Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Hoch auf die bayerische Wirtshauskultur
Musik Bajuwarische Sinfonien mit Luftpumpen, Schrotflinten als Didgeridoos: Wie die drei feschen Herren von Knedl & Kraut ihr Publikum in Gersthofen mit einer abendfüllenden Heimatshow zum Kreischen bringen
Gersthofen
Dr. Schiwago auf einer schäbigen Handwerkersäge gespielt? Paganini auf einem ausgehöhlten Wanderstock vorgetragen? Weiblicher Mittelaltergesang von einem stämmigen Schnauzbartkoloss interpretiert? Dass all dies und noch sehr viel mehr in den Möglichkeiten einer rural geprägten Musikkapelle liegen kann, zeigte in allerbester Weise das g’standene Heimattrio Knedl & Kraut in Gersthofen.
Denn diese drei feschen Herren haben sich nichts Geringeres zur Mission gemacht als die musikalische Wirtshauskultur zwischen Ammersee und Alpenkamm wieder aufblühen zu lassen – mit höchst eigenwilligen Methoden wohlgemerkt. Die Stadthalle zog daher mit ungewohnter Festzeltbestuhlung und einer rustikalen Brotzeitkarte nicht nur alteingesessene Freunde der paradenstürmer „Hans bleib do“in sämtlichen Sprachen der Welt zu interpretierten wusste – mal im Stil eines schmalztriefenden ItaloLovers, mal als jammernder Muezzin, der im lautstarken Bariton seine wehklagenden Weisen von einer Moschee herunterbrüllt. Unterstrichen wurden die Blödeleien der bayerischen Barden durch die oftmals völlig sinnfreien Texte ihrer Lieder, die irgendwann kein Auge im Publikum mehr trocken ließen. Die zünftige Ode an den Schnupftabak begeisterte dabei ebenso wie eine Persiflage auf die moderne Landwirtschaft, in der die Kühe online gemolken werden und bei welcher die Bauern ganz brav vegane Kokosmilch produzieren.
Authentische Hüttenmusi’, herzerfrischende Kabarettkunst und eine unglaubliche Ideenvielfalt hinsichtlich der selbst gefertigten Instrumente – eine ungewöhnliche Verbindung, die gnadenlos gut funktionierte. Wer einmal Knedl & Kraut serviert bekommen hat, wird bestimmt auch keinen Schweinebraten mehr auf dem Teller vermissen.