Augsburger Allgemeine (Land West)

Schwester Liobas gute Tat

Wie sie einem Mann ohne Schuh half und warum die Polizei kam

- VON ALOIS KNOLLER

Einem alten Mann, der strumpfsoc­kig mit nur noch einem Schuh am Rathauspla­tz sitzt, muss man helfen. Noch dazu, weil der 76-Jährige aus Rheinland-Pfalz stammte und bloß auf Besuch in Augsburg war. Auf dem Weg zum Bahnhof, so erzählte er einer hilfsberei­ten Passantin, habe er einen Schuh verloren – und nun bräuchte er halt einen neuen. Diesen Gefallen wollte ihm die Passantin gern tun. Der Rentner gab ihr daraufhin 50 Euro, damit sie ihm neue Schuhe kaufen könne.

Doch die hilfsberei­te Dame kam einfach nicht zurück, dem unbeschuht­en Senior schwante Übles und er glaubte schon, hereingele­gt worden zu sein. Er verständig­te die Polizei und beschrieb seine Helferin als ältere Frau mit einer Art Schwestern­tracht. Während ihn noch die Polizisten umringten, um den Sachverhal­t zu klären, kam plötzlich eine Ordensfrau des Weges und brachte in einer Tüte verpackt ein Paar neue Laufschuhe mit.

Schwester Lioba, 78, von der Congregati­o Jesu (ehemals MariaWard) hatte drei Läden abgeklappe­rt, nachdem sie den Rentner verließ. „Im ersten Laden gab es nichts Passendes, im zweiten nur Schuhe über fünfzig Euro. Dann traf ich bei Karstadt einen sehr netten Verkäufer. Er betrachtet­e den einen Schuh, den ich mitgebrach­t hatte und sagte, er habe günstige Laufschuhe da.“Der weitere Verlauf erschien Schwester Lioba fast wunderbar: Sie habe „wirklich schöne Schuhe“gekriegt – für 35 Euro.

Groß war ihr Erschrecke­n jedoch, als sie auf den Rathauspla­tz zurückkam. Drei Polizisten umringten den alten Herrn. „Lassen Sie den guten Mann in Ruhe!“, befahl Schwester Lioba und packte die neuen Schuhe für ihn aus. „Er hat gestrahlt und gesagt: Noch nie habe ich so schöne Schuhe gehabt.“Junge Leute halfen ihm, sie sofort anzuziehen. Und 15 Euro Restgeld gab’s auch noch. Beruhigt trat er die Heimreise an.

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