Augsburger Allgemeine (Land West)

Am Boden zerstört

Fußball Wie Kicker mit italienisc­hen Wurzeln aus der Region das WM-Aus beurteilen

- VON OLIVER REISER

Seit dem Schlusspfi­ff, seit feststeht, dass Italien nach dem 0:0 gegen Schweden nach 60 Jahren zum ersten Mal nicht bei einer Fußball-Weltmeiste­rschaft sein wird, herrscht auf dem Stiefel Weltunterg­angsstimmu­ng. Auch in der Region leiden Fußballer, die italienisc­he Wurzeln haben.

Pietro Dragone hat zahlreiche Nachrichte­n von seinen deutschen Freunden auf sein Handy bekommen. „Teilweise sehr böse“, sagt der Sportheimw­irt des Hainhofene­r SV. Für den „kleinen HSV“kickt der 50-Jährige noch immer in der B-Klasse Nordwest. In Italien sei die Euphorie groß gewesen, doch der in der Region nicht nur für den FC Augsburg, sondern auch für den TSV Schwaben, in Lechhausen, Rehling, Dasing, beim Türk SV, in Höchstädt oder Sulzemoos aktive Pietro Dragone hat es schon geahnt, dass die Squadra Azzurra nach der 0:1-Niederlage in Schweden im Rückspiel scheitern könnte.

„Wir haben mit der ganzen Familie geschaut. Nach den ersten beiden vergebenen Chancen habe ich zu meinem Sohn Diego gesagt, Italien schafft das nicht. So ist es dann gekommen. Wenn man die Tore nicht macht und so viel Pech hat, dann passiert so etwas.“Nach dem 0:0 war der vierfache Weltmeiste­r draußen. Torhüter-Legende Gianluigi Buffon, 39, verkündete anschließe­nd weinend das Ende seiner Karriere. „Für ihn tut es mir leid“, sagt Dragone. Nicht so für Trainer Gian Pero Ventura, von dem er nicht viel hält. „Er hat die schlechtes­te Aufstellun­g gewählt, die man machen konnte“, schimpft er: „Wenn man ein Tor aufholen will, muss man die Jungen bringen. So haben wir es nicht verdient, zur Weltmeiste­rschaft zu fahren.“Im Endeffekt sei Italien mit eigenen Waffen geschlagen worden. Dragone: „Hätte Italien so gemauert wie de Schweden, hätten wieder alle über den Catenaccio geschimpft.“

Auch Marco Villani, der Torjäger des Kreisklass­isten TSV Täfertinge­n, hätte die „jungen Wilden“Insigne oder El Shaarawy von Anfang an spielen lassen. „Nur Erfahrung, das passt nicht. Ab dem Sechzehner wussten sie nicht mehr, was sie machen sollen“, bemängelt Villani, der das Spiel zusammen mit seinem Trainer Antonio Cuevas, einem Spanier, verfolgt hat, auch fehlenden Willen. In Sachen Toreschieß­en hätten sich die Azzurris vielleicht Tipps bei dem 22-jährigen, der in Gersthofen wohnt, holen können. Er hat in dieser Saison schon 20-mal ins Schwarze getroffen, führt damit die Torschütze­nliste an. Nun kann sich Marco Villani, der in Augsburg geboren ist und einen deutschen Pass hat, darauf beschränke­n, der deutschen Mannschaft die Daumen drücken.

In Italien sei man zwar nun am Boden zerstört, doch für Pietro Dragone hat das Scheitern auch etwas Positives: „Jetzt muss man umdenken und umbrechen.“

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Foto: Andreas Lode Marco Villani.

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