Augsburger Allgemeine (Land West)
Für den Schutz der Insekten
Natur Eine Studie hat gezeigt, dass die Zahl der Insekten in Deutschland rapide sinkt. Mit fatalen Folgen für das Ökosystem. Was jeder gegen das Sterben der Kleinstlebewesen tun kann
Die Insekten werden immer weniger. Diese neue Studie hat viele Menschen erstaunt und alarmiert. Dabei kann jeder etwas für den Schutz tun.
Landkreis Augsburg
Landwirt Georg Keiß aus Bonstetten baut Insektenhotels, aus einem ganz einfachen Grund: „Jeder, der einen Garten hat, ist auf diese Tiere angewiesen. Da können wir ihnen auch einen Unterschlupf bieten.“Aktionen wie die des Bonstetters sind notwendiger denn je. In den vergangenen 30 Jahren ist der Insektenbestand in Deutschland um mehr als drei Viertel gesunken. Das hat eine groß angelegte Studie eines internationalen Expertenteams herausgefunden. Auch im Landkreis Augsburg werden diese Meldungen mit Sorge beobachtet. Insekten wie Bienen dienen als Bestäuber von Pflanzen. Sie sind daher sehr wichtig für das gesamte Ökosystem und auch für die Landwirtschaft.
Die Idee eines Insektenhotels kam Landwirt Keiß, als er Bienen auf seinem Hof beobachtete. Das erste Hotel baute er aus einer Vogelfutterstelle, und mittlerweile bastelt er immer, „wenn es die Zeit erlaubt“, an einem neuen Hotel für die kleinen Tiere. In seinem Hofladen verkauft er die Kästen.
Keiß’ Engagement wird immer wichtiger. Die neuen Zahlen der Forscher belegen, dass nicht nur das Bienensterben dramatische Ausmaße angenommen hat, sondern alle Insektenarten betroffen sind. Warum das problematisch ist, erklärt Susanna Eberl, eine Biologin und Naturpädagogin: „Insekten bestäuben Blüten, wenn sie also aussterben, gibt es langfristig keine Früchte mehr.“
Ein weiteres Problem: Insekten dienen als Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere. Das Vogelsterben sei zum Teil auf fehlende Nahrung zurückzuführen, so Eberl. Vor allem verantwortlich für das Insektensterben seien Gifte und Pestizide, die nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch im heimischen Garten verwendet werden, betont die Biologin.
Auch für Klemens Pristl, den Vorsitzenden des Imkereivereins Schwabmünchen, sind vor allem Gifte die Ursache für das Insektensterben. Er betont sogar, dass die Gefahr alle Tiere bis zur Mikrobe im Boden betreffe. Da die Auswirkungen von Pestiziden auf diese Kleinstlebewesen noch kaum untersucht ist, befürchte er eine Kettenreaktion, so der Imker. Deshalb sind sich Pristl und Eberl einig: „Keine Gifte, keine Pestizide“, sagt die Biologin. Der Schwabmünchner erklärt: „Der Einsatz von Giften ist im Hausgarten nicht notwendig.“
Man merkt, dass sich Klemens Pristl schon länger mit dem Thema Insektensterben beschäftig. Er braucht keine Bedenkzeit, um Maßnahmen zu erläutern, wie jeder Einzelne die Tiere schützen kann. Das Wichtigste überhaupt ist für Pristl der Verzicht auf Mähroboter. Die selbstfahrenden Maschinen zerstörten nicht nur viele Blühpflanzen, sondern auch „das komplette Insek- tenleben im Boden“, erklärt er. Das Schlimme sei, dass die meisten Menschen gar nicht wüssten, „was die Automaten im eigenen Garten anrichten“, sagt er. Die Gartenbesitzer sollten deshalb auf den alten, motorisierten Rasenmäher zurückgreifen. Der sei laut und werde nicht so häufig benutzt wie ein Roboter. So hätten Insekten die Chance zur Flucht, sagt der Imker.
Eine weitere Maßnahme nennen beide Experten. „Man sollte die Artenvielfalt an heimischen Pflanzen fördern“, sagt Susanna Eberl. So könnten Insekten wieder mehr Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten im Garten finden. Klemens Pristl hat einen konkreten Tipp: „Im Baumarkt gibt es für wenig Geld wunderbare Blumenmischungen. Zwei bis drei Quadratmeter Blühpflanzen bringen schon viel und sind auch was für das Auge.“Mit wenig Aufwand könne man so viel bewirken, betont der Imker.
Außerdem brauchen Insekten mehr Lebensräume. Auch hier kostet es kaum Aufwand, den Tieren entgegenzukommen. „Nistmöglichkeiten fallen durch die Aufgeräumtheit der Gärten aus“, weiß Imker Pristl. Es würde schon viel helfen, kleine Teile des Gartens der Natur zu überlassen. Herumliegende Äste, abgetrocknete Stängel oder knorrige Rinden seien perfekte Brutstätten für die verschiedensten Insektenarten, erklärt er. Auch ein Laubhaufen kann zum Unterschlupf werden, sagt Susanna Eberl.
Eine gute Möglichkeit, da sind sich die Experten einig, sind auch Insektenhotels, wie sie Georg Keiß auf seinem Hof baut. Sonja Schmid hat so ein Häuschen in ihrem Garten stehen. Obwohl sich dort dieses Jahr Hornissen eingenistet haben, wollen sie und ihr Mann es auch im kommenden Jahr „unbedingt“wieder aufstellen. „Ansonsten wird ja alles niedergemacht“, sagt Schmid.
»Kommentar
„Insekten bestäuben Blüten, wenn sie also aussterben, gibt es langfristig keine Früchte mehr.“ Susanna Eberl