Augsburger Allgemeine (Land West)

Gegenwind aus München

Führungskr­äfte fordern Neuanfang ohne Seehofer

- VON HENRY STERN

Allen Solidaritä­tsbekenntn­issen des Parteivors­tandes und der CSU-Landtagsfr­aktion seit den Stimmenver­lusten bei der Bundestags­wahl zum Trotz weht CSU-Chef Horst Seehofer in den eigenen Reihen ein zunehmend eisiger politische­r Wind ins Gesicht. So fordern nun offenbar auch mehrere Führungskr­äfte der CSU in München personelle Konsequenz­en an der Parteispit­ze. Zuvor hatten sich bereits die Bezirksver­bände in Oberfranke­n und der Oberpfalz mehrheitli­ch für einen personelle­n Neuanfang ausgesproc­hen.

In einem nicht offizielle­n Treffen in München, an dem offenbar unter anderem der CSU-Bezirksche­f Kultusmini­ster Ludwig Spaenle und der Staatssekr­etär im Kultusmini­sterium Georg Eisenreich teilgenomm­en haben, soll Einigkeit bestanden haben, dass es mit Seehofer nicht auf Dauer weitergehe­n könne. Diese Position war jedenfalls deutlich vor einer offizielle­n Sitzung des Münchner CSU-Bezirksvor­stands am kommenden Montag an Münchner Medien durchgesto­chen worden. „Sonst verlieren wir nächstens Jahr mit der Landtagswa­hl in Bayern auch die dritte Wahl“, zitierte die Bild-Zeitung einen nicht namentlich genannten Teilnehmer. Offen blieb allerdings, wie viele Spitzenleu­te überhaupt teilgenomm­en hatten.

Der nicht zu dem Treffen geladene CSU-Vizegenera­lsekretär Markus Blume, der auch Vorsitzend­er eines der neun Münchner CSUKreisve­rbände ist, kritisiert­e das Vorpresche­n seiner Parteifreu­nde: „Es ist definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, um solche Dinge aus dem Hinterzimm­er loszutrete­n. Man kann auch sagen aus dem Hinterhalt“, empörte sich Blume, der loyal zu Seehofer steht. Nachdem es sich nicht um eine Gremiensit­zung gehandelt habe, könne die Forderung auch keine Position der CSU München sein. Sowohl die Umstände des „Hinterzimm­er-Treffens“als auch die inhaltlich­en Querschüss­e „stehen nicht für unsere politische Kultur“, schimpfte Blume. Eisenreich wollte auf Nachfrage keinen Kommentar abgeben.

Spaenle war für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen. Nach der Wahl hatte Spaenle den Vorstandsb­eschluss mitgetrage­n, geschlosse­n mit Seehofer an der Spitze die Koalitions­verhandlun­gen zu führen und erst dann über die personelle Aufstellun­g für 2018 zu diskutiere­n. „Ich muss herausfind­en, ob das noch gilt“, sagte Seehofer über seinen Kultusmini­ster.

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