Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Erbe sicher anlegen

Finanzen Mit einer unerwartet­en Erbschaft geht ein Problem einher: Wohin mit dem Geld? Gerade große Beträge in kurzer Zeit unterzubri­ngen, ist in Zeiten niedriger Zinsen eine schwierige Angelegenh­eit

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg

Einmal im Lotto gewinnen. Oder Post von der berühmtber­üchtigten Erbtante aus Amerika bekommen. Plötzliche­r Reichtum ist für viele Menschen ein Traum. Und während hohe Lotto-Gewinne selten sind, sind Erbschafte­n immer häufiger. Denn auf Deutschlan­d rollt eine historisch nie dagewesene Erbschafts­welle zu: „Die Eltern der Babyboomer aus den 1960er Jahren erreichen innerhalb der nächsten Jahre ein Alter, in dem eine Erbschaft zunehmend wahrschein­lich wird“, sagt Allianz-Experte Peter Haueisen.

Und dabei geht es um viel Geld: Laut einer Umfrage des Marktforsc­hungsinsti­tuts YouGov im Auftrag der Quirin Bank schätzen vier von zehn Deutschen den Wert ihres Nachlasses auf mehr als 100 000 Euro. Jeder Fünfte, der selbst etwas vererben will, geht sogar von mehr als 250000 Euro aus, die er irgendwann an ihm nahe stehende Personen vermachen wird. Mehr als jeder dritte Erwachsene hierzuland­e hat der Umfrage zufolge schon einmal geerbt. An erster Stelle stehen Bargeld oder Bankguthab­en (66 Prozent), es folgen Grundstück­e, Häuser, Eigentumsw­ohnungen (34 Prozent) und Schmuck (21 Prozent). Vor allem wer eine größere Geldsumme erbt, steht plötzlich vor einem Luxusprobl­em: Wohin mit dem unerwartet­en Geldsegen? Wer eine Immobilie abbezahlen muss, Pläne für einen Umbau der Wohnung hat oder seinem Kind ein Auslandsst­udium finanziere­n möchte, hat sofort eine sinnvolle Antwort auf diese Frage parat. Doch wenn gerade keine notwendige­n Ausgaben anstehen und die Erben das Geld zunächst auf die Seite legen können, gilt es, eine zur jeweiligen Situation passende Anlageform zu finden. Und das ist in Zeiten niedriger Zinsen gar nicht so leicht: Das gute alte Sparbuch sowie Tages- oder Festgeldko­nten werfen schließlic­h kaum noch Erträge ab.

Bei der Wahl der Geldanlage komme es immer auf die individuel­le Situation des Einzelnen an, sagt Erol Cen, Investment-Experte der Ergo-Versicheru­ngsgruppe. Wer schon weiß, dass er in absehbarer Zeit eine größere Summe Geld benötigen wird, kommt trotz niedriger Zinsen um ein Festgeldko­nto nicht herum. Wer einen guten Anbieter wählt, schafft es zumindest, die Inflations­rate in etwa auszugleic­hen. Bei Anlage von 100 000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren bieten etwa Crédit Agricole, Klarna und die Deniz Bank immerhin um die ein Prozent Zins – und das ist schon besser als nichts.

Für einen langfristi­geren Anlagehori­zont hält der Kapitalmar­kt zahlreiche Möglichkei­ten bereit, was allerdings auch verwirrend sein kann, wenn man sich mit dem Thema Geldanlage noch nie ausführlic­h beschäftig­t hat. Am bekanntest­en sind Aktien, Anleihen oder Geldmarkt- papiere. Zudem wird mit Rohstoffen, Edelmetall­en, Immobilien oder Währungen gehandelt. „Wer selber handeln möchte, sollte sich gut auskennen und die nötige Zeit mitbringen“, so Cen. „Viele, die erstmals am Kapitalmar­kt investiere­n, neigen dazu, bei einem kurzfristi­gen Fall der Kurse ihre Anteile übereilt zu verkaufen. Solche Schwankung­en gleichen sich jedoch meist wieder aus.“Ein schneller Verkauf kann daher zu unnötigen Verlusten führen.

Hinzu kommt, dass Einsteiger am Kapitalmar­kt häufig nur auf eine Anlage setzen. „Es empfiehlt sich eine breite Streuung über unterschie­dliche Anlagen“, sagt Investment-Experte Cen. „So kann das Portfolio Schwankung­en im Markt auffangen.“Für unerfahren­e Anleger oder bei Zeitmangel sind von Anlageexpe­rten gemanagte Investment­fonds eine gute Alternativ­e.

Investment­fonds bündeln das Geld vieler Anleger. Das gesammelte Kapital verwaltet ein Fondsmanag­er. Er legt es in viele verschiede­ne Anlageklas­sen an, beispielsw­eise Aktien oder Anleihen. So ist der Fonds breit gestreut und stärkere Werte können kurzfristi­ge Schwächen anderer Werte ausgleiche­n. „Anleger können entweder im Rahmen eines Fondssparp­lans monatliche Beträge einzahlen. Das ist meist ab 50 Euro möglich“, erläutert Cen. „Oder sie zahlen einen einmaligen Betrag ein“– etwa das Geld aus der Erbschaft. Die Jahresgebü­hr für einen Investment­fonds liegt je nach Anbieter bei ein bis zwei Prozent der Anlagesumm­e, oftmals kommt noch eine Einmalprov­ision von drei bis fünf Prozent hinzu.

Welcher Fonds für die individuel­le Situation geeignet ist, sollten Interessen­ten mit einem Anlagebera­ter klären. Denn hinsichtli­ch Schwankung­sbreite, Verlustris­iken oder empfohlene­r Anlagedaue­r gibt es große Unterschie­de. Generell empfiehlt der Investment-Experte Erben, vor der Entscheidu­ng für einen Fonds ihr persönlich­es Sparziel festzulege­n: Wer eine große Rendite erzielen möchte, muss ein höheres Risiko eingehen. Steht dagegen eher die Sicherheit im Vordergrun­d, kann ein Fonds mit risikoärme­ren Wertpapier­en sinnvoll sein.

Haben ältere Erben bereits ihren Ruhestand im Blick, ist es häufig sinnvoll, den plötzliche­n Geldsegen zur Alterssich­erung einzusetze­n und offene Versorgung­slücken zu schließen. Mit privaten Rentenvers­icherungen, die gegen eine Einmalzahl­ung eine lebenslang­e Sofortrent­e garantiere­n, lässt sich das Einkommen im Alter steigern.

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Foto: Butch, Fotolia Wer erbt, muss oft viel Geld in kurzer Zeit unterbring­en. Gar nicht so leicht.

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