Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Rennen um die größte Batterie der Welt

Energie Der grüne Strom aus Sonne und Wind muss auch gespeicher­t werden. In Norddeutsc­hland gibt es jetzt einen Plan

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Berlin

Die Gemeinde Jemgum in Ostfriesla­nd ist bundesweit nicht gerade bekannt. Neben Kuhweiden gibt es einen Fischereih­afen und ein Ziegeleimu­seum. Bald aber könnte ganz Deutschlan­d auf Jemgum blicken. Denn der Ort an der EmsMündung ist in der Auswahl derjenigen Standorte, an denen der regionale Versorger EWE mit Wissenscha­ftlern aus Jena eine riesige Batterie bauen könnte. Es handelt sich um einen Stromspeic­her für den Tagesbedar­f von 75 Haushalten – was weniger spektakulä­r klingt, als es eigentlich ist. Denn seit Jahren zerbrechen sich Forscher und Firmen den Kopf: Wie kann Strom aus Wind und Sonne in großen Mengen gespeicher­t werden? Das ist eine Schlüsself­rage der Energiewen­de in Deutschlan­d, denn Strom wird auch bei Flaute und Dunkelheit gebraucht.

Im Labor ist nun in Jena der Nachweis gelungen, dass das geplante Verfahren funktionie­ren würde: Strom unter Tage in einem Gemisch aus Salzwasser und elektrisch geladenen Kunststoff­teilchen zu speichern. Vom „fehlenden Puzzleteil“für mehr Grün-Strom, der „größten Batterie der Welt“, ja dem „Zaubertran­k der Energiewen­de“ist die Rede. Doch so weit ist es längst nicht. Erstens, weil die Batterie im Salzstock nicht die einzige Speichermö­glichkeit ist. Und zweitens, weil es auf viele wichtige Fragen noch keine Antwort gibt.

Salzstöcke in Deutschlan­d können so groß sein, dass der Kölner Dom hineinpass­te. Das Modell, das Ulrich Schubert nach Berlin gebracht hat, passt in einen Koffer. Der Jenaer Chemiker zeigt auf den schwarzen Kasten, die Schläuche und Plastikröh­rchen. „Es besteht damit die Möglichkei­t, etwas Revolution­äres zu machen“, sagt er. Auf dem Tisch steht eine Flüssigbat­terie. Wie in einer handelsübl­ichen Batterie bewegen sich darin Ionen – elektrisch geladene Teilchen – von einem Pol zum anderen. Der Unterschie­d: Die Einheit, in der Strom über Membranen in die Batterie hineinund aus ihr herausflie­ßt, ist vom Speicherme­dium getrennt. Damit gibt es keine Größenbesc­hränkung für den Speicher – nur die Dimension des Salzstocks.

700 Megawattst­unden will EWE unter Tage speichern, die Energie von etwa zwei Dutzend Windrädern. Mehrere tausend Tonnen Polymere – winzige Kunststoff­teile – sollen dafür im Jahr 2023 unter Tage gepumpt und elektrisch aufgeladen werden.

Bisher wird Energie fast ausschließ­lich in Pumpspeich­erkraftwer­ken gespeicher­t: Strom treibt Pumpen an, mit denen Wasser in einen See hinaufbefö­rdert wird, das bei Bedarf wieder hinabfließ­t und Generatore­n antreibt. 32 solche Anlagen gibt es nach Angaben des Bundesverb­ands der Energie- und Wasserwirt­schaft in Deutschlan­d. Eigentlich eine bewährte und effiziente Technik. Doch ihr Ausbau stockt.

Die Betreiber kritisiere­n – wie auch EWE – zu hohe staatliche Abgaben für Stromspeic­her. Erst im

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