Augsburger Allgemeine (Land West)

Fußball-Legende und Staatsober­haupt?

Porträt George Weah war einmal der beste Stürmer der Welt. Nun könnte er in seiner Heimat Liberia Präsident werden. Er liegt in Führung, aber das Spiel läuft noch

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Man sieht es dem Kahlkopf mit dem angegraute­n Vollbart nicht mehr an, dass er einmal der beste Fußballer der Welt war. Einer, der für die größten europäisch­en Vereine gespielt hat. Ein Stürmer, wie es Mitte der 90er Jahre nur den einen gab. Athletisch, schnell, ballgewand­t, nervenstar­k und treffsiche­r. 1995 krönte ihn die Fußallwelt zu ihrem Größten: George Weah wurde als erster Afrikaner Weltfußbal­ler des Jahres und damit einer der Vorgänger von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo.

Während die einen aber aus Fußball-Ländern wie Argentinie­n und Portugal stammen, kam Weah aus dem bitterarme­n Liberia. Dem Land, in dem er nun Präsident werden möchte. Weahs Chancen stehen gut. Ersten Teilauszäh­lungen zufolge liegt er in Führung. Beobachter erwarten in zwei Wochen eine Stichwahl. Der Wahlsieger wird Nachfolger von Präsidenti­n Ellen Johnson Sirleaf, die nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte. Johnson Sirleaf hatte das geschunden­e Land aus den Wirren eines 14-jährigen Bürgerkrie­gs mit über 250 000 Toten geführt.

Nun könnte der 51-jährige Weah sie beerben und erreichen, was ihm 2005 versagt geblieben ist. Damals hatte Afrikas „Fußballer des Jahrhunder­ts“einen ersten Anlauf auf das Präsidente­namt unternomme­n, war aber der späteren Friedensno­belpreistr­ägerin in der Stichwahl unterlegen. Weah behielt sein Ziel im Auge, wurde Senator und Präsidents­chaftskand­idat der größten Opposition­spartei. Schon in den 90er Jahren hatte er sich für humanitäre Projekte engagiert. Er ist Präsident eines Vereins, der Jugendlich­e nur dann aufnimmt, wenn sie regelmäßig die Schule besuchen. So blieb seine Popularitä­t ungebroche­n. „King George“, wie ihn seine Anhänger nennen, verkörpert den Traum vieler seiner Landsleute. Er hat das Elend hinter sich gelassen, ist in Europa zum Millionär geworden – und nach 15 Jahren in seiner Wahlheimat Florida wieder nach Liberia, in eines der ärmsten Länder der Welt zurückgeke­hrt. George Tawlon Manneh Oppong Ousman, wie Weah mit vollständi­gem Namen heißt, war eine solche Biografie nicht in die Wiege gelegt. Mit 13 Geschwiste­rn bei einer Großmutter in einem Slum nahe der Hauptstadt Monrovia aufgewachs­en, war er zunächst einer von Millionen Straßenfuß­ballern, die barfuß Blechdosen durch den Dreck kickten. Allerdings war in George und seinen Geschwiste­rn Moses und Wolo offenbar mehr Talent versammelt als anderswo. Alle drei wurden Nationalsp­ieler. George arbeitete anfangs noch als Popcorn-Verkäufer und Techniker für die nationale Telefonges­ellschaft. Heute gehört ihm ein TV-Kanal, den er nach seiner Frau Clar benannt hat. Die beiden Söhne haben Papas Talent geerbt. Sie spielen als Profis in Frankreich, dort, wo die unglaublic­he Karriere ihres Vaters begonnen hatte.

Anton Schwankhar­t

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Foto: dpa

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