Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Fußball schwächelt und keiner greift zu
Zugegeben, die Situation ist etwas unübersichtlich. Es existiert neben einer 7er-Nationalmannschaft auch noch ein 15er-Team. Die Länderspiele werden vom Verband organisiert – nun aber von einem privaten Konkurrenzverband boykottiert. Es handelt sich um Rugby und somit um eine Sportart, die auf ähnlich viel Interesse stößt wie das Tauziehen im West-Ural. Damit teilt Rugby das Schicksal vieler anderer wunderbarer Sportarten und ist doch zu einem großen Teil daran selber schuld.
Selbstverständlich überlagert der Fußball alles. Sogar RegionalligaPartien werden live im Fernsehen übertragen. Rugby und Co. machen es den Anstalten aber auch zu leicht, auf sie zu verzichten. Im vorliegenden Fall haben sich die Nationalspieler vom Unternehmer Hans-Peter Wild (Capri-Sun) unter Vertrag nehmen lassen. Der ist Gründer der Wild Rugby Academy (WRA). Und die stellt dummerweise das Team für den Deutschen Rugby-Verband (DRV). Nun aber: Streit. Warum auch immer. Das Länderspiel gegen Chile am Samstag wird möglicherweise abgesagt.
So weit sind die Basketballer noch nicht. Hier allerdings muss Bundestrainer Henrik Rödl in den kommenden beiden WM-Qualifikationsspielen auf seine besten Spieler verzichten. Der Weltverband hat es sich einfach erlaubt, die Partien unter die laufende Saison zu legen. Was im Fußball Usus ist, führt im Basketball zu Stress. Der für die Klub-Wettbewerbe zuständige Verband nahm keinerlei Rücksicht auf die Länderspiele und terminierte seine Partien annähernd parallel. Weil die Spieler in den Vereinen ihr Geld verdienen, fehlen sie nun der Nationalmannschaft.
Im Handball halten die Funktionäre ähnlich wenig von Absprachen. Die Rhein-Neckar Löwen mussten vor wenigen Wochen binnen 24 Stunden erst in der Liga gegen Leipzig und dann in der Champions League in Barcelona antreten. Seit Jahren klagen Spieler und Trainer über die unglaubliche Belastung. Hinzu kommen WM und EM im Jahresrhythmus.
Das aufgeblasene Fußballgeschäft bietet mit seinen Finanzskandalen etliche Anlässe, etwas Luft rauszulassen. Dass es dazu aber seit Jahren nicht kommt, ist nun tatsächlich nicht die Schuld der Fußballer.