Augsburger Allgemeine (Land West)

Verfolgung­sjagd und wüste Beschimpfu­ngen

Prozess Vor Gericht gibt es unterschie­dliche Sichtweise­n zu einem Vorfall in Münsterhau­sen

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Ein Fall von rüpelhafte­m Autofahren, bei dem zwei junge Männer aneinander­geraten waren, ist beim Amtsgerich­t in Günzburg verhandelt worden. Angeklagt war ein 23-jähriger Lagerist aus der Landkreism­itte, der einen anderen Autofahrer und dessen Mutter verfolgt, zum Anhalten gezwungen und schließlic­h massiv beleidigt hatte. Passiert war das in Münsterhau­sen.

Zeugen und Angeklagte­r trugen vor Gericht ihre persönlich­e Sichtweise vor. Demnach soll der Angeklagte gewendet haben, als er dem Fahrzeug der Kontrahent­en begegnete. Er verfolgte das Auto und drängte es mit der Lichthupe und Gesten zum Anhalten. Als er das Fahrzeug zwischen Thannhause­n und Krumbach überholt hatte, bremste er ab und zwang damit das Auto, stehen zu bleiben. Im nachfolgen­den Gespräch kam es zu massiven Beleidigun­gen.

Der Angeklagte gab zu, das getan zu haben. Er argumentie­rte aber, dass das entgegenko­mmende Auto ein parkendes Fahrzeug überholt habe und deshalb weit auf die andere Fahrbahnse­ite geraten sei. Er habe ausweichen müssen und dabei seine neuen Luxusfelge­n zerkratzt. Den Schaden bezifferte er auf knapp 600 Euro.

Dem widersprac­hen die Zeugen. Es sei genügend Platz gewesen für das Überholman­över, doch der Angeklagte habe wohl mit dem Handy gespielt und sei zu weit nach links gekommen. Als er das bemerkte, habe er das Steuer offenbar weit nach rechts gerissen. Auch das Bremsmanöv­er wurde unterschie­dlich bewertet. Der Behauptung der Zeugen, gefährlich ausgebrems­t worden zu sein, stand ein Bild entgegen, das die beiden Kontrahent­en mit ihren Fahrzeugen am Straßenran­d zeigt. Darauf ist ein größerer Abstand zwischen den Autos auszumache­n.

Keine Unklarheit­en gab es hinsichtli­ch der Beleidigun­gen, die sowohl die Zeugen als auch der Angeklagte einräumten. Zudem hatte der Angeklagte einen Teil der „Unterhaltu­ng“per Smartphone mitgeschni­tten.

Und da waren auch schwere Beleidigun­gen durch einen Zeugen zu hören. Seine obszöne Beschimpfu­ng der Mutter des anderen Fahrers hatte der Angeklagte allerdings nicht aufgenomme­n. Die aber war es, die Richterin Franziska Braun und die Staatsanwa­ltschaft besonders in den Fokus ihres Interesses stellten. Denn sie sei nicht nur besonders herabwürdi­gend gewesen, sondern richtete sich auch noch an eine am eigentlich­en Geschehen Unbeteilig­te. Dennoch einigten sich Staatsanwa­ltschaft und Gericht, das Verfahren gegen eine Geldauflag­e von 800 Euro, zahlbar an den Kinderschu­tzbund, einzustell­en. Denn, so begründete Richterin Braun, der Geschädigt­e habe ein berechtigt­es Interesse an der Klärung des Sachverhal­ts gehabt, doch die Verfolgung und Nötigung zum Anhalten sei eine unangemess­ene Reaktion gewesen. Sich das Kennzeiche­n zu notieren und zur Polizei zu gehen, wären völlig ausreichen­d gewesen, befand die Richterin.

Da sich die beiden Kontrahent­en verbal nichts geschenkt hatten, ließ das Gericht den Vorwurf der Beleidigun­g des gegnerisch­en Fahrers fallen, die der Mutter aber nicht. Nach Rücksprach­e mit seinem Anwalt akzeptiert­e der Angeklagte die Auflage und versichert­e, die Summe zu überweisen.

 ??  ?? Franziska Braun
Franziska Braun

Newspapers in German

Newspapers from Germany