tagen nach dem Verbrechen wurde einmal das Wort Akkordeon eingegeben – eine der beiden Frauen spielte genau das Instrument in einer Band. Offenbar interessierte sich der Angeklagte auch für neue Computer, ein Heimkino sowie Business-Plan-Vorlagen. Auch die Worte Prag und Pilsen fanden sich noch – in der tschechischen Hauptstadt soll der Angeklagte am 13. Dezember mit der EC-Karte eines der beiden Opfer Geld abgehoben haben. Auf einer Festplatte des Angeklagten entdeckte ein Spezialist des Kommissariats Cybercrime des Polizeipräsidiums Schwaben Nord außerdem ein Musterschreiben zur Rückweisung von Pfändungen durch das Finanzamt. Es entspreche dem, was in Reichsbürger-Kreisen vorgeschlagen wird, erklärte der Beamte. Auch Computerspiele wurden durchleuchtet. Wie der Spezialist erklärte, gebe es aber keine Auffälligkeiten. Das treffe auch für Filme zu, die der damals 31-Jährige angesehen hatte.