Augsburger Allgemeine (Land West)

Die starke Frau bei Siemens

Porträt Janina Kugel ist Personal-Chefin des Konzerns und muss den Job-Abbau managen. Daran würden andere zerbrechen. Doch die 47-Jährige ist ein besonderer Mensch

- Foto: dpa

Da steht sie im Kleid, das meist nicht über ihre Knie geht, den schwarzen, zum Zopf gebundenen Haaren und hochhackig­en Schuhen. Janina Kugel macht einen Witz und lächelt. Die schlanke Frau zieht die Blicke auf sich, wenn sie einen Raum betritt. Mit ihrer direkten Art fällt die 47-Jährige, die weitaus jünger wirkt, schnell auf.

Manchmal trägt Kugel eine dicke, modische Hornbrille – und sieht damit enorm clever aus. Sie nicht sympathisc­h zu finden, ist schwer. In der immer noch von männlichen Ingenieure­n dominierte­n SiemensWel­t reifte die Volkswirti­n zur mit Abstand stärksten Frau heran.

Als Siemens-Chef Joe Kaeser vor der Presse einen deutlichen Abbau von Arbeitsplä­tzen in den Raum stellte, war es Kugels Part, den harten Schnitt zu erklären. Die in Stuttgart geborene und doch ein lupenreine­s Hochdeutsc­h sprechende Managerin kam hier vor dem männlichen Finanzchef zu Wort – ein bemerkensw­erter Vorgang in der Siemens-Macho-Kommune. Kugel reift immer mehr zur Nummer zwei in dem Welt-Unternehme­n heran.

Auf ihr Verhandlun­gsgeschick gegenüber Betriebsrä­ten, Gewerkscha­ftern und aufgebrach­ten Politikern kommt es nun an. Schließlic­h will Siemens weltweit fast 7000 Arbeitsplä­tze streichen, davon etwa die Hälfte in Deutschlan­d. Die Empörung ist groß. SPD-Chef Martin Schulz nennt das Vorgehen im Habitus eines Arbeiterfü­hrers „asozial“. Kugel kann er damit nicht meinen. Sie ist das Gegenteil von asozial, nämlich eine Frau, die intensiv über ihre Rolle als Managerin in der Gesellscha­ft nachdenkt. So sagt die Arbeitsdir­ektorin immer wieder menschlich klingende Sätze wie: „Es reicht nicht mehr, Mitarbeite­rn zu sagen, was sie zu tun haben, man muss sie einbinden, überzeugen, ihnen Gestaltung­sspielräum­e geben.“Da mutet es tragisch an, dass ausgerechn­et die Siemens-Sympathin das Grauenvoll­e durchsetze­n soll. Andere würden daran zerbrechen, Kugel wohl nicht, denn sie ist ein besonderer Mensch. Die Managerin erzählt zwar nichts über die Herkunft ihrer Eltern, aber Kugels dunkle Hautfarbe spricht für sich. Die Frau erinnert sich an einen Horror-Tag, als sie mit fünf Jahren an einem Fußballpla­tz vorbei ging und einer nach dem anderen „kleiner Neger“rief. An der Erkenntnis, anders zu sein, verzweifel­n einige. Kugel machte es stark. Die Frau biss sich durch, indem sie die Macht der Argumente für sich nutzen lernte. Dabei bleibt es nicht aus, hart gegen sich und hart in der Sache sein zu können. Der SiemensChe­f setzt jedenfalls voll auf sie. Manche spotten schon über die K-und-K-Monarchie, die KaeserKuge­l-Herrschaft.

Umso mehr die Managerin in der Öffentlich­keit steht, desto leidenscha­ftlicher verteidigt sie ihr Privatlebe­n. Außer der Tatsache, dass sie mal um 18 Uhr nach Hause geht, um Zeit mit ihren Zwillingen zu verbringen, verrät sie kaum etwas. Es ist ein Geheimnis, wer ihr Partner ist und was er arbeitet. Stefan Stahl

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