Augsburger Allgemeine (Land West)
Von der Freiheit der Vorstellung
Was ist schwieriger: selbst einen Charakter auf der Bühne authentisch darzustellen oder einer Spielfigur Leben einzuhauchen? Wir fragen uns dies, nachdem das klapps-Festival wieder erstklassige Inszenierungen geboten und die Augsburger Puppenkiste eine Ausstellung eröffnet hat, die in ein Reich der Imagination führt. Immer geschieht das Eigentliche in den Köpfen der Zuschauer. Ihre Fantasie wird herausgefordert, gedanklich das zu ergänzen, was sie auf der Bühne sehen. Und dieser magische Moment ereignet sich immer wieder. Sobald eine Puppe anfängt, sich zu bewegen, einherzugehen, zu gestikulieren und den Kopf zu drehen, erfüllt sie Leben.
Selbst wenn sie nicht kunstvoll geschnitzt und originell eingekleidet ist, wie das gerade bei den Hexen und Zauberern, den Feen, Prinzessinnen und Schlaubergern in der neuen Puppenkiste-Ausstellung der Fall ist. Eine einfach gefaltete Papierfigur genügt, damit das Kopfkino in Aktion tritt. Seit frühester Kindheit haben wir diese sagenhafte Fähigkeit unseres Geistes beim Spielen eingeübt. Stell dir vor, es wäre jetzt, wie wenn …
Was würde uns Menschen fehlen, wenn diese Gabe der Imagination ausfällt? Wenn wir nur „Realisten“wären, für die einzig das Tatsächliche zählt? Wir hätten nicht mehr den weiten Raum des Vorstellens zur Verfügung, der uns in die Freiheit versetzt, das was nicht ist, in greifbare Nähe zu holen und die Welt zu erforschen nach allen ihren unzähligen Möglichkeiten.