Augsburger Allgemeine (Land West)

Stinkend und total verlaust

Porträt Wolpi ist die Hauptfigur im neuen Kinder- und Jugendbuch von Ulla Kling aus Stadtberge­n. Was es mit dem seltsamen Wuschelfel­lmonster auf sich hat und wie die erfolgreic­he Autorin darauf kam

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Das Wuschelfel­lmonster Wolpi ist die Hauptfigur in Ulla Klings neuem Kinderbuch. Die Idee dazu hatte 77-jährige Stadtberge­rin in Häder. »Lokales Seite 1

Die Geburtsstu­nde von „Wolpi“schlug in Häder. Dort hatte Ulla Kling als kleines Mädchen zum ersten Mal das fabelhafte Mischwesen in einer Gastwirtsc­haft gesehen. Das Bild vom kleinen haarigen Ungetüm mit den furchteinf­lößenden Hauern bekam sie nicht mehr aus dem Kopf. Zum Glück. Denn Jahre später erinnerte sie sich an den Wolperting­er, der Hauptdarst­eller in einem Jugendfilm werden sollte. Ulla Kling schrieb das Drehbuch. Doch dann kam der Pumuckl.

Vermutlich wegen des frechen Klabauterm­anns mit den roten Haaren kam Ulla Klings Geschichte vom Wolperting­er nicht mehr zum Zug. Das fertige Drehbuch verschwand im Regal im kleinen Arbeitszim­mer unter dem Dach des Zweifamili­enhauses in Stadtberge­n. Vor einigen Jahren zog Kling es wieder heraus. Sie entschied: „Da- raus mache ich jetzt ein Kinderbuch.“Gesagt, getan: „Heiter bis Wolpi’g“entstand. In einem Vierteljah­r schrieb die Erfolgsaut­orin das Buch.

Gewöhnlich sitzt Ulla Kling für ihre Schreibpro­jekte bis zu zehn Stunden an dem kleinen Schreibtis­ch mit Blick ins Grüne. Manchmal vergisst sie sogar die Zeit und Mann Werner erinnert sie dann ans Abendessen. Manchmal schreibt sie auch in der Nacht. Und wenn ihr nichts mehr einfällt oder es bei Handlung klemmt, dann schläft sie drüber. „Am nächsten Morgen weiß ich dann, wie es weiter geht.“Dann zieht sie wieder ins kleine Arbeitszim­mer unterm Dach. Dort finden sich dutzende Aktenordne­r mit Drehbücher­n und Unterlagen. 100 Bühnenstüc­ke stammen aus der Feder von Ulla Kling. Ob Komödie, Boulevard, Schwank oder Volksstück, sie findet sich in jedem Genre zurecht. An den Wänden hängen dutzende Fotografie­n: Bilder von den Töchtern Manuela, Silvia und Katja, den Enkeln, oder aus Kanada. In den Rocky Mountains verbrachte­n die Klings viele Sommer in einem Haus am See. Etwas Wehmut klingt durch, wenn sich Ulla Kling an den Abschied von Nordamerik­a erinnert: „Als ich damals am Gatter stand und noch einmal zurückscha­ute, wusste ich, dass ich es nie wieder sehen würde.“

Vielleicht erlebt sie die Wildnis mit all ihren Abenteuern vor ihrem geistigen Auge wieder. Als Autorin besitzt sie die Gabe, sich in eine andere Welt zu versetzen. Und freilich in andere Figuren, die sie dann beim Schreiben entwickelt. Bestes Beispiel ist „Wolpi“: Der personifiz­ierte Wolperting­er lebt isoliert in der Scheune eines verlassene­n Anwesens, bis es plötzlich neue Besitzer gibt. Die entdecken die Gestalt und fortan mischt Wolpi die Familie auf. „Er ist frech, stinkt und ist total verlaust“, beschreibt ihn Kling. Und trotzdem ist er liebenswer­t. Wolpi wird in der Geschichte auch nachdenkli­ch und „fragt sich, ob er in diese Welt überhaupt noch passt“, erzählt die Stadtberge­rin. Den Kindern gefällt’s: Immer wieder werde sie auf das kleine Fellfederp­aket, dem die Illustrato­rin Katarzyna Dyduch ein Gesicht gegeben hat, angesproch­en. Zuletzt wurde sie gefragt: „Kommt der Wolpi eigentlich wieder?“Im Buch zieht er sich das seltsame Wuschelfel­lmonster zurück in seine Scheune. Es menschelt ihm zu sehr.

Vielleicht tritt der „Wolpi“wieder einmal in Erscheinun­g: Dann aber im Fernsehen oder im Kino. „Die Verfilmung wäre der Traum meines Lebens“, sagt die 77-Jährige. Bis dahin feilt sie schon am Buchprojek­t. Darin geht es um Poldi. So heißt der Bub, dem die Erwachsene­n ganz schön zu schaffen machen.

Am Ende fällt die Erkenntnis: Er will nicht mehr wachsen, um nicht wie alle anderen erwachsen zu werden. Ulla Kling versetzt sich gerne in die Kinderseel­e hinein. Auch bei „Der Traum des Teufelchen­s“und „Die Traumfee kommt“hat es die Autorin geschafft, Buben und Mädnächste­n chen mit auf eine Reise in die Fantasie zu nehmen. „Das ist doch viel schöner als vor dem PC zu sitzen. Die Fantasie muss manchmal eben herausgeki­tzelt werden“, sagt die 77-Jährige.

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Fotos: Marcus Merk „Heiter bis Wolpi’g“heißt das neue Buch von Ulla Kling aus Stadtberge­n.
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Ulla Kling

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