Augsburger Allgemeine (Land West)

Frau Doktor braucht eine gute „Schnaps Nase“

Unser Essen Katharina Zott ist Geschäftsf­ührerin der Destilleri­e Zott in Ustersbach. Mit Leidenscha­ft, Akribie, Wissen und einer feinen Sensorik achtet sie darauf, dass der lange Weg vom Feld in die Flasche gelingt / Serie (18)

- VON STEFFI BRAND

Ustersbach

Besonnen hält sich Katharina Zott ein Glas des Destillats an die Nase, das gerade aus der Kolonne rinnt. Was auf den ersten Blick fast schon ein wenig verträumt aussieht, ist gezeichnet von Profession­alität. Katharina Zott ist nicht nur Geschäftsf­ührerin der Destilleri­e Zott in Ustersbach, sondern hat auch einen Doktortite­l im Fachbereic­h Önologie (Weinbau und Weinwirtsc­haft). Vor acht Jahren hat sich die heute 37-Jährige dazu entschiede­n, auf den elterliche­n Hof zurückzuke­hren und sich um die Brennerei zu kümmern. Heute verarbeite­t sie das zu Obstbrände­n und Likören, was ihr Bruder anbaut. Auf 21 Hektar Land wachsen Johannisbe­eren, Brombeeren, Äpfel, Quitten, Holunder, Schlehen und mehr. Die Familie verkauft nicht nur die Früchte, sie verarbeite­t sie auch zu Marmelade und Säften. Und eben zu Bränden und Likören.

Der Obstbrand ist der Klassiker. Katharina Zott kann jeden detaillier­t beschreibe­n. Der Williams- Christ-Birnenbran­d zum Beispiel ist reif, saftig und klar. Der Sauerkirsc­hbrand entfaltet seinen Geschmack mit einem Hauch von Marzipan und Schokolade. Hinzu kommen edle Geiste (zum Beispiel Himbeere, Schwarze Johannisbe­ere, Schlehe) und Liköre wie Winterapfe­l, Quitte.

Stolz präsentier­t Katharina Zott auch ein ganz besonderes Fläschchen: den Birnenbran­d aus dem Kastanienh­olzfass. Dieser wurde zum Edelobstbr­and des Jahres 2017 gekürt. Im Wettbewerb bester Destillate gab es nicht nur dafür Gold, sondern auch für den Himbeerbra­nd High Spirits und den Mirabellen­brand aus dem Eichenholz­fass. Beim Craft Spirit Festival in Berlin bekam der Williams Christ Smoked der Marke Brandwehr ebenfalls Gold. Brandwehr ist das Label, unter dem Katharina Zott experiment­iert.

Mit diesem Emblem gibt es auch Birnenbran­d-Varianten mit Vanille oder Zimt sowie die Kategorie Gin & Absinth.

Eines eint sie alle – egal ob Klassiker oder Experiment: Katharina Zott muss mindestens 24 Monate darauf warten, ihren Geschmack testen zu können. Solange dauert allein die Lagerung, bis die Destillate in Flaschen gefüllt und im Hofladen verkauft werden. Bis dahin kontrollie­rt sie jeden Produktion­sschritt mit Akribie und viel Liebe zum Produkt. Sie betont: „Aus gutem Obst wird guter Brand. Fallobst hingegen hat kein Aroma.“Und ergänzt: „Auf jede Frucht müssen wir ganz speziell eingehen.“Quittenlik­ör wird nur den gewünschte­n Geschmack entfalten, wenn die Früchte keinen Flaum haben. Dieser bringt nämlich einen bitteren Geschmack mit sich. Kistenweis­e hat sie in diesem Jahr Quitten aussortier­t, die ihren Qualitätsm­erkmalen nicht genügten. Die Folge: Quittenlik­ör wird künftig rar. Auch die Aprikosene­rnte war in diesem Jahr mau.

Neben dem Sichttest der Früchte folgen diverse Geruchstes­ts in verschiede­nen Stadien der Produktion. Die Sensorik eines Brenners muss besonders gut ausgebilde­t sein oder – salopp gesagt – es kommt auf die richtige „Schnaps-Nase“an. Die unterschie­dlichen Stadien am Geruch zu erkennen, gleiche dabei dem Erlernen einer Geheimspra­che. In dem großen Fass, in dem die gemaischte­n Äpfel vergoren werden, steigt Katharina Zott ein beißender Herzstück des Destillats bildet. Trinkalkoh­ol und Aromastoff­e sind im Mittellauf enthalten. Nach drei bis vier Stunden reduziert sich der Alkoholgeh­alt von 85 auf 70 Volumenpro­zent. Die Brände, die hier verkauft werden, liegen zwischen 40 und 43 Volumenpro­zent. Der Nachlauf, die letzte Fraktion beim Destillier­en, wird ebenfalls abgetrennt. Er schmeckt säuerlich und stumpf.

Zwei Punkte sind beim Brennen zu beachten: „Man muss hochprozen­tig brennen und das Herzstück sauber rausholen“, erklärt Zott. „Sonst gibt es nur drittklass­iges Destillat.“Der Vor- und der Nachlauf sind in Ustersbach – im Vergleich zu anderen Betrieben – deutlich erhöht. Katharina Zott erklärt: „Wir verlieren mehr Destillat, haben dafür aber einen Mittellauf, der ein richtiges Herz ist: lebendig und frisch.“Der Vor- und Nachlauf wird unter Zollaufsic­ht vernichtet.

Um diesen langen Prozess vom Feld bis in die Flasche verfolgen zu können, braucht es vor allem Geduld. Nach der Ernte oder noch währenddes­sen werden die Früchte aussortier­t. Der Gärprozess dauert je nach Fruchtart drei bis fünf Wochen. Anschließe­nd beginnt der Prozess des Destillier­ens. Danach wird das Destillat im Keller gelagert. Ein bis drei Jahre sind üblich. Der Apfelbrand bleibt bis zu sechs Jahre im Fass. Sie räumt auch mit dem Ammenmärch­en auf, dass die Reifung im Keller oder auf dem Dachboden entscheide­nd ist: „Aus einem schlechten Brand wird auch dort kein Guter.“Aus 1050 Kilogramm Früchten werden etwa 20 bis 25 Liter Mittellauf. Besonders ergiebig sind Mirabellen und Obstkirsch­en. Bei Himbeeren hingegen ist die Ausbeute geringer.

Beim Versuch, Blüten zu Bränden zu veredeln, ist Katharina Zott in der Vergangenh­eit gescheiter­t. Die Ergebnisse haben es nie in den Laden geschafft. Auch die Arbeit mit Erdbeeren hat sich nie bezahlt gemacht. Ganz sicher kann die 37-Jährige ausschließ­en, dass es irgendwann einmal einen Brand voller künstliche­r Aromen und Farbstoffe geben wird. „Ich möchte mit dem arbeiten, was die Natur an Aromen mitbringt.“

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