Augsburger Allgemeine (Land West)
„Manche muss man raustragen“
Geburtstag Launige Feier im Haus Haindl für Rabbiner Henry Brandt
Wann gehen Rabbiner in den Ruhestand? „Die meisten im normalen Alter, aber manche muss man raustragen“, sagt Henry G. Brandt und zwinkert mit den Augen. 90 Jahre ist er inzwischen und im Hause Georg
Haindl gab’s am Samstagabend eine fröhliche Geburtstagsfeier für den hoch angesehenen jüdischen Geistlichen. Frisch und geistreich wie eh und je hörte er sich die Lobeshymnen an. „Du bist ein Mensch der Gegenwart und unser wichtigster Gesprächspartner“, dankte Friedhelm
Pieper, der evangelische Präsident des Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, ihm als langjährigem jüdischen Präsidenten.
In Anerkennung seines jahrzehntelangen Engagements für die christlich-jüdische Verständigung verlieh ihm Prof. Abi Pitum aus München die Buber-RosenzweigMedaille, die Brandt so vielen anderen Brückenbauern verliehen hatte.
Weil Henry Brandt nicht nur der Rabbiner der Augsburger Kultusgemeinde ist, sondern auch in Bielefeld, gratulierte die dortige Vorsitzende Irith Michelsohn recht herzlich. Namens der Union Progressiver Juden in Deutschland hob sie außerdem hervor, von Brandt „immerwährenden Rat“zu erhalten – bei Tag und Nacht, sogar im Urlaub und in Krankheit. „Ohne ihn wären wir nicht, was wir heute sind.“
Die Allgemeine Rabbinerkonferenz von Deutschland hat Henry Brandt zum 90. Geburtstag eine neue deutschsprachige Ausgabe der hebräischen Psalmen gewidmet. Druckfrisch lag dieses Buch für alle Gäste aus – und darunter befanden sich Charlotte Knobloch, Präsidentin der Münchner Gemeinde, Unipräsidentin Sabine Doering Manteuffel. Regierungspräsident Karl Michael Scheufele, Augsburgs Kulturreferent Thomas Weitzel und der hiesige Gemeindepräsident Alexander Mazo.
Dem Rabbiner selbst, sonst nie um ein Wort verlegen, verschlug es fast die Stimme. „Ich bin völlig überrascht.“Seine ganze, weitverzweigte Familie war nach Augsburg angereist: aus Israel, der Schweiz, Australien und Schweden. „Ich bin heute ein reicher Mann“, sagte Brandt angesichts seiner vier Kinder Linda, Michael, Naomi und Jonathan
mit allen ihren Enkeln. Tief durften sie mit alten Fotos in die Familiengeschichte eintauchen: die Münchner Familie in Kindertagen, der schneidige Offizier, das Hochzeitsfoto von Henry und Sheila. Ihr ist er besonders verbunden: „Sie hat die Familie zusammengehalten“. (loi)