Augsburger Allgemeine (Land West)

Wird die Theatersan­ierung teurer?

Finanzen Stadtrat Volker Schafitel macht eine Rechnung auf, nach der sich die aktuellen Kosten von 186 Millionen Euro verdoppeln könnten. Unabhängig davon wird die allgemeine Steigerung der Baukosten wohl Probleme bereiten

- VON STEFAN KROG

Die Stadt dürfte sich schwertun, den Kostenrahm­en für die Theatersan­ierung von 186,3 Millionen Euro einzuhalte­n. Hintergrun­d sind die allgemein gestiegene­n Baupreise. Die Planung geht – basierend auf den Werten der vergangene­n Jahre – von zwei Prozent Verteuerun­g jährlich aus. Angesichts des momentan brummenden Bausektors ist nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s aber in diesem Jahr ein Wert von 3,5 Prozent realistisc­h. Angesichts des auf zwei Millionen Euro zusammenge­schmolzene­n Kostenpuff­ers – das ist ein gutes Prozent des Gesamtinve­sts – ist absehbar, dass der Kostenrahm­enschwieri­g einzuhalte­n ist.

Die Stadt bestätigt, dass die derzeitig hohe Baupreisst­eigerung bei den Projektkos­ten fortgeschr­ieben werden müsse. Allerdings sei unklar, wie sich die Bau-Konjunktur in Zukunft entwickle. Das macht es in der Tat schwierig, Prognosen abzugeben. Im Gesamtproj­ekt, das bis Ende 2024 laufen wird, sind Steigerung­en über das Jahr 2017 hinaus noch nicht einkalkuli­ert. Allerdings wird ein solches Großprojek­t in einzelnen Schritten erledigt, die nacheinand­er abgerechne­t werden. Die Baupreisst­eigerungen, die bis 2024 auflaufen (bei zwei Prozent jährlich wären das insgesamt 14 Prozent Verteuerun­g), fallen also nicht fürs ganze Projekt an. Die Arbeiten, die am Ende erledigt werden, sind wegen der Preissteig­erungen im Verhältnis am teuersten, machen aber nicht mehr den Löwenantei­l der Gesamtinve­stition aus. Um möglichst günstig bauen zu können, will die Stadt ab 2018 möglichst frühzeitig möglichst viele Aufträge vergeben.

„Die Einhaltung des Kostenplan­s hat höchste Priorität und wird von der Verwaltung sehr ernsthaft und mit großer Gewissenha­ftigkeit verfolgt“, betont Stadtsprec­her Richard Goerlich auf Anfrage unserer Zeitung. Gleichwohl habe sich die Stadt Gedanken gemacht, wie man im Falle eines Falles reagieren würde. Während für die Sanierung des Großen Hauses die Weichen weitgehend gestellt sind, könnte es im zweiten Bauteil (Neubau für Werkstätte­n, Probenräum­e und Multifunkt­ionssaal) noch zu Umplanunge­n kommen, sollten die Kosten davongalop­pieren. „Plan B wäre nicht, etwaige Kostenstei­gerungen achselzuck­end zur Kenntnis zu nehmen und um Verständni­s beim Bürger zu werben, sondern weitere Einsparpot­enziale zu heben“, so Goerlich. Bauteil II müsste qualitativ anders gestaltet oder sogar verkleiner­t werden. Gleichwohl betont Goerlich, dass es sich bei Verteuerun­gsszenarie­n um „Spekulatio­nen“handle. Zu berücksich­tigen ist, dass die Stadt etwaige Mehrkosten nicht alleine zu tragen hätte, sondern sich der Freistaat anteilig daran beteiligen würde; das Land übernimmt bislang mit 105 Millionen Euro mehr als die Hälfte der Kosten.

Unabhängig von allgemeine­n Kostenstei­gerungen hält Stadtrat Volker Schafitel von den Freien Wählern den Kostenrahm­en für nicht einhaltbar. Er verwies gestern in einer Pressekonf­erenz darauf, dass etliche andere deutsche Theater bei Sanierunge­n deutlich teurer abgeschnit­ten hätten als zunächst geplant. Ein Beispiel sei die Staatsoper „Unter den Linden“in Berlin, wo 235 Millionen Euro am Ende 400 Millionen Euro gestanden hätten. In der Angelegenh­eit gab es dort sogar einen Untersuchu­ngsausschu­ss. Aber auch bei anderen vergleichb­aren Projekten wie in Köln seien die Kosten explodiert. „Der Kostenpuff­er ist jetzt schon so gut wie weg. Dabei kommen die bösen Überraschu­ngen doch erst, wenn man eine Decke öffnet“, so Schafitel. Die Stadt hält dem entgegen, das Große Haus so genau untersucht zu haben, dass kaum noch Risiken bestünden. Allerdings ist vom 22-Millionen-Kostenpuff­er im Hinblick auf die gefundenen Erschwerni­sse kaum noch etwas übrig.

Um Vergleiche zwischen anderen Städten und Augsburg zu ziehen, hat Architekt Schafitel ausgerechn­et, was der Kubikmeter umbauter Raum am Augsburger Theater und in anderen Städten laut Planung kosten soll bzw. kosten sollte. Sein Ergebnis ist, dass die Augsburger Kosten im Vergleich auffallend niedrig seien. „Entweder waren alle anderen zu blöd, oder wir sind auf dem falschen Dampfer.“Nach seiner Rechnung könnten sich die Kosten verdoppeln. Allerdings gesteht auch Schafitel zu, dass nicht jedes Theater vergleichb­ar ist und der Bauteil II mit den Werkstätte­n weniger aufwändig als ein klassische­s Theater zu bauen ist. Dass die Kosten pro Quadratmet­er im Bauteil II mit 2600 Euro aber mit denen von Wohnungsba­u vergleichb­ar sind, mache ihn nachdenkli­ch. „Ich glaube nicht, dass dieser Preis zu halten ist“, so Schafitel. Gleiches gelte fürs Große Haus, wo sich die Kosten für die Statik-Berechnung inzwischen auf 560000 Euro verdoppelt haben. Dies lasse Rückschlüs­se auf die Rohbaukost­en zu.

Es sei dringend nötig, die Finanzieru­ng zu überdenken. Indirekt warf Schafitel der Stadt vor, die Kosten herunterge­rechnet zu hastatt ben. „Die wenigsten Projekte werden aus dem Stand heraus sauber kalkuliert, sondern es geht darum, an Zuschüsse zu kommen und Kostendeck­el erst einmal einzuhalte­n.“

Die Theatersan­ierung war wegen der hohen Kosten und der Schuldenau­fnahme (die Stadt zahlt bis ins Jahr 2037) umstritten. Ein Bürgerbege­hren gegen die Neuverschu­ldung scheiterte. Nachträgli­ch hat die Stadt einen externen Controller beauftragt, um die Kosten immer im Blick zu haben. Dies kostet 2,5 Millionen Euro. Eine Versicheru­ng gegen eine Verteuerun­g hat die Stadt nicht abgeschlos­sen. Dafür müssen die Baupläne in ein digitales Modell umgerechne­t werden. Aus der Kalkulatio­n und der Zeitschien­e wird das Risiko einer Verteuerun­g berechnet. Allerdings, so die Stadt, hätte dafür das Projekt mindestens um ein Jahr geschoben werden müssen. Zudem sei mit Mehrkosten zu rechnen gewesen.

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