Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Frage der Woche

PRO

- RICHARD MAYR

Eigentlich dürfte die Debatte um die Notwendigk­eit des Feminismus nicht mehr geführt werden müssen, müsste es selbstvers­tändlich sein, dass zum Beispiel männliche sexuelle Übergriffe nicht über Jahre, manchmal Jahrzehnte aus Angst vor Nachteilen totgeschwi­egen werden. Und bitte: Es handelt sich nicht um Kavaliersd­elikte, nicht um ein bisschen zu viel Kompliment hier und ein bisschen zu viel Nähe dort von männlicher Seite. Viel mehr zeigt der „Me too“-Aufschrei, wie häufig es zu sexuellen Übergriffe­n kommt, wie sehr sich Männer dabei auf ihre Machtposit­ion stützen, wie ohnmächtig sich Frauen dadurch als Opfer fühlen.

Solange das so ist, bleibt den Männern nichts anderes, als selbst eine feministis­che Position einzunehme­n und zwar so lange, bis es diesen Typ Mann nicht mehr gibt, diesen Typ, der nach dem Ich-binder-Tollste-Prinzip glaubt, auf alles in der Welt ein natürliche­s Recht zu besitzen. Dieser Typ Mann ist für Frauen oft eine Katastroph­e, weil er ein „Nein“nicht als „Nein“gelten lässt. Er ist gleichzeit­ig aber auch wirtschaft­lich eine Katastroph­e, weil er den eigenen Vorteil über alles andere stellt. Man schaue nur auf die Investment-Banker, die vor zehn Jahren fast das ganze Wirtschaft­ssystem an die Wand gefahren haben, weil ihnen ihre astronomis­chen Boni über alles andere gingen.

Ja, Frauen sollen genauso häufig in Führungspo­sitionen zu finden sein wie Männer und dabei genauso viel wie Männer verdienen. Und, siehe Boni-Banker: Das wäre für alle von Vorteil. Gleichzeit­ig sieht man jetzt auch wieder, dass das kein Selbstläuf­er ist. Im neu gewählten Bundestag ist die Frauenquot­e von 37 Prozent wieder auf 31 Prozent gesunken. Die alten Strukturen sind langlebig, da hilft nur aktiver Widerstand – als Feminist.

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