Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Zuschauer hat Macht

Fernsehen Der TV-Konsum ändert sich massiv. Immer weniger Menschen richten sich nach festen Sendeplätz­en. So reagieren die Sender

-

Wie gewaltig der Umbruch im traditione­llen Fernsehmar­kt ist, lässt sich erahnen, wenn man Bernd Reichart eine Weile zuhört. Der Geschäftsf­ührer des privaten TV-Senders Vox denkt inzwischen in „Programm-Marken“. Er meint damit Erfolgsfor­mate wie „Die Höhle der Löwen“oder „Club der roten Bänder“. Wo diese laufen – im klassische­n, linearen Fernsehen oder auf einer Internetpl­attform –, ist für ihn zweitrangi­g geworden.

So könne er sich vorstellen, sagt er bei den Medientage­n München, dass eine Serie wie „Club der roten Bänder“künftig erst auf einer Video-on-Demand-Plattform ausgestrah­lt werde und später auf Vox. Immer weniger Zuschauer richteten

Im Streit um eine Reform des gebührenfi­nanzierten öffentlich­rechtliche­n Rundfunks stehen die TV-Sender ARD und ZDF im Vordergrun­d. Dabei geht es auch um die Hörfunk-Kanäle. So kritisiert­e schon vor Beginn der Medientage München am Dienstag der Präsident der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien, Siegfried Schneider, dass viele öffentlich­rechtliche Angebote nicht von privaten zu unterschei­den seien.

Der schwäbisch­e CSU-Medienstaa­tssekretär Franz Josef Pschierer legte am Mittwoch während des „Audiogipfe­ls“nach. Er sehe die „Angebotser­weiterung“der Öffentlich-Rechtliche­n mit Sorge. „Man fragt sich, ob es so eine Vielzahl von Angeboten geben muss.“

Walter Schmich, beim BR zuständig für Bayern 1, Bayern 3 und Puls, antwortete ihm unmissvers­tändlich: „Wenn wir nicht mehr auf Social-Media-Kanälen sein dürfen, dann kann man uns gleich den Stecker ziehen, dann ist die Zukunft für uns verloren.“In den Netzwerken seien schließlic­h junge Hörer. Heftigen Widerspruc­h erntete sich nach festen Sendeplätz­en und wollten ihre Lieblingsf­ormate sehen wann und wo sie wollten. Reichart zufolge haben Zuschauer große Macht und die Sender diese Aufgabe: „Wir müssen den Zuschauer hören und bedienen.“Dort, wo er ist. Im Wohnzimmer vorm TV-Gerät, im Zug mit dem Laptop, in der Straßenbah­n mit dem Smartphone.

Zuschauerw­ünsche zu bedienen, bedeutet dabei auch, zunehmend anspruchsv­olle Inhalte zu produziere­n. Pay-TV- und Streaminga­nbieter wie Sky, Amazon Prime Video oder Netflix haben ein funktionie­rendes Geschäft daraus entwickelt und mit ihren Hochglanz-Serien die Erwartungs­haltung nach oben geschraubt.

Am 1. Dezember startet weltweit die erste deutsche Netflix-Serie „Dark“, die Quirin Berg als Produzent verantwort­et. Er sagt, die internatio­nale Komponente einer Produktion werde wichtiger. Gutes Beispiel dafür ist die mit Pschierer auch auf seine Aussage, dass am Digitalrad­io DAB+ kein Weg vorbeiführ­e: „Mit zunehmende­r Verbreitun­g über DAB+ muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk daher seine UKW-Frequenzen Schritt für Schritt aufgeben.“Frei werdende Frequenzen müssten abgeschalt­et werden. Zudem sprach sich Pschierer dagegen aus, Privatsend­er bei der Umstellung auf Digitalrad­io zu subvention­ieren.

Jetzt über eine UKW-Abschaltun­g zu sprechen sei der „nackte Wahnsinn“, sagte Ina Tenz, Programmdi­rektorin des Privatsend­ers Antenne Bayern. „Wir können alle die Lichter ausmachen, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, wenn UKW abgeschalt­et wird.“Über das nach wie vor marktbeher­r- schätzungs­weise 40 Millionen Euro teuerste deutsche Serie aller Zeiten, „Babylon Berlin“, von Sky und der ARD. Bereits vor Sendestart am 13. Oktober war sie in 60 Länder verkauft. Die Sender setzen auf Kooperatio­nen. Denn: „Die wahren Gegner“, sagt Reinhard Scolik, Fernsehdir­ektor des Bayerische­n Rundfunks, „sind Amazon, Google und Facebook.“Daniel Wirsching schende analoge UKW-Radio werde Geld verdient. Weiteren Gesprächsu­nd Sprengstof­f lieferte dann eine am Donnerstag von der Unternehme­nsberatung Schickler vorgestell­te Prognose. Der zufolge drohe kleinen Lokalsende­rn in Bayern das Aus und allen privaten Radiosende­rn im Freistaat eine Halbierung ihrer Reichweite bis zum Jahr 2022. Hauptgrund: Der BR will seinen digitalen Jugendkana­l Puls von 2018 an auf der bisherigen UKW-Frequenz von ausstrahle­n.

Der Software-Ingenieur von Microsoft läuft durch London. Jetzt wischt er mit dem Finger über den Bügel seiner Smartglass­es. Die Datenbrill­e schießt ein Foto und sagt, das sich vor ihm ein Skateboard­fahrer befinde. Er läuft weiter, geht in ein Restaurant und fotografie­rt die Speisekart­e mit seinem Smartphone ab. Es sagt ihm, was es zu essen gibt. Der Mann ist blind.

Thomas Heigl von Microsoft Deutschlan­d will mit dem kurzen Video zeigen, welche Möglichkei­ten Sprachassi­stenz-Systeme bieten. Und was sie bereits können. Sprachassi­stenten wie Amazons Alexa,

 ??  ??
 ?? Foto: S. Erhard/Netflix/dpa ?? Düster: „Dark“ist die erste deutsche Netflix Serie.
Foto: S. Erhard/Netflix/dpa Düster: „Dark“ist die erste deutsche Netflix Serie.
 ?? Fotos: A. Warnecke/dpa ?? Unter anderem die Apple Software Siri erkennt Sprache.
Fotos: A. Warnecke/dpa Unter anderem die Apple Software Siri erkennt Sprache.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany