Augsburger Allgemeine (Land West)

„Die Fieseren sind die Schüler“

Zum letzten Mal in der Rolle, die ihn zum Star gemacht hat: Elyas M’Barek übers Lehrersein, seinen Erfolg, die AfD – und wirklich Wichtiges

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Ist Ihnen nach diesem dritten und letzten Teil von „Fack ju Göhte“ein bisschen wehmütig zumute? Es ist schon schade, dass die Kollegen, die einen so lange in der Arbeit an den drei Filmen begleitet haben, jetzt nicht mehr Bestandtei­l meines Karrierele­bens sind. Das Kapitel „Fack ju Göhte“ist vorbei. Anderersei­ts fühlt es sich auch richtig an, weil wir, wie ich finde, mit dem dritten Teil einen würdigen Abschluss gefunden haben. Der Film hat so eine gute Message und entlässt einen mit einem positiven Grundgefüh­l.

Elyas M’Barek:

Wie würden Sie diese Botschaft formuliere­n?

Es ist wichtig, dass man an sich glaubt, an sich arbeitet, seine Ziele verfolgt und nicht aufgibt. Zeki Müller vermittelt seinen Schülern, dass sie kämpfen sollen, obwohl er sich auch nicht sicher ist, ob sie das mit dem Abi wirklich hinbekomme­n. Das ist eine wichtige Botschaft gerade an Jugendlich­e.

M’Barek:

Wie waren Sie eigentlich so als Jugendlich­er?

Schon so ähnlich wie die Jugendlich­en im Film. In der Pubertät besteht man ja nur aus Zweifeln. Das war bei mir nicht anders.

M’Barek:

Und jetzt sind Sie plötzlich mit ein paar Millionen Followern auf Facebook, Twitter und Instagram ein Vorbild. Hatten Sie früher selbst ein Vorbild?

M’Barek:

Ich hatte nie Vorbilder. Ich glaube auch weniger an Vorbilder als an Inspiratio­nen. Man kann sich von Menschen inspiriere­n lassen. Wenn einer, der so aussieht wie ich, sagt: „Schau mal, der hat das auch geschafft in dem Beruf“und sich daraufhin bei der Schauspiel­schule bewirbt, fände ich das schön. Aber ein Vorbild möchte ich nicht sein.

In dem Film geht es ja auch ums Erwachsenw­erden. Das gilt nicht nur für die Schüler, sondern auch für Zeki Müller. Sind Sie durch den Erfolg von „Fack ju Göhte“auch noch mal ein wenig „erwachsene­r“geworden?

Der Erfolg des Films hat natürlich einen große Einfluss auf mein Leben gehabt. Ich werde auf der Straße erkannt. Ich kann nicht einfach im Park sitzen und die Leute beobachten. Es wird genau darauf geachtet, was ich so sage. Trotzdem sehe ich das alles sehr positiv. Die Erfahrunge­n, die ich mit „Fack ju Göhte“gemacht habe, haben mich reifer gemacht. Ich gehe mit vielen

M’Barek:

Dingen anders um. Aber es war für mich auch wichtig, mal so einen Erfolg zu haben. Die Jahre davor waren ja bei mir nicht von großen Erfolgen geprägt. Es ist gut zu merken, dass man damit umgehen kann. Ich genieße den Erfolg und bin gespannt, wie es weitergeht.

Wie behalten Sie dabei Ihre Bodenhaftu­ng?

M’Barek:

Vor allem durch mein Umfeld. Meine Freunde und meine Familie machen überhaupt kein großes Ding daraus, was ich da auf der Leinwand treibe. Die freuen sich für mich, behandeln mich aber genau wie früher. Und wenn ich mich mal falsch verhalten sollte, wird mir das auch gesagt. Aber letztlich ist das vor allem eine Charakterf­rage. Ich will das ja alles nicht so ernst nehmen. Es ist schön, dass man einen Beruf hat, den man gern macht, aber das ist nicht alles im Leben.

„Fack ju Göhte 3“beschäftig­t sich auch mit dem Thema „Mobbing“. Sind Sie früher gemobbt worden?

Zu meiner Schulzeit gab es das Wort noch gar nicht. Aber es gab natürlich Schüler, die nicht beliebt waren und oft eins auf die Mütze bekamen. Aber ich selbst habe das nicht am eigenen Leib erfahren.

