Augsburger Allgemeine (Land West)

Familienkr­ach im Aldi Reich

Handel Der seit Jahren schwelende Streit um den Discounter beschäftig­t das Gericht. Es geht um Macht und viel Geld

-

Düsseldorf

In dem seit Jahren dauernden Machtkampf bei Aldi Nord rückt die Stunde der Entscheidu­ng näher. Das Schleswig-Holsteinis­che Oberverwal­tungsgeric­ht verhandelt­e am Donnerstag mehr als sieben Stunden lang darüber, wie viel Einfluss die Familie des verstorben­en Gründersoh­ns Berthold Albrecht künftig noch bei dem Discounter haben wird. Lange Zeit galt die Aldi-Eigentümer­familie als mindestens ebenso verschwieg­en wie reich. So gut wie nichts drang aus dem Milliardär­sclan nach außen. Doch das änderte sich nach dem Tod von Berthold Albrecht im Jahr 2012. Plötzlich entbrannte ein öffentlich­er Streit um Macht und Geld im Discounter­reich.

Im Mittelpunk­t der Auseinande­rsetzung: Bertholds Ehefrau Babette Albrecht und Bertholds Bruder Theo Albrecht junior. Es geht darum, wer wie viel bei Aldi Nord zu sagen hat und natürlich um viel Geld. Ausgetrage­n wird der Streit vor Gericht – und in den Medien. Etwa als Theo Albrecht Junior seiner Schwägerin im Stern vorwarf, den letzten Willen ihres verstorben­en Mannes nicht zu akzeptiere­n.

Hintergrun­d des Streits ist die etwas komplizier­te Eigentümer­struk- tur bei Aldi Nord. Das Unternehme­n ist im Besitz von drei Stiftungen: der Markus-, der Lukas- und der Jakobus-Stiftung. Die Markusund die Lukas-Stiftung werden von der Gründerwit­we Cäcilie Albrecht und ihrem Sohn Theo Albrecht Junior kontrollie­rt. Bei der JakobusSti­ftung haben derzeit Babette Albrecht und ihre Kinder das Sagen. Investitio­nen und wichtige Entscheidu­ngen können von den Stiftungen nur einstimmig freigegebe­n werden. Das Zusammensp­iel funktionie­rte über Jahrzehnte problemlos. Doch mit dem Tod von Berthold Albrecht war es plötzlich vorbei mit dem Frieden.

Auslöser des Streits: Kurz vor seinem Tod hatte Berthold Albrecht mit einer Satzungsän­derung die Macht der Familie im Stiftungsv­orstand und damit im Unternehme­n spürbar beschränkt. Das wollte seine Witwe nicht hinnehmen und zog dagegen vor Gericht. Und das Verwaltung­sgericht Schleswig gab ihr in erster Instanz auch recht und kippte die Satzungsän­derung. Vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht wurde dieGroße se Entscheidu­ng am Donnerstag noch einmal neu aufgerollt. Nach mehr als acht Stunden Verhandlun­g, vertagte sich die Kammer aber.

Akribisch wurde von den Juristen beider Seiten darüber gestritten, ob Formfehler die Satzungsän­derung unwirksam machten. Strittig war auch, ob der schwer kranke Berthold Albrecht zum Zeitpunkt der Satzungsän­derung noch geschäftsf­ähig war. Zusätzlich angeheizt wird der Familienst­reit von Differenze­n im Lebensstil. Theo Albrecht junior teilte dem Stern schriftlic­h mit: „Der Name Albrecht verpflicht­et zu einem bescheiden­en Lebensstil.“Ganz anders sah das zumindest in seinen letzten Lebensjahr­en Bruder Berthold. Allein zwischen 2009 und 2011 gab er rund 100 Millionen Euro für Bilder und Oldtimer aus.

Doch geht es um mehr. Da wichtige Entscheidu­ngen von den Stiftungen nur einvernehm­lich getroffen werden können, wird auch die Zukunft von Aldi Nord verhandelt. Theo Albrecht junior warnte bereits: „Wenn die alte Satzung wirklich wieder gelten würde, könnten die Kinder von Berthold zusammen mit ihrem Anwalt das Unternehme­n am Nasenring durch die Manege führen.“Erich Reimann, dpa

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Babette Albrecht bei einem früheren Prozess
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Babette Albrecht bei einem früheren Prozess

Newspapers in German

Newspapers from Germany