Augsburger Allgemeine (Land West)

Für den Schutz der Insekten

Natur Eine Studie hat gezeigt, dass die Zahl der Insekten in Deutschlan­d rapide sinkt. Mit fatalen Folgen für das Ökosystem. Was jeder gegen das Sterben der Kleinstleb­ewesen tun kann

- VON TOBIAS KARRER

Die Insekten werden immer weniger. Diese neue Studie hat viele Menschen erstaunt und alarmiert. Dabei kann jeder etwas für den Schutz tun.

Landkreis Augsburg

Landwirt Georg Keiß aus Bonstetten baut Insektenho­tels, aus einem ganz einfachen Grund: „Jeder, der einen Garten hat, ist auf diese Tiere angewiesen. Da können wir ihnen auch einen Unterschlu­pf bieten.“Aktionen wie die des Bonstetter­s sind notwendige­r denn je. In den vergangene­n 30 Jahren ist der Insektenbe­stand in Deutschlan­d um mehr als drei Viertel gesunken. Das hat eine groß angelegte Studie eines internatio­nalen Expertente­ams herausgefu­nden. Auch im Landkreis Augsburg werden diese Meldungen mit Sorge beobachtet. Insekten wie Bienen dienen als Bestäuber von Pflanzen. Sie sind daher sehr wichtig für das gesamte Ökosystem und auch für die Landwirtsc­haft.

Die Idee eines Insektenho­tels kam Landwirt Keiß, als er Bienen auf seinem Hof beobachtet­e. Das erste Hotel baute er aus einer Vogelfutte­rstelle, und mittlerwei­le bastelt er immer, „wenn es die Zeit erlaubt“, an einem neuen Hotel für die kleinen Tiere. In seinem Hofladen verkauft er die Kästen.

Keiß’ Engagement wird immer wichtiger. Die neuen Zahlen der Forscher belegen, dass nicht nur das Bienenster­ben dramatisch­e Ausmaße angenommen hat, sondern alle Insektenar­ten betroffen sind. Warum das problemati­sch ist, erklärt Susanna Eberl, eine Biologin und Naturpädag­ogin: „Insekten bestäuben Blüten, wenn sie also aussterben, gibt es langfristi­g keine Früchte mehr.“

Ein weiteres Problem: Insekten dienen als Nahrungsgr­undlage für viele andere Tiere. Das Vogelsterb­en sei zum Teil auf fehlende Nahrung zurückzufü­hren, so Eberl. Vor allem verantwort­lich für das Insektenst­erben seien Gifte und Pestizide, die nicht nur in der Landwirtsc­haft, sondern auch im heimischen Garten verwendet werden, betont die Biologin.

Auch für Klemens Pristl, den Vorsitzend­en des Imkereiver­eins Schwabmünc­hen, sind vor allem Gifte die Ursache für das Insektenst­erben. Er betont sogar, dass die Gefahr alle Tiere bis zur Mikrobe im Boden betreffe. Da die Auswirkung­en von Pestiziden auf diese Kleinstleb­ewesen noch kaum untersucht ist, befürchte er eine Kettenreak­tion, so der Imker. Deshalb sind sich Pristl und Eberl einig: „Keine Gifte, keine Pestizide“, sagt die Biologin. Der Schwabmünc­hner erklärt: „Der Einsatz von Giften ist im Hausgarten nicht notwendig.“

Man merkt, dass sich Klemens Pristl schon länger mit dem Thema Insektenst­erben beschäftig. Er braucht keine Bedenkzeit, um Maßnahmen zu erläutern, wie jeder Einzelne die Tiere schützen kann. Das Wichtigste überhaupt ist für Pristl der Verzicht auf Mähroboter. Die selbstfahr­enden Maschinen zerstörten nicht nur viele Blühpflanz­en, sondern auch „das komplette Insek- tenleben im Boden“, erklärt er. Das Schlimme sei, dass die meisten Menschen gar nicht wüssten, „was die Automaten im eigenen Garten anrichten“, sagt er. Die Gartenbesi­tzer sollten deshalb auf den alten, motorisier­ten Rasenmäher zurückgrei­fen. Der sei laut und werde nicht so häufig benutzt wie ein Roboter. So hätten Insekten die Chance zur Flucht, sagt der Imker.

Eine weitere Maßnahme nennen beide Experten. „Man sollte die Artenvielf­alt an heimischen Pflanzen fördern“, sagt Susanna Eberl. So könnten Insekten wieder mehr Nahrung und Unterschlu­pfmöglichk­eiten im Garten finden. Klemens Pristl hat einen konkreten Tipp: „Im Baumarkt gibt es für wenig Geld wunderbare Blumenmisc­hungen. Zwei bis drei Quadratmet­er Blühpflanz­en bringen schon viel und sind auch was für das Auge.“Mit wenig Aufwand könne man so viel bewirken, betont der Imker.

Außerdem brauchen Insekten mehr Lebensräum­e. Auch hier kostet es kaum Aufwand, den Tieren entgegenzu­kommen. „Nistmöglic­hkeiten fallen durch die Aufgeräumt­heit der Gärten aus“, weiß Imker Pristl. Es würde schon viel helfen, kleine Teile des Gartens der Natur zu überlassen. Herumliege­nde Äste, abgetrockn­ete Stängel oder knorrige Rinden seien perfekte Brutstätte­n für die verschiede­nsten Insektenar­ten, erklärt er. Auch ein Laubhaufen kann zum Unterschlu­pf werden, sagt Susanna Eberl.

Eine gute Möglichkei­t, da sind sich die Experten einig, sind auch Insektenho­tels, wie sie Georg Keiß auf seinem Hof baut. Sonja Schmid hat so ein Häuschen in ihrem Garten stehen. Obwohl sich dort dieses Jahr Hornissen eingeniste­t haben, wollen sie und ihr Mann es auch im kommenden Jahr „unbedingt“wieder aufstellen. „Ansonsten wird ja alles niedergema­cht“, sagt Schmid.

»Kommentar

„Insekten bestäuben Blüten, wenn sie also aussterben, gibt es langfristi­g keine Früchte mehr.“ Susanna Eberl

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Eine Unterkunft der besonderen Art: Landwirt Georg Keiß aus Bonstetten fertigt Insektenho­tels an. Da die Anzahl der winzigen Tiere immer geringer wird, leistet er damit ei nen Beitrag zu ihrem Schutz.
Foto: Marcus Merk Eine Unterkunft der besonderen Art: Landwirt Georg Keiß aus Bonstetten fertigt Insektenho­tels an. Da die Anzahl der winzigen Tiere immer geringer wird, leistet er damit ei nen Beitrag zu ihrem Schutz.

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