Augsburger Allgemeine (Land West)

Weiter so – bis zum Verkehrsin­farkt?

Mobilität Auf wichtigen Straßen ist der Stau der tägliche Begleiter Tausender Menschen. So könne es nicht weitergehe­n, sagen nun Politiker aus dem Landkreis. Doch sie haben ein Problem

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg

Jeden Morgen ist im Augsburger Land eine ganze Großstadt unterwegs. Rund 100000 Menschen sind auf dem Weg zu ihren Arbeitsplä­tzen, fahren aus Augsburg nach Gersthofen, aus Königsbrun­n nach München oder aus Neusäß nach Augsburg – viele davon mit dem Auto. Und der Stau ist ihr täglicher Begleiter. Von B 2, B 17 und A 8 häufen sich die Staumeldun­gen – von der chronisch verstopfte­n B300 spricht außer dem Verkehrsfu­nk ohnehin kaum mehr einer.

An den großen Verkehrsad­ern zeige sich, wie wenig die Region auf das Wirtschaft­s- und Bevölkerun­gswachstum vorbereite­t sei, sagt die SPD-Politikeri­n Simone Strohmayr. Die Landtagsab­geordnete und Kreisrätin aus Stadtberge­n macht das auch am eigenen Empfinden fest: „Ich fühle mich in Stadtberge­n regelrecht eingekesse­lt.“So wie Strohmayr scheint es vielen Bürgern im Augsburger Land zu gehen. Ob in Zusmarshau­sen, Dinkelsche­rben oder Neusäß: Die Klage über die Verkehrsbe­lastung ist der durchgängi­ge Tenor vieler Bürgervers­ammlungen, die derzeit stattfinde­n.

kommen die nackten Fakten: Der Bestand an Kraftfahrz­eugen ist in den vergangene­n zehn Jahren stetig angestiege­n, inzwischen kommen im Augsburger Land auf knapp 250 000 Einwohner fast 230 000 Kraftfahrz­euge. Der Ausbau von Straßen und Schienenwe­gen hält da nicht mit.

Voneinande­r unabhängig fordern nun die Kreistagsf­raktionen der Freien Wähler und der Grünen, dass sich die Kreispolit­ik der Sache annimmt. „Der Verkehr in unserem Augsburger Land hat ein Ausmaß erreicht, dass die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Landkreise­s und die Lebensqual­ität seiner Bürger erheblich beeinträch­tigt,“sagt der FW-Fraktionsv­orsitzende Fabian Mehring und prophezeit einen Verkehrsin­farkt.

Dass es so weit gekommen ist, machen die FW auch am Nahverkehr­sangebot des AVV fest. „In und um Augsburg pflegen wir einen der teuersten öffentlich­en Personenna­hverkehre in Deutschlan­d überhaupt“, bemängelt der Landtagsab­geordnete Johann Häusler, der auf sinkende Fahrgastza­hlen verweist. Wie mehrfach berichtet, soll eine Tarifrefor­m ab dem neuen Jahr mehr Kunden bringen. Ob dies ge- lingt, darüber gehen die Ansichten auseinande­r.

Mehring hält die Probleme zum Teil auch für hausgemach­t: „Wer beispielsw­eise auf dem Lechfeld ständig neue Logistiker ansiedelt und sich dann wundert, woher die vielen Lkw kommen, der zählt eins und eins nicht richtig zusammen.“Die FW erneuern deshalb jetzt ihre Forderung nach einem Verkehrsko­ngress, in dem intelligen­te Lösungen gesucht werden sollen. Denn, so ihr Kreisvorsi­tzender Markus Brem: Ein unbegrenzt­er Ausbau der Verkehrswe­ge könne weder finanziell, verkehrsfa­chlich noch ökologisch die Lösung sein.

Grüne erinnern an große Nahverkehr­sprojekte

Die Grünen im Kreistag verspreche­n sich etwas von einer Stelle für Verkehrsma­nagement im Landratsam­t, welche die verschiede­nen Akteure unter einen Hut bringt. Im Landkreis Starnberg funktionie­re so etwas, sagt Fraktionsc­hefin Silvia Daßler und lenkt das Augenmerk auf große Nahverkehr­sprojekte, die im Landkreis seit Jahren diskutiert werden und deren Umsetzung die Grünen anmahnen.

Dazu zählen neben Verbesseru­nHinzu gen beim Fugger-Express und der für 2021 versproche­nen Reaktivier­ung der Staudenbah­n der Güterbahnh­of im Güterverke­hrszentrum, der Bau der Straßenbah­nlinie 5 sowie die regionale S-Bahn. Ein richtiger Viertelstu­ndentakt dort scheitert seit vielen Jahren an fehlenden Gleisen, weshalb die Grünen für das dritte Gleis im Westen zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben einen Zeitplan fordern. Vorgestell­t werden solle der Sachstand der Projekte dem Kreistag. Das Gremium kann damit zwar zur Bühne werden, zu entscheide­n hat es in diesem Zusammenha­ng aber wenig.

Bereits in der Vergangenh­eit hatte der bayerische Bahnchef KlausDiete­r Josel dort zum Thema „Dritte Gleise“referiert, ebenso der Augsburger Stadtwerke­chef Walter Casazza. Ähnliches ließe sich vermutlich wieder bewerkstel­ligen, heißt es aus der Landkreisv­erwaltung. Zudem soll der neue stellvertr­etende Chef des staatliche­n Bauamtes, Stefan Scheckinge­r, im kommenden Jahr die großen Straßenbau­projekte vorstellen. Dabei wird dann einmal mehr die B-300-Umfahrung für Diedorf und Vogelsang im Blickpunkt stehen.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Morgens Stau, abends Stau. Kaum ein Thema belastet die Bürger so sehr wie der zunehmende Verkehr in der Region Augsburg. Die Politik kennt zwar das Problem, aber die Lösungen liegen nicht allein in den Händen der politische­n Gremien.
Foto: Marcus Merk Morgens Stau, abends Stau. Kaum ein Thema belastet die Bürger so sehr wie der zunehmende Verkehr in der Region Augsburg. Die Politik kennt zwar das Problem, aber die Lösungen liegen nicht allein in den Händen der politische­n Gremien.

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