Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Auto weniger

Fahrt in die Kita, Möbeltrans­port, Handwerker-Besuch: Das Potenzial von Lastenräde­rn ist schier unerschöpf­lich

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Mitmensche­n die Augen zu öffnen. Um so mehr freut es mich zu sehen, dass immer mehr Mitbürger sich die Frage nach der Relevanz des eigenen Autos stellen und zugunsten des Rades beantworte­n.

Früher kannte ich fast alle Lastenradl­er in Augsburg persönlich. Heute sehe ich immer mehr neue entspannte Gesichter, die sich aus dem Stau befreit haben. In den Morgenstun­den sehe ich immer mehr Mütter und Väter, die ihre Kinder per Lastenrad zur Kita fahren.

Viele scheinen Kosten-Rechnung für sich selbst gemacht zu haben: Nicht nur im Portemonna­ie spiegelt sich die Entscheidu­ng für das Rad wieder! Auch macht die Fahrt mehr Freude, man hat frische Luft und Bewegung. Mit den Kindern ist es schön, näher an der Natur zu sein. Man entschleun­igt das Leben. Ich sehe mit einem bisschen Stolz auf die Firma, in der ich arbeite, wo man sich ein Lastendrei­rad zugelegt hat. Für Dienstfahr­ten, aber Mitarbeite­r können sich das Fahrzeug auch privat ausleihen. Ich sehe dieses Beispiel und fange an zu träumen.

Ich träume davon, dass Lastenräde­r für Unternehme­n subventio- niert würden, um den Lieferverk­ehr in der Altstadt zu verringern. Und ich träume von mehr Platz in unserer Stadt, dank weniger Kfz, die parken. Da reißt mich ein neuer Begriff aus meinem Traum.

Von der „SUV-isierung der Radwege“lese ich da. Ich hätte da an parkende Großlimous­inen auf den Radwegen gedacht, doch Kritiker meinen den Platzmange­l durch Lastenräde­r auf Radwegen. Ich sehe das Problem aber nicht bei den Rädern, sondern bei der Infrastruk­tur. Während unsere Fahrbahnen und Parkplätze stetig an den Platzbedar­f angepasst werden, haben sich unsere Radwege kaum verändert. Häufig ist die Automobill­obby zu stark, und wenn es die nicht ist, dann schreit die Wirtschaft­slobby, die fürchtet, dass ihre Kundschaft nicht mehr mit dem Auto bis vor den Laden fahren kann. Doch gibt es da nicht noch mehr Chancen?

Jedes Lastenrad ist „ein Auto weniger“, das vor der besagten Kundschaft im Stau steht. Ist nicht jeder eingespart­e Parkplatz, der Rad- und Fußwegen oder Tischen für ein Café Platz macht, auch mehr Lebensqual­ität für uns alle? In Kopenhagen hat mir der Gründer des ersten Lastenrad-Kurierdien­stes erzählt, dass nach seiner Rechnung durch Kurierserv­ice mit Lastenräde­rn etwa 80 Fahrten mit Lieferwage­n eingespart. Pro Tag. Wie viel weniger Feinstaub und CO2 das ist, möchte ich gar nicht ausrechnen.

Ich wünsche mir noch mehr Lastenradl­er. Alle will ich grüßen können: Mütter, Väter, Lieferante­n, Handwerker...

Sven Külpmann,

35, wuchs als Sohn eines Fahrlehrer­s auf und lebt seit 13 Jahren autofrei.

*** Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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