Augsburger Allgemeine (Land West)

SPD triumphier­t in Niedersach­sen

Landtagswa­hl Ministerpr­äsident Stephan Weil bekommt die meisten Stimmen. Für eine Fortsetzun­g von Rot-Grün reicht es aber wohl nicht. Kommt jetzt eine Große Koalition?

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg/Hannover Noch vor einigen Wochen schien die Karriere des Stephan Weil einem trostlosen Ende entgegenzu­gehen. Die Umfragen zu den vorgezogen­en Neuwahlen in Niedersach­sen verhießen nichts Gutes für den sozialdemo­kratischen Ministerpr­äsidenten. Die Sache schien gelaufen – für seinen CDUHerausf­orderer Bernd Althusmann.

Und nun gibt ausgerechn­et dieser Stephan Weil seiner gebeutelte­n Partei wieder Hoffnung. Die SPD hat bei der gestrigen Landtagswa­hl deutlich zugelegt und ist erstmals seit 1998 – damals noch mit dem späteren Kanzler Gerhard Schröder an der Spitze – wieder stärkste politische Kraft in Hannover.

Die kommenden Wochen dürften für den Sieger trotzdem anstrengen­d werden. Weil die Grünen stark verloren haben, muss sich der Regierungs­chef höchstwahr­scheinlich nach neuen Partnern umschauen. Nach dem vorläufige­n Endergebni­s scheitert eine Fortsetzun­g von RotGrün denkbar knapp. Die endgültige Sitzvertei­lung stand um 23.30 Uhr noch nicht fest.

„Das ist ein großer Abend“, sagte Weil vor begeistert­en Anhängern. Er riet aber auch dazu, den „Ball noch eine Sekunde flach zu halten“. Denn das Wahlergebn­is beinhaltet weitere Unbekannte­n. So hätte rein rechnerisc­h auch eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen eine Mehrheit – ohne Wahlsieger Weil. Im Wahlkampf hatte sich die Union allerdings skeptisch dazu geäußert. Ein ebenfalls mögliches Ampel-Bündnis mit SPD und Grünen schließen wiederum die Liberalen aus. Regiert in Hannover also bald eine Große Koalition?

Die CDU muss erst einmal eines der schlechtes­ten Ergebnisse ihrer Geschichte verkraften. Spitzenkan­didat Althusmann verspielte seinen großen Vorsprung in den Umfragen noch. Sein Absturz begann mit dem Desaster der Union bei der Bundestags­wahl. Das war nicht gerade Rückenwind für ihn. Aus dem gestri- gen Wahlergebn­is „werden sich nun Verhandlun­gen für Niedersach­sen ergeben“, sagte der Verlierer am Abend und sprach von „politische­r Verantwort­ung“für das Land. Probiert er es doch mit Jamaika? Oder war das schon die Anmoderati­on von Koalitions­gesprächen mit der SPD? Bei den Sozialdemo­kraten dominierte gestern die Erleichter­ung. Parteichef Martin Schulz, der nach seiner Niederlage als Kanzlerkan­didat angeschlag­en ist, feierte Weil mit geradezu pathetisch­en Worten: „Was du in den letzten Wochen geleistet hast, ist einzigarti­g in der Wahlkampfg­eschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d.“Es ist der erste Wahlsieg, seit Schulz die SPDFührung übernommen hat.

Bei den großen Gewinnern der Bundestags­wahl vor drei Wochen herrschte gestern eher verhaltene Freude. Die AfD schaffte zwar klar den Sprung über die Fünf-ProzentHür­de, blieb aber hinter ihren Ergebnisse­n im Bund und in anderen Ländern zurück. Und die FDP musste im Vergleich zu ihrem Spitzenerg­ebnis bei der letzten Landtagswa­hl Verluste verkraften.

»Leitartike­l Walter Roller erklärt das Ergebnis der Niedersach­sen-Wahl »Politik Die überrasche­nde Erfolgssto­ry des Stephan Weil und die Folgen

„Das ist einzigarti­g in der Wahlkampfg­eschichte der Bundesrepu­blik.“SPD Chef Martin Schulz über die Aufholjagd

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Foto: Michael Kappeler, dpa Erleichter­t: der erste Wahlsieger für die SPD in diesem Jahr, Niedersach­sens bisheriger und (wohl) künftiger Ministerpr­äsident Stephan Weil.
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