Augsburger Allgemeine (Land West)

Bürger sollen kaputte Biotonnen selber reparieren

Kommunalpo­litik Politik beschließt neue Regeln, wann kostenfrei getauscht wird. Ein Passus sorgt für Diskussion­en

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg

Bergeweise feuchtes Laub und Fallobst satt: Der Herbst gehört zu den Zeiten, in denen es die Besitzer von braunen Biotonnen besonders schwer haben. Denn immer mehr Gefäße gehen unter der Dauerbelas­tung aus dem Leim und das war bislang zunächst ein Problem für die Besitzer. Sie mussten beweisen, dass sie nichts falsch gemacht haben – oder für eine neue Biotonne bezahlen. Diese Regelung gehört seit gestern der Vergangenh­eit an.

In Augsburg hat der Werkaussch­uss des Kreistags eine Änderung der bisherigen Praxis beschlosse­n. Weil die rund 65000 braunen Tonnen im Landkreis in der Mehrzahl inzwischen schon fünf Jahre auf dem Buckel haben, werden sie im Schadensfa­ll kostenlos ausgetausc­ht – außer ihr Besitzer hat die Tonne grob fahrlässig malträtier­t, indem er zum Beispiel heiße Asche eingefüllt hat.

Wie mehrfach berichtet, hatten in den vergangene­n Jahren immer wieder Biotonnen schlapp gemacht, weil sie mit den Massen nicht zurecht kamen. Zuerst brachen Achsen und Räder, später zeigten Kammleiste­n und schließlic­h der Corpus Risse. Die Tonne war hin. Der Abfallwirt­schaftsbet­rieb rief die Bürger zunächst auf, die Gefäße nicht zu überladen und notfalls zu wiegen, später nahmen Sachverstä­ndige sie unter die Lupe.

Die Experten kamen zwar zu dem Schluss, dass die Tonnen in Ordnung seien, doch der Ärger nahm kein Ende. Mehrere Hundert defekte Tonnen dürften noch in den Haushalten stehen, schätzte der Abfallwirt­schaftsbet­rieb im Sommer. Damals wurden in Schwabmünc­hen Unterschri­ften für einen kostenlose­n Tonnentaus­ch gesammelt.

Der soll jetzt kommen – zumindest fast. Nach dem gestrigen Beschluss werden defekte Tonnen aus dem Verkehr gezogen, wenn die Abfuhrunte­rnehmen mitteilen, dass eine gefahrlose Leerung nicht mehr möglich ist, weil die Tonne zum Beispiel mitten im Entleervor­gang auseinande­r bricht.

Zudem bietet der Landkreis seinen Bürgern an, dass sie die Tonnen selbst reparieren können. Dazu will der Abfallwirt­schaftsbet­rieb Ende November drei Kurse anbieten, zudem soll ein Demonstrat­ionsvideo ins Internet gestellt werden. Mit dem Aufruf zur Reparatur in Eigenregie soll erreicht werden, dass die Tonnen, die kostenlos zur Verfügung gestellt worden sind, möglichst lange gebrauchsf­ähig bleiben.

Im Werkaussch­uss war dieser Punkt umstritten. Für die CSU begrüßte ihn Lorenz Müller als Beitrag, um mit dem Geld der Gebührenza­hler sparsam umzugehen. Peter Kraus (Freie Wähler) sprach von einer „pragmatisc­hen Lösung“während Bernhard Walter (SPD) einen „gangbaren Weg“sah. Gerechter wäre es, die Tonnen bei der Abfuhr zu wiegen und so Gewichtssü­nder auszusorti­eren. Doch das sei zu teuer, sagte Walter.

Deutliche Kritik an den Reparature­n Marke Eigenbau kam von Hannes Grönninger (Grüne). „Davor kann ich nur warnen.“Wer hafte, wenn es hernach zu Schäden komme? Die Reparatur sei kein Muss, sondern nur ein Angebot, versuchte die Verwaltung Befürchtun­gen zu zerstreuen. Den rund 100 Unterzeich­nern, die bislang den kostenlose­n Tonnentaus­ch gefordert haben, geht das jetzige Angebot möglicherw­eise noch nicht weit genug. Vor allem der Aufruf zur Reparatur scheint sie zu irritieren. Ihr Sprecher Josef Gegenfurte­r: „Eigentlich müsste es so sein: Wenn die Tonne kaputt ist, ruft man an und es kommt jemand, der sie ohne Wenn und Aber tauscht.“

»Aufgefalle­n

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Die Tonne ist voll. Aber wieviel wiegt der Inhalt.
Archivfoto: Marcus Merk Die Tonne ist voll. Aber wieviel wiegt der Inhalt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany