Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Polizei kann die Einnahmen sicherstellen
Von aggressivem Betteln spricht man, wenn die Bettler Menschen ansprechen, berühren oder ihnen gar den Weg versperren. „Wenn wir diesbezügliche Erkenntnisse haben, gibt es eine Anzeige und die Einnahmen der Bettler können sichergestellt werden“, erklärt Gottschalk.
Der Zwischenfall mit dem Buben am Königsplatz ist auch aus Sicht der Polizei eine absolute Ausnahme. „So etwas habe ich in Augsburg bisgestellt her noch nicht erlebt“, so Gottschalk. Die rumänische Familie war laut Polizei in den Tagen vor der Tat immer wieder aufgefallen, weil sie Passanten belästigt und teilweise bedroht hat. Im Verhältnis zu anderen Großstädten sei das Problem mit organisierten Bettlern in Augsburg gering. Zahlen dazu gibt es bei der Polizei nicht. Die Bettler würden im Rahmen des Streifendienstes kontrolliert. „Die Allermeisten sind still und unauffällig“, so Gottschalk.
Die Menschen in der Stadt reagieren unterschiedlich auf die Bettler. In der Annastraße sitzt eine Frau zusammengekauert gegenüber des Modeladens Bonita und singt immer wieder die gleiche Melodie. In der Hand hält sie einen Pappbecher für Münzen von den Passanten. BonitaFilialleiterin Mathilde Wensing fühlt sich nicht gestört. „Wir kriegen hier drinnen nicht viel mit von ihr – allerdings schimpfen die Kunden ziemlich“, sagt sie. Sie habe landen ge Zeit in Stuttgart gearbeitet, dort sei das Bettlerproblem viel schlimmer. „Ich fühle mich sicher in Augsburg“, so die Geschäftsinhaberin. Ein Stück die Straße hinunter kriecht ein Mann über den Boden, den Beinstumpf entblößt, und hält den Passanten einen Becher entgegen. Viele wenden sich ab, aber einige zücken auch den Geldbeutel.
Karin Karwath schüttelt den Kopf und geht schnell vorbei. „Für so etwas habe ich gar kein Verständnis“, sagt sie. „Ich spende gerne, aber diesen Menschen geht es in Deutschland nicht schlecht“, glaubt die Rentnerin aus Oberhausen. Kurz darauf kommt Raluka Sandner mit dem dreijährigen Nicolas vorbei. Der Bub will wissen, was der Mann da macht. „Wir hatten ja erst St. Martin und mein Sohn möchte jedem armen Menschen etwas abgeben“, erklärt die Mutter. Sie gebe ihm immer zehn Cent, die er dann den Bettlern bringen dürfe.