Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Lokführer beim Fahren Strom sparen

Verkehr Aus Kosten- und Umweltgrün­den lässt die Bahn ihre Triebwagen nicht mit Höchstgesc­hwindigkei­t fahren. So verbrauche­n sie um die sieben Prozent weniger Energie. Bei Verspätung­en wird aber Vollgas gegeben

- VON STEFAN KROG

Augsburg

Lokführeri­n Sabine Hahnemann drückt den Fahrthebel ganz nach vorne – und die rund 4000 PS der Elektromot­oren des Fugger-Express-Triebwagen­s fangen an zu arbeiten. Weniger als eine Minute braucht der Zug, um seine Reisegesch­windigkeit zu erreichen. 160 Kilometer pro Stunde schafft ein Triebwagen als Höchstgesc­hwindigkei­t, doch bei maximal Tempo 140 zieht Hahnemann den Fahrtregle­r auf der Fahrt nach Donauwörth nach hinten und lässt den Zug einfach rollen. Das Ziel: Energie sparen. Fahrgästen kommt das mitunter befremdlic­h vor, wenn der Zug vermeintli­ch nur vor sich hin zuckelt. „Aber bei der Fahrzeit macht es sich kaum bemerkbar, wenn man energiespa­rend fährt“, sagt Bernd Flagge, Netzmanage­r bei DB-Regio in Augsburg.

Der Strom ist für alle Bahnuntern­ehmen inzwischen ein beträchtli­cher Faktor bei den Betriebsko­sten geworden, zumal sie sich im Nahverkehr in Ausschreib­ungen gegeneinan­der behaupten müssen. Deshalb und aus Gründen des Umweltschu­tzes schult die Deutsche Bahn seit etwa zehn Jahren ihre Lokführer, um Strom zu sparen. Im Fugger-Express-Netz lassen sich so aktuell um die sieben Prozent Energie einsparen. Unter anderem müssen die Lokführer alle zwei Jahre in einen Simulator – von vier Stunden Schulung ist eine fürs Thema energiespa­rendes Fahren vorgesehen. Zudem bekommen Lokführer via Handy-App eine Auswertung darüber, wie sie beim Thema Energiever­brauch liegen.

ist die Idee, den Zug möglichst schnell auf seine Reisegesch­windigkeit zu beschleuni­gen und dann rollen zu lassen. Sind die 161 Tonnen einer vollen Triebwagen­garnitur erst einmal in Bewegung, dann haben sie so viel Energie, dass sie viele Kilometer weit kommen – ohne dass sie nennenswer­t langsamer werden. Schließlic­h ist die Reibung zwischen Rädern und Schiene gering.

„Ab 140 Kilometern pro Stunde steigt der Energiever­brauch rapide an“, erklärt Wolfgang Patz, Teamleiter bei den Lokführern in Augsburg. Das Plus an Schnelligk­eit sei aber minimal. „Ob man mit 140 oder mit 160 Kilometern pro Stunde fährt, macht bei einem Kilometer Strecke gerade einmal drei Sekunden Unterschie­d aus“, so Patz. Auf dem Weg nach Donauwörth, wo auf 40 Kilometer Strecke elf Halte kommen, wird der Fugger-Express darum meist verhalten gefahren – schließlic­h muss alle vier Kilometer ein Stopp eingelegt werden.

Eine spezielle Anzeige im Führerstan­d zeigt Lokführeri­n Hahnemann an, ob sie schon das richtige Tempo erreicht hat, um Leistung wegzunehme­n. „Aber letztlich ist Erfahrung durch nichts zu ersetzen“, sagt Patz.

Hahnemann erkennt beim Anfahren in Langweid, dass Raureif auf einem Gleisabsch­nitt im Schatten liegt und nimmt Leistung weg – andernfall­s würden die Räder des ZuGrundsät­zlich ges sofort durchdrehe­n. Indem die Lokführer sanft bremsen, schaffen sie es, möglichst viel Strom zu erzeugen – ein Generator nutzt die Drehung der Räder, um Strom zu erzeugen, der in die Oberleitun­g rückgespei­st wird. Nur bei starken Bremsungen schaltet sich die Druckluftb­remse ein.

Theoretisc­h ließen sich noch mehr als die derzeit erzielten sieben Prozent Stromerspa­rnis erreichen. Doch bei Verspätung­en, wie sie im eng getakteten Bahnnetz rund um Augsburg häufig vorkommen, haben die Lokführer die Order, so viel Zeit wie möglich hereinzuho­len – dann wird so schnell gefahren, wie es die Gleisbeleg­ung und das Fahrzeug zulassen. „Die Rangfolge heißt grundsätzl­ich Sicherheit, dann Pünktlichk­eit und dann Energieeff­izienz“, sagt Flagge.

Der Zeitunters­chied bei einem Kilometer Strecke ist nicht sehr groß

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Auf dem Weg nach Donauwörth: Lokführeri­n Sabine Hahnemann steuert einen Fugger Express Triebwagen auf der Strecke durch das nördliche Lechtal. Durch ein spezielles Fahrtraini­ng schafft sie es, um die sieben Pro zent Strom zu sparen.
Foto: Michael Hochgemuth Auf dem Weg nach Donauwörth: Lokführeri­n Sabine Hahnemann steuert einen Fugger Express Triebwagen auf der Strecke durch das nördliche Lechtal. Durch ein spezielles Fahrtraini­ng schafft sie es, um die sieben Pro zent Strom zu sparen.

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