Augsburger Allgemeine (Land West)
Weiter so – bis zum Verkehrsinfarkt?
Mobilität Auf wichtigen Straßen ist der Stau der tägliche Begleiter Tausender Menschen. So könne es nicht weitergehen, sagen nun Politiker aus dem Landkreis. Doch sie haben ein Problem
Landkreis Augsburg
Jeden Morgen ist im Augsburger Land eine ganze Großstadt unterwegs. Rund 100000 Menschen sind auf dem Weg zu ihren Arbeitsplätzen, fahren aus Augsburg nach Gersthofen, aus Königsbrunn nach München oder aus Neusäß nach Augsburg – viele davon mit dem Auto. Und der Stau ist ihr täglicher Begleiter. Von B 2, B 17 und A 8 häufen sich die Staumeldungen – von der chronisch verstopften B300 spricht außer dem Verkehrsfunk ohnehin kaum mehr einer.
An den großen Verkehrsadern zeige sich, wie wenig die Region auf das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum vorbereitet sei, sagt die SPD-Politikerin Simone Strohmayr. Die Landtagsabgeordnete und Kreisrätin aus Stadtbergen macht das auch am eigenen Empfinden fest: „Ich fühle mich in Stadtbergen regelrecht eingekesselt.“So wie Strohmayr scheint es vielen Bürgern im Augsburger Land zu gehen. Ob in Zusmarshausen, Dinkelscherben oder Neusäß: Die Klage über die Verkehrsbelastung ist der durchgängige Tenor vieler Bürgerversammlungen, die derzeit stattfinden.
kommen die nackten Fakten: Der Bestand an Kraftfahrzeugen ist in den vergangenen zehn Jahren stetig angestiegen, inzwischen kommen im Augsburger Land auf knapp 250 000 Einwohner fast 230 000 Kraftfahrzeuge. Der Ausbau von Straßen und Schienenwegen hält da nicht mit.
Voneinander unabhängig fordern nun die Kreistagsfraktionen der Freien Wähler und der Grünen, dass sich die Kreispolitik der Sache annimmt. „Der Verkehr in unserem Augsburger Land hat ein Ausmaß erreicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises und die Lebensqualität seiner Bürger erheblich beeinträchtigt,“sagt der FW-Fraktionsvorsitzende Fabian Mehring und prophezeit einen Verkehrsinfarkt.
Dass es so weit gekommen ist, machen die FW auch am Nahverkehrsangebot des AVV fest. „In und um Augsburg pflegen wir einen der teuersten öffentlichen Personennahverkehre in Deutschland überhaupt“, bemängelt der Landtagsabgeordnete Johann Häusler, der auf sinkende Fahrgastzahlen verweist. Wie mehrfach berichtet, soll eine Tarifreform ab dem neuen Jahr mehr Kunden bringen. Ob dies ge- lingt, darüber gehen die Ansichten auseinander.
Mehring hält die Probleme zum Teil auch für hausgemacht: „Wer beispielsweise auf dem Lechfeld ständig neue Logistiker ansiedelt und sich dann wundert, woher die vielen Lkw kommen, der zählt eins und eins nicht richtig zusammen.“Die FW erneuern deshalb jetzt ihre Forderung nach einem Verkehrskongress, in dem intelligente Lösungen gesucht werden sollen. Denn, so ihr Kreisvorsitzender Markus Brem: Ein unbegrenzter Ausbau der Verkehrswege könne weder finanziell, verkehrsfachlich noch ökologisch die Lösung sein.
Grüne erinnern an große Nahverkehrsprojekte
Die Grünen im Kreistag versprechen sich etwas von einer Stelle für Verkehrsmanagement im Landratsamt, welche die verschiedenen Akteure unter einen Hut bringt. Im Landkreis Starnberg funktioniere so etwas, sagt Fraktionschefin Silvia Daßler und lenkt das Augenmerk auf große Nahverkehrsprojekte, die im Landkreis seit Jahren diskutiert werden und deren Umsetzung die Grünen anmahnen.
Dazu zählen neben VerbesserunHinzu gen beim Fugger-Express und der für 2021 versprochenen Reaktivierung der Staudenbahn der Güterbahnhof im Güterverkehrszentrum, der Bau der Straßenbahnlinie 5 sowie die regionale S-Bahn. Ein richtiger Viertelstundentakt dort scheitert seit vielen Jahren an fehlenden Gleisen, weshalb die Grünen für das dritte Gleis im Westen zwischen Augsburg und Dinkelscherben einen Zeitplan fordern. Vorgestellt werden solle der Sachstand der Projekte dem Kreistag. Das Gremium kann damit zwar zur Bühne werden, zu entscheiden hat es in diesem Zusammenhang aber wenig.
Bereits in der Vergangenheit hatte der bayerische Bahnchef KlausDieter Josel dort zum Thema „Dritte Gleise“referiert, ebenso der Augsburger Stadtwerkechef Walter Casazza. Ähnliches ließe sich vermutlich wieder bewerkstelligen, heißt es aus der Landkreisverwaltung. Zudem soll der neue stellvertretende Chef des staatlichen Bauamtes, Stefan Scheckinger, im kommenden Jahr die großen Straßenbauprojekte vorstellen. Dabei wird dann einmal mehr die B-300-Umfahrung für Diedorf und Vogelsang im Blickpunkt stehen.