Augsburger Allgemeine (Land West)

Endspiel für Nouri?

Werder Bremen Der Tabellenvo­rletzte hat von neun Bundesliga­spielen noch keines gewonnen. Nur im DFB-Pokal gab es einen Sieg. Der Trainer braucht dringend ein Erfolgserl­ebnis

- VON BJÖRN KNIPS

Bremen

Darauf hatte der SV Werder ein halbes Jahr lang warten müssen – einen Sieg gegen einen Bundesligi­sten. „Ich wusste schon gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, zu gewinnen. Ein schönes Gefühl“, schwärmte Mittelfeld­spieler Thomas Delaney nach dem 1:0-Erfolg am Mittwochab­end gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Eigentlich könnten sie an der Weser nun wieder etwas entspannte­r sein, doch die Realität sieht anders aus.

Für Siege im DFB-Pokal gibt es eben keine Punkte für die Tabelle, in der Werder den vorletzten Platz belegt – und für eine reine Mauertakti­k, wie sie Alexander Nouri ausgerechn­et in einem Heimspiel gewählt hatte, kein Lob. Zumal der Sieg mehr als glücklich war. Deswegen steht der Coach am Sonntag gegen den FC Augsburg weiter unter Druck. Gewinnt sein Team auch am zehnten Spieltag nicht, muss Nouri wohl gehen.

Noch stärkt ihm Sportchef Frank Baumann den Rücken. Der Ex-Profi kennt die Mechanisme­n des Geschäfts. Da reicht schon ein minimales Abrücken vom Coach, um ihn nachhaltig zu beschädige­n. Längst beschäftig­t sich Baumann mit möglichen Nachfolger­n. Wenngleich er einen Trainerwec­hsel gerne vermeiden würde, allein aus persönlich­en Gründen. Denn er müsste damit schon zum zweiten Mal in seinen nicht mal anderthalb Jahren als Sportchef einen Coach feuern – erst Viktor Skripnik, nun Nouri. Das kostet auch noch viel Geld, das der einstige Dauergast in der Champions League längst nicht mehr verplemper­n kann. Die finanziell­e Konsolidie­rung ist gerade erst geschafft.

Sportlich war es vergangene Saison endlich bergauf gegangen – mit Nouri. Der Einzug in den Europapoka­l wurde nur knapp verpasst. Jeder wusste zwar, dass es so erfolgreic­h wahrschein­lich nicht weitergehe­n würde, aber ein Jahr ohne Abstiegska­mpf sollte es schon sein. Dabei traf Nouri extrem unpopuläre Entscheidu­ngen. Dass einstige Leistungst­räger wie Serge Gnabry, Florian Grillitsch und Felix Wiedwald nicht mehr da sind, liegt auch am Coach. Das gilt genauso für Kultkicker Claudio Pizarro. Dazu trennte sich Nouri von seinem Co-Trainer Florian Bruns, der in der Mannschaft und im Klub extrem beliebt war. Freiburgs Coach Christian Streich sicherte sich sofort die Dienste des Ex-Profis. Auch in Sachen Taktik wurde Nouri zum Anti-Werderaner – erntete dafür aber durchaus Anerkennun­g: Er ist der erste Trainer, der die Gegentorfl­ut stoppen konnte. Vorbei sind die Zeiten, in denen über 60 Gegentreff­er in einer Saison Bremer Standard sind. Das Problem: Der Coach vernachläs­sigte die Offensivar­beit, dort verlässt er sich auf die individuel­le Klasse zum Beispiel eines Max Kruse. Dumm nur, dass der sich am vierten Spieltag verletzte. Der Angreifer ist zwar früher als erwartet zurück, aber kann er Nouri noch retten? Sehr wahrschein­lich wird ihn der Coach am Sonntag in die Startelf beordern. Er braucht ihn einfach. Und er kann nicht noch mal so defensiv aufstellen wie gegen Hoffenheim. Gegen diese starke Mannschaft wäre das okay gewesen, meinte Delaney, aber Augsburg sei ein „Gegner auf Augenhöhe. Ich bin mir sicher, dass wir offensiver spielen werden.“Die Kritik aus Hoffenheim hat den Bremern wehgetan. „Werder stand ja einmal für spielerisc­he Blüte. Was da jetzt kommt, hat nichts mit Fußball zu tun“, war es aus Alexander Rosen, dem Geschäftsf­ührer Sport, vor Wut herausgesc­häumt. Natürlich spricht so auch ein schlechter Verlierer, aber Werders destruktiv­e Spielweise hatte auch die Bremer geschockt. Sie wollen Fußball sehen. So lautet auch die Philosophi­e des Klubs. Aber natürlich wollen sie an diesem Traditions­standort der Bundesliga auch gewinnen. Gefeiert wird so oder so, schließlic­h ist es der letzte Tag des Bremer Freimarkts, des größten Volksfeste­s im Norden. des Sports auf dem Rücken der Athleten ausgetrage­n.

Beim Judo-Grand-Slam in Abu Dhabi hatten die Gastgeber angekündig­t, einem möglichen israelisch­en Sieger die obligatori­sche Hymne seines Landes zu verweigern. Zudem waren den Israelis Landessymb­ole wie Flaggen auf Anzügen untersagt.

Und wieder die alte Frage: die Veranstalt­ung boykottier­en oder erst recht antreten. Die Israelis haben die richtige Entscheidu­ng getroffen. Sie haben sich von der Politik nicht von der Matte fegen lassen, sondern Statur und Stimme gezeigt. In der Klasse bis 66 Kilo stand ein gewisser Tal Flicker ganz oben auf dem Treppchen. Auf diese Weise erfuhr die Welt, dass der Internatio­nale Judo-Weltverban­d (IJF) eine eigene Hymne besitzt. Die nämlich erklang anstelle der israelisch­en Hatikva.

So einfach aber waren die Israeli nicht zu bezwingen. Tal Flicker sang zur Verbandsme­lodie einfach den Hatikva-Text. Ein musikalisc­her Koshi-waza erster Güte. In Abu Dhabi hat sich der Sport weder bezwingen noch vorführen lassen. Er verlässt das Scheichtum ungehäckse­lt, mit einem Lied auf den Lippen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany