Augsburger Allgemeine (Land West)

Der gefrorene Himmel

Ausstellun­g Winterbild­er aus über acht Jahrzehnte­n in der Schwäbisch­en Galerie Oberschöne­nfeld

- VON GÜNTER OTT

Viel Schnee und wenig klirrende Kälte, so könnte man den Titel der Winter-Ausstellun­g in der Schwäbisch­en Galerie in Oberschöne­nfeld abwandeln. Die vierte Jahreszeit zeigt sich in der überwiegen­d aus eigenen Beständen bestückten Schau eher melancholi­sch eingefärbt, als dass sich Gefahren und Entbehrung­en aufdrängte­n. Landschaft­en reihum, meist menschenle­er, oft mit Wegen und Gewässern, die ins Bild geleiten, Behausunge­n streifen und an Bergketten enden.

Otto Schorer, der das Plakatmoti­v beiträgt, inszeniert noch ums Jahr 1970 jugendlich-zipfelmütz­ige Winter-Freuden auf dem Eis. Das hat den naiven Charme des Gestrigen, siehe die Kleidung, siehe die aufwärtsge­bogenen Kufen. In den frühen gemalten Winter-Landschaft­en, zum Beispiel in Bruegels berühmten „Jägern im Schnee“(1565), war das Schlittsch