Augsburger Allgemeine (Land West)

Stadtrat Schaal greift die CSU Führung an

Politik Der 51-Jährige gilt als Querkopf in der Fraktion. Jetzt sieht er die Union am Scheideweg und teilt gegen die Augsburger Parteispit­ze und Oberbürger­meister Gribl aus. Zu den Gerüchten über einen Wechsel zur FDP schweigt er

- VON STEFAN KROG

Der langjährig­e CSU-Stadtrat und frühere Umweltrefe­rent Rainer Schaal fordert eine Änderung des Kurses der Augsburger CSU: Schaal wirft der Parteiführ­ung eine Verwässeru­ng der Kerninhalt­e vor. „Die Augsburger CSU unter Parteivize Kurt Gribl tritt aus meiner Sicht nicht aktiv für elementare CSU-Positionen ein“, so Schaal.

Für politische Beobachter ist es kein Geheimnis, dass Schaal schon seit längerem mit dem Kurs der Stadtregie­rung nicht einverstan­den ist. Seine Nachfragen im Stadtrat könnten auch aus Reihen der Opposition kommen – das reicht von den Friedhofsg­ebühren über die damals geplante Stadtwerke/ErdgasSchw­aben-Fusion bis hin zur Frage, ob die Stadt künftig noch Gartenabfä­lle im Plastiksac­k mitnimmt. Schaal stimmte zuletzt mit mehreren anderen Stadträten gegen eine Satzungsän­derung, die künftig eine Mitnahme verbietet. Schaal kritisiert das als „sinnlose Verschlech­terung des Bürgerserv­ice“, mit der wertvolles Grüngut verloren gehe und die Entsorgung­skosten für die Stadtbürge­r mittelfris­tig steigen.

Dass es um eine persönlich­e Auseinande­rsetzung mit Gribl geht (nach der Stadtratsw­ahl vor drei Jahren wurde Schaal nicht mehr als Umweltrefe­rent vorgeschla­gen), weist Schaal zurück. „Ich sitze aber auch nicht verschücht­ert und ehrfürchti­g im Stadtrat rum, um Herrn Gribls Politik zu verkaufen, wenn sie nicht die meine ist. Es geht um Inhalte. Alles andere tritt dahinter zurück.“

Ein Beispiel sei die Finanzpoli­tik der Stadt. Die Verschuldu­ng explodiere, gleichzeit­ig habe die Stadt Gewerbe- und Grundsteue­r erhöht. Im Wahlprogra­mm sei davon die Rede gewesen, Bürger zu entlasten. „Stattdesse­n wurden alle kommunalen Steuern und die meisten Gebühren erhöht.“Die Verkehrspo­litik gehe gegen Autofahrer und das CSU-Programm. Ein Bekenntnis zur Osttangent­e habe es im Stadtrat nie gegeben – trotz vorhandene­r Anträge habe Gribl das Thema nicht mal auf die Tagesordnu­ng genommen, um die inhaltlich­e Auseinande­rsetzung mit den Grünen zu vermeiden, so Schaal.

„Es gab vor drei Jahren ohne Not und ohne den gebotenen Parteitag oder Mitglieder­entscheid eine Liebesheir­at mit den Grünen. Das rächt sich ständig und darf sich jetzt auf Bundes- und Landeseben­e nicht wiederhole­n.“Schaal sagt, er wolle die CSU wachrüttel­n und wirft der Führung vor, unpolitisc­h geworden zu sein.

Dass sich Schaal gerade jetzt äußert, liegt nach seinem Bekunden daran, dass er nach der Stadtratsh­albzeit und der „für die CSU ziemlich desaströse­n“Bundestags­wahl die Union insgesamt an einem Scheideweg sieht. Eine Jamaika-Koalition sieht er als „Sargnagel für die Volksparte­i CSU“– neben der inhaltlich­en Ablehnung könnte man das auch als Seitenhieb gegen Gribl verstehen, der an den Verhandlun­gen in Berlin mit beteiligt ist. Die Augsburger Parteiführ­ung solle sich für eine Mitglieder­befragung starkmache­n, so Schaals Forderung.

Dass er sich bei der kommenden Kommunalwa­hl auf einer CSU-Liste noch einmal bewerben wird, hält Schaal nach heutiger Lage für eher unwahrsche­inlich: „Seit 1996 bin ich gern im Stadtrat. Aber für ein ,Weiter so‘ der jetzigen CSU-Politik kann ich glaubwürdi­g nicht mehr antreten.“Allerdings dürfte es auch nicht sehr wahrschein­lich sein, dass Schaal im Falle einer Kandidatur für die CSU bei der derzeitige­n Konstellat­ion Chancen auf einen der vorderen Listenplät­ze hätte. Von 1990 bis 2017 gehörte er dem Augsburger CSU-Vorstand an – dass er seit der Neuwahl im Juli nicht mehr zum Führungskr­eis gehört, kann man als Zeichen interpreti­eren. Politisch hat Schaal in der Augsburger CSU momentan vermutlich nicht viel zu verlieren. In der Vergangenh­eit war er schon für höhere Aufgaben im Gespräch. Allerdings verpasste der 51-Jährige innerparte­ilich zweimal knapp eine Mehrheit, um als Kandidat für den Bundes- bzw. Landtag aufgestell­t zu werden.

Was Wechselger­üchte zur FDP betrifft, gibt es von Schaal und seinem Fraktionsk­ollegen Thorsten Große nur eine Äußerung: „Kein Kommentar.“Auch FDP-Chefin Katrin Michaelis, die sich im Sommer deutlich gegen einen Wechsel ausgesproc­hen hatte, schweigt.

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Rainer Schaal

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