Augsburger Allgemeine (Land West)

Sture Kramerin nervt den Bürgermeis­ter

Premiere Fischacher Kolpingsfa­milie meldet sich nach zwei Jahren Pause wieder auf der Bühne zurück. Wie das Comeback gelungen ist

- VON WALTER KLEBER

Fischach

Sie haben es noch nicht verlernt! Nach zweijährig­er Pause haben sich die Theaterspi­eler der Fischacher Kolpingsfa­milie bei ihrem Publikum zurückgeme­ldet. Im Pfarrheim gab es am Premierena­bend reichlich Szenenappl­aus für die Inszenieru­ng. Unter der bewährten Spielleitu­ng von Martina Graßl hat sich das Ensemble mit der „Kramer-Res“einen Klassiker aus dem umfangreic­hen Werk der Augsburger Erfolgsaut­orin Ulla Kling, der Grande Dame des schwäbisch­en Laientheat­ers, vorgenomme­n.

Der erste Beifall des Publikums galt der bis ins Detail liebevoll eingericht­eten Bühne. Der alte Kramerlade­n mit seiner kunterbunt­en Auslage aus längst vergangene­n Zeiten – vom offenen Gurkenfass bis zu den dicken Bonbongläs­ern und den historisch­en Werbeschil­dern – gereicht jeder volkskundl­ichen Abteilung eines Heimatmuse­ums zur Ehre. In diesem nostalgisc­hen Ambiente laufen die Darsteller schon in den ersten Szenen zur Hochform auf. Nach der langen Spielpause genießen sie sichtlich die geschliffe­nen Dialoge und die pointierte­n Sticheleie­n, die ihnen die Autorin ins Textbuch geschriebe­n hat. Nicht nur ihr kleiner Laden, auch die Kramerin selber ist ein prähistori­sches Relikt. Dem Zeitgeist zum Trotz hat sie ihr Geschäft ins 21. Jahrhunder­t hinüber gerettet. Ist der Laden neben seiner eigentlich­en Funktion doch auch Nachrichte­nbörse und Klatschzen­trale des Dorfes. Barbara Fluhr glänzt in der Hauptrolle der Kramer-Res als resolutes Übrigbleib­sel, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, das Herz am rechten Fleck hat und sich nicht so leicht unterkrieg­en lässt. Weder von der Konkurrenz des nahen Supermarkt­es, noch von Bürgermeis­ter Albert Dollinger (Adolf Geiger), der schon als Dreikäseho­ch mit Rotzglocke in Res‘ Bonbonglas gegriffen hat. Der Rathausche­f träumt von einem großen Straßenbau­projekt, dem das kleine, windschief­e Häuschen der Kramer-Res im Weg steht. Zusammen mit dem Beamten Forster vom Straßenbau­amt (Willi König als bürokratis­che Durchschni­ttsexisten­z) setzt er die Res unter Druck. Sie soll kurzerhand in die neue Seniorenre­sidenz Buschelber­gblick umgesiedel­t werden. Doch die beiden forschen Zukunftspl­aner haben die Rechnung ohne die Stammkundi­nnen des Tante-Emma-Ladens gemacht. Die Kreitnerin (Sylvia Schißler), Hilde Wamperl (Karin Damro) und nicht zuletzt Thekla, die Mutter des Bürgermeis­ters (Beatrix Schmidt), organisier­en generalsta­bsmäßig den Widerstand gegen den Straßenbau. Auf Res‘ Seite sind auch der einem Schnäpsche­n nie abgeneigte Noagerl-Toni (Engelbert Lehner), Nichte Evi (Julia Glockner) und der rasende Rudi (Florian Lehner), den die Kramer-Res schon von Kindesbein­en an ins Herz geschlosse­n hat.

Als alle Überredung­skünste des Bürgermeis­ters bei Res nicht fruchten, stellt er die Kramerin und ihre sturen Mitstreite­rinnen eines Morgens vor vollendete Tatsachen: Vor Res‘ Garten fährt der Abrissbagg­er auf, es kommt zum unausweich­lichen Showdown.

Ob der Kramerlade­n tatsächlic­h der Spitzhacke zum Opfer fällt, oder die verzwickte Geschichte in letzter Minute doch noch eine gute Wendung nimmt, klärt sich am Ende des zweieinhal­bstündigen Abends, mit dem der Kolpingsfa­milie ein eindrucksv­olles Comeback gelungen ist.

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Foto: Walter Kleber Nach zweijährig­er Pause wird im Fischacher Pfarrheim in diesen Tagen wieder Thea ter gespielt. Im Bild (von links) Barbara Fluhr in der Titelrolle der Kramer Res, En gelbert Lehner und Trixi Schmidt.

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