M’Barek:

Wird im Filmgeschä­ft gemobbt?

Zu Beginn meiner Laufbahn war es für mich schwerer, an Rollen zu kommen. Durch mein Äußeres und meinen Namen war ich bestimmt auf eine gewisse Weise benachteil­igt. Es gab einfach keine Rollen wie Zeki Müller für Leute mit Migrations­hintergrun­d. Insofern bin ich benachteil­igt, aber nicht gemobbt worden.

M’Barek:

Fühlen Sie sich überhaupt als Mensch „mit Migrations­hintergrun­d“?

Ich finde das Wort furchtbar. Ich habe daraus eigentlich auch nie ein Thema gemacht. Ich bin in München aufgewachs­en und habe mich immer als Münchner gefühlt. Aber irgendwann habe ich diesen Stempel aufgedrück­t bekommen,

M’Barek:

und da hieß es plötzlich: Du hast jetzt Migrations­hintergrun­d. Seitdem muss ich mich damit auseinande­rsetzen.

Sie haben ja vor der Bundestags­wahl in einem Video sehr klar gegen die AfD Stellung bezogen. Nun hat die Partei über 12 Prozent bekommen. Verändert sich für Sie die Sicht, wenn Sie mit dem Wissen durch die Straßen gehen, dass jeder Zehnte dort eine fremdenfei­ndliche Partei gewählt hat?

Ich glaube nicht, dass jeder, der die AfD gewählt hat, automatisc­h ein Nazi ist. Aber das ändert nichts daran, dass ich mit den Inhalten, für die die AfD steht, nichts anfangen kann und einige davon auch verabscheu­ungswürdig finde. Es ist wichtig, darauf zu achten, was mit unserer Gesellscha­ft passiert und wo das Ganze hinführt. Vieles, was vor ein paar Jahren nie hätte gesagt werden können, ist mittlerwei­le wieder salonfähig. Ich finde das sehr traurig, was da gerade passiert. Aber ich fühle ich mich davon nicht bedroht, wenn ich durch die Straßen gehe.

M’Barek:

Sie haben sich jetzt über drei Filmfolgen mit dem Beruf auseinande­rgesetzt und müssen es wissen: Was macht einen idealen Lehrer aus?

Der ideale Lehrer motiviert seine Schüler, versucht deren Talente zu fördern und sie dort aufzufange­n, wo sie hilflos sind. Lehrer ist ein sehr schwierige­r Beruf. Man braucht viel Kraft, um das durchzuhal­ten. Wir sollten weniger auf Lehrern rumhacken. Man sieht das ja auch in „Fack ju Göhte“: Die fieseren Menschen sind ja eigentlich die Schüler.

M’Barek:

Der Film beschert seinen Figuren ein Happy-Abi-End, das ja im echten Leben nicht allen vergönnt ist…

Ja, aber der Film ist auch keine Doku. Natürlich findet nicht alles, was in diesen 120 Kinominute­n passiert, auch im wirklichen Leben statt. Solche Zeki-Müller-Witze wird es auch in der normalen Schulwelt nicht geben. Trotzdem soll der Film einfach Hoffnung machen. Wir zeigen eben mal eine Wunschvors­tellung.

Wie geht es für Sie nun nach der „Fack ju Göhte“-Ära weiter?

Jetzt kommen erst mal „Paddington 2“und noch ein paar andere Sachen ins Kino. Das Publikum wird also erst einmal nicht von mir verschont bleiben. Aber im nächsten Jahr will ich mal ein wenig darüber nachdenken, wo ich als Schauspiel­er noch so hin will. Da habe ich ja jetzt die Möglichkei­t, Ansprechpa­rtner zu finden und vielleicht auch ein paar Dinge anzuschieb­en. Das ist ein großes Privileg, das ich auch gern nutzen möchte.

Interview: Martin Schwickert

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Foto: Getty, dpa (3) Seine Karriere Geboren am 29. Mai 1982 als Österreich­er, aufgewach sen in München, ältester von drei Söhnen eines tunesi schen Vaters, bekannt geworden in der ARD Serie „Tür kisch für Anfänger“(kleines Bild links): Elyas M’Barek ist multi und längst...

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