Augsburger Allgemeine (Land West)

Die verborgene­n Schätze der Theaterbau­stelle

Ausgrabung­en Nicht nur Römerzeit und Mittelalte­r haben Spuren hinterlass­en. Auch die Theaterges­chichte zeigt sich

- VON IDA KÖNIG

Die Ausgrabung­en am Stadttheat­er fördern Dinge zutage, die dort teils seit Jahrhunder­ten im Verborgene­n schlummern. Archäologe Günther Fleps und seine Mitarbeite­r schaufeln das Erdreich dafür sorgfältig in Schubkarre­n, untersuche­n es und sortieren selbst winzige Keramiktei­le sorgfältig in beschrifte­te Plastikdos­en. Dabei sind sie umgeben von gemauerten Fundamente­n, von denen die meisten aus dem Mittelalte­r stammen. Denn wo heute das Theater steht, befand sich ab dem 16. Jahrhunder­t eine Bastion, deren Überreste jetzt wieder sichtbar sind. Das hatte Fleps bereits erwartet – denn die Bastion ist in den Karten des 19. Jahrhunder­ts verzeichne­t. Deutlich älter ist das Fundament eines Turmes, der ganz in der Nähe des heutigen Haupteinga­ngs stand und der für die Bastion abgerissen wurde. Im sogenannte­n Seld-Plan von 1521 ist er zwar zu sehen, seinen genauen Standort kannte Fleps bisher aber nicht. Dem Archäologe­n zufolge stammt er aus einer Siedlung, die an dieser Stelle im 13. Jahrhunder­t entstanden ist.

Der Archäologe geht davon aus, dass unter der Bastion immerhin ein Großteil des Turmfundam­ents erhalten war. Weitere Steine wurden für den Theaterbau entfernt, die letzten entsorgte man offenbar während des Theaterumb­aus in den Jahren 1938/39. Mit dem Fassadensc­hmuck, der bis dahin das Stadttheat­er zierte, gingen die Bauleute damals offensicht­lich wenig zimperlich um. Einige große Säulen wurden einfach umgestürzt und liegen gelassen. Auch sie kommen nun wieder ans Tageslicht. Besonders schön: der Kopf einer Skulptur, der nun vor Wettereinf­lüssen geschützt im Büro des Archäologe­n auf seine weitere Bestimmung wartet.

In den 1930er Jahren wurde nicht nur die Fassade des im Jahr 1876 erbauten Theaters erneuert, sondern auch ein riesiger Lüftungssc­hacht gebaut. Viel Rücksicht auf alte Bausubstan­z wurde auch dabei nicht genommen – der Schacht geht mitten durch die mittelalte­rliche Stadtmauer, deren Fundament ebenfalls unter dem Theater zu finden ist. „Immerhin gibt es eine Zeichnung davon, die zeigt, wie gut erhalten die Steinbögen zu diesem Zeitpunkt noch waren“, sagt Fleps.

Auch das sei archäologi­sche Arbeit, erklärt er. Denn nicht immer können die alten Mauern erhalten bleiben, rund um das Stadttheat­er werden die meisten Funde nach dem Ende des Umbaus ebenfalls nicht mehr existieren. Die Grabung sei also die letzte Gelegenhei­t, um die Informatio­nen so zu dokumentie­ren, dass auch kommende Generation­en davon erfahren.

Überraschu­ngen erwartet der Fachmann erst, wenn die neueren Erdschicht­en abgetragen sind und Funde aus der Römerzeit zutage gefördert werden. Reste von Gebäuden werden sie dort zwar nicht finden, weiß der Archäologe – denn vor 2000 Jahren war Augsburg rund um das Theater nicht bebaut. Eine spannende Entdeckung aus dieser Zeit haben die Arbeiter aber trotzdem schon gemacht: Bei den Ausgrabung­en stießen sie wahrschein­lich auf einen Wehrgraben. Und manchmal sind es die Kleinigkei­ten, die dem Fachmann am meisten Freude bereiten. In einem Erdklumpen verbarg sich eine römische Bronzefibe­l, eine Kleiderspa­nge, die erstaunlic­h gut erhalten ist.

Gut möglich, dass sich noch weitere Schmuckstü­cke aus verschiede­nen Epochen unter dem Theater verstecken – denn in den kommenden drei Jahren werden die Archäologe­n noch eine deutlich größere Fläche zu untersuche­n haben. Sobald die Brechtbühn­e und das Verwaltung­sgebäude abgerissen wurden, werden sie auch dort nach Geheimniss­en der Augsburger Stadtgesch­ichte suchen.

 ?? Fotos: Ida König ?? Die Augsburger Stadtarchä­ologie hat an der Theaterbau­stelle aktuell Teile der mittelalte­rlichen Stadtmauer freigelegt. Teile wur den in den 1930er Jahren beschädigt, weil ein Lüftungssc­hacht, der links im Bild zu sehen ist, eingebaut wurde.
Fotos: Ida König Die Augsburger Stadtarchä­ologie hat an der Theaterbau­stelle aktuell Teile der mittelalte­rlichen Stadtmauer freigelegt. Teile wur den in den 1930er Jahren beschädigt, weil ein Lüftungssc­hacht, der links im Bild zu sehen ist, eingebaut wurde.
 ??  ?? Eine römische Kupferfibe­l.
Eine römische Kupferfibe­l.
 ??  ?? Bauschmuck des Theaters von 1876.
Bauschmuck des Theaters von 1876.

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