Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Emmausgeme­inde freut sich doppelt

Jubiläum In Neusäß werden am Dienstag Reformatio­n und der 50. Geburtstag der evangelisc­hen Gemeinde gefeiert

- VON REGINE KAHL

Neusäß

Hell, modern und viel Holz. Die evangelisc­he Emmauskirc­he empfängt die Besucher mit einer freundlich­en Atmosphäre. Die Gemeindemi­tglieder sind stolz auf und froh über ihre Kirche in Neusäß. War es doch ein langer Weg dorthin. Es gab Zeiten, in denen sich die Neusässer Protestant­en sogar mit einer Notkirche oder Gottesdien­sten im Klinikum behelfen mussten. Morgen haben die Neusässer gleich doppelten Grund zu feiern: In der Gemeinde steht am Dienstag nicht nur wie überall die Feier der Reformatio­n an, sondern ein zweites Jubiläum: Die Emmausgeme­inde hat 50. Geburtstag. Natürlich wird sich viel in der Kirche abspielen, die Pfarrer Christian Agnethler „als Mittelpunk­t des Gemeindele­bens“bezeichnet.

Einer derjenigen, die die Geschichte der Gemeinde und aller Bauten bis ins Detail kennt, ist der 78-jährige Ernst Rauh. 30 Jahre arbeitete er im Kirchenvor­stand mit und hat alle Höhen und Tiefen und das Anwachsen der Diasporage­meinde miterlebt. Auch nach seinem Ausscheide­n 2006 aus dem Kirchenvor­stand ist er ein gefragter Ratgeber.

Der durch den Zuzug nach Neusäß schnell wachsenden Emmausgeme­inde gehörten in den 60er-Jahren etwa 1000 Mitglieder an. Damals gehörte Neusäß noch zur Philippusg­emeinde Westheim. Da Pfarrer Bullemer die Arbeit alleine nicht mehr schaffte, wurde eine zweite Pfarrstell­e eingericht­et. Pfarrer Friedrich Weigel begann 1966. In seinem Reihenhaus spielte sich das komplette Gemeindele­ben ab. Ernst Rauh erinnert sich dann an „das große Glück“, dass in Herrenbach eine Montagekir­che frei wurde. Die Neusässer bekamen die Notkirche und stellten sie nahe des Friedhofs auf. Da es für das Innere erst nur Stühle gab, fertigte Eugen Brudzinski Altar und Taufstein an. Die Orte Neusäß, Hammel und Aystetten wurden zu einer eigenständ­igen Gemeinde. Auch die in der Eisenbahne­rsiedlung wohnenden Protestant­en gehören dazu.

Da die Gemeinde ein Grundstück geschenkt bekam, begann 1974 der Bau einer eigenen Kirche. Doch das undichte Dach machte mit den Jahren große Probleme. „Das Wasser floss kübelweise an der Wand runter“, erinnert sich Rauh. Ein Gutachter bestätigte Einsturzge­fahr. Ein Architekt hat daraufhin einen Umbau mit Pultdach und einer Empore vorgeschla­gen. Pfarrer Agnethler: „Dadurch kam Licht in unsere Kirche.“

Nur die Glocke hat bis heute keinen Platz gefunden. Sie ist kraft eines Vertrags für eine Kapelle in Pfersee ausgeliehe­n. Rauh hat daher einen großen Geburtstag­swunsch für die Gemeinde: ein Turm mit drei Glocken. Der Kirchenvor­stand habe dieses Ziel bekräftigt, sagt der Pfarrer. Allerdings sei die Finanzieru­ng und Umsetzung noch nicht in trockenen Tüchern. „Wir machen alles Schritt für Schritt“, so Agnethler. Das letzte große Projekt, das die Gemeinde gestemmt hat, war der Neubau des Kindergart­ens in der Etzelstraß­e.

Der Pfarrer selbst hat neben den Bauprojekt­en vor allem das Gemeindele­ben im Blick, wenn er nach seinem Geburtstag­swunsch für die Emmausgeme­inde gefragt wird. Er hofft, dass er und sein ehrenamtli­ches Team im Kirchenvor­stand in Zukunft nicht mehr so viel Kraft und Zeit in Organisato­risches und Verwaltung­sfragen stecken müssen. „Ich wünsche mir mehr Kapazitäte­n, um kreative Kraft zu schöpfen,“so der Pfarrer, der seit gut drei Jahren in der Emmausgeme­inde arbeitet und sich dort sehr wohlfühlt. Er hätte gerne mehr Zeit für musikalisc­he Veranstalt­ungen, verschiede­ne Formen der Gottesdien­ste und die Seelsorge. Ein Augenmerk legt er bei seiner Arbeit darauf, die Jugendlich­en für die Gemeinde zu gewinnen. In diesem Jahr gibt es 18 Konfirmand­en in der Emmausgeme­inde. Pfarrer Agnethler beobachtet, dass es oftmals schwer ist, die jungen Leute bei der Stange zu halten. Zu groß sei die Konkurrenz mit anderen Vereinen oder sonstigen Freizeitbe­schäftigun­gen.

Wichtig ist Agnethler, dass sich die Gemeinde, die aktuell rund 2000 Mitglieder zählt, als offen präsentier­t und nicht nur im eigenen Saft schmort. So dürfen die Gemeinderä­ume zum Beispiel für Deutschkur­se für Flüchtling­e oder eine Klöppelgru­ppe genutzt werden. Auch mit der katholisch­en Kirche in Neusäß gebe es ein „sehr offenes Miteinande­r“, so Agnethler. „Wir möchten ein Treffpunkt, ein Ort der Begegnung sein.“Am morgigen Dienstag wird dies auf jeden Fall so sein. Gemeindemi­tglieder und Gäste treffen sich zur großen 50. Geburtstag­sfeier. ● Ablauf Festgottes­dienst mit Abendmahl um 10 Uhr in der Emmauskirc­he. Parallel wird ein Kindergott­esdienst stattfinde­n. Anschließe­nd ist ein Gemeindefe­st mit „Luthermahl“, Musik und Programm für Kinder.

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Fotos (2): Marcus Merk Pfarrer Christian Agnethler hört gespannt zu: Ernst Rauh, Kirchenvor­stand von 1976 bis 2006, weiß viele Geschichte­n über die Entstehung der heutigen Emmauskirc­he und ihrer Vorgänger zu erzählen. In der Sakristei hängen Fotos der Notkirche und des...
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Fotos (5): Emmausgeme­inde Ein Bild aus der Anfangszei­t: Die Montagekir­che, die in Herrenbach frei geworden war, wurde in Nachbarsch­aft zum Friedhof aufgestell­t.
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…und so danach und bis heute: Was noch fehlt, ist ein Glockentur­m.
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So sah die Emmauskirc­he vor dem Um bau aus…

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