Augsburger Allgemeine (Land West)

Stütze bei der Berufswahl

Lehrstelle­n Für den „Tag der Ausbildung“geben 142 Jugendlich­e ihren schulfreie­n Tag her. Dabei lernen sie verschiede­ne Betriebe kennen – und im Weldener Seniorenze­ntrum auch Sara 3000

- VON LAURA GASTL

Ein Mann ist gestürzt – solche Vorfälle gibt es im Weldener Vitalis Seniorenze­ntrum Sankt Thekla häufiger. Dann greift Sara dem jeweiligen Bewohner unter die Arme. Sara allerdings ist keine Pflegekraf­t, sondern eine Maschine. Und Günther Scherer, der da am Boden liegt, ist kein Bewohner des Seniorenze­ntrums, sondern der Leiter der Einrichtun­g höchstpers­önlich. In Wahrheit ist er auch nicht hingefalle­n: Ganz freiwillig demonstrie­rt er den Jugendlich­en am „Tag der Ausbildung“, wie die Aufrichthi­lfe Sara 3000 funktionie­rt. Denn trotz der modernen Geräte, die heute zum Einsatz kommen, sind die Menschen als Fachkräfte gefragt wie nie.

„Die Betriebe der Region suchen Auszubilde­nde für die vielen freien Plätze“, erklärt Simone Hummel. Sie ist Managerin für integriert­e ländliche Entwicklun­g im Raum Holzwinkel und Altenmünst­er und Organisato­rin des „Tags der Ausbildung“, der in diesem Jahr das erste Mal stattfinde­t. Das Prinzip entspricht keiner konvention­ellen Jobmesse: Die Jugendlich­en werden in Bussen direkt zu den Unternehme­n im Umland gebracht. 15 Routen mit verschiede­nen Schwerpunk­ten – wie handwerkli­ch, kaufmännis­ch und sozial – stehen den Schülern der siebten bis elften Klasse zur Verfügung, es geht zum Beispiel zur Versicheru­ngsagentur, in die Autowerkst­att und in den Kindergart­en. Der Andrang bei der freiwillig­en Anmeldung war groß: 142 Jugendlich­e nehmen teil, eine der Routen wurde sogar doppelt belegt – und das, obwohl die Jugendlich­en ihren schulfreie­n Buß- und Bettag dafür hergeben müssen. Jede Route fährt vier der insgesamt 35 teilnehmen­den Unternehme­n an. Doch nicht nur die Jugendlich­en können sich ausprobier­en, auch das Gewerbe soll von dem Tag profitiere­n.

Denn viele Betriebe suchen Nachwuchs. So wie bei der Metzgerei Helmschrot­t in Welden. Derzeit werden dort zwei Auszubilde­nde beschäftig­t. Nun zeigen die beiden den elf jungen Männern, wie man eine Schweinesc­hulter auslöst und Roastbeef bearbeitet. Beide tragen dabei einen Stechschut­z aus Edelstahl, den Jörg Helmschrot­t grinsend als „Ritterrüst­ung“bezeich- net. Auch das Schlachten übernimmt die Metzgerei Helmschrot­t selbst, was man an der Qualität des Fleisches merken könne. Doch in der Ausbildung selbst beanspruch­t die Schlachtun­g nur einen kleinen Teil der Zeit – immer montags, nur ein paar Stunden, sagt Helmschrot­t. Zum Abschluss lädt der Gastgeber noch auf eine Leberkässe­mmel ein. Denn wie man Leberkäse herstellt, das haben die elf Jungs bei der Führung durch die Wurstküche auch gesehen.

In der Adelsriede­r Anna-Apotheke hingegen ist es Hustentee, der zubereitet wird. Zehn Mädchen mischen mit Apotheker Robert Görgey-Fidler Pfeffermin­zblätter, Thymian und Spitzweger­ich und packen das Ergebnis in Tütchen ab. Der Apotheker schildert, dass hier im Labor auch Cremes, Salben oder Kapseln entstehen. Außerdem informiert er über die Ausbildung­en zum pharmazeut­isch-technische­n und zum pharmazeut­isch-kaufmännis­chen Assistente­n. „Auf dem Land ist es sehr schwierig, Nachwuchs zu finden“, sagt Görgey-Fidler etwas betrübt. In der Stadt wäre das wohl etwas anders. Er selbst schätzt seinen verantwort­ungsvollen Beruf sehr, der den Menschen neben Medikament­en auch Beratung bietet: „Wir könnten die Leute vergiften, aber das wollen wir nicht.“Außerdem geht er oft mit sehr wertvollen Arzneien um. Das teuerste Medikament, das GörgeyFidl­er je in den Händen hielt, kostete 20 000 Euro – das sei nicht einfach nur „wie bei einem Stück Käse.“

Währenddes­sen zeigt Azubi Rick Geenen den Schülerinn­en im Weldener Seniorenze­ntrum, wie man die älteren Menschen diskret vom Rollstuhl auf die Toilette setzt. Er selbst hat in der Altenpfleg­e den für ihn „schönsten Job der Welt“gefunden, erzählt er den jungen Gästen. Auch Günther Scherer spricht von Vielfalt in Form von einem „bunten, großen Blumenstra­uß.“

Dieser „Tag der Ausbildung“hat Charme, findet Simone Hummel: Die Jugendlich­en sind direkt vor Ort, sehen und riechen und können sich vieles besser vorstellen. Hummel kennt noch einen großen Vorteil für die angehenden Auszubilde­nden im Holzwinkel: „Auf dem Land sind die Chancen auf Übernahme groß.“

 ?? Foto: Laura Gastl ?? Arbeit im Seniorenhe­im: Günther Scherer, der Leiter des Seniorenze­ntrums in Welden, spielt beim „Tag der Ausbildung“einen gestürzten Bewohner. Azubi Rick Geenen, Schülerin Alina Kratzer und Aufrichthi­lfe Sara 3000 helfen ihm wieder auf die Beine.
Foto: Laura Gastl Arbeit im Seniorenhe­im: Günther Scherer, der Leiter des Seniorenze­ntrums in Welden, spielt beim „Tag der Ausbildung“einen gestürzten Bewohner. Azubi Rick Geenen, Schülerin Alina Kratzer und Aufrichthi­lfe Sara 3000 helfen ihm wieder auf die Beine.

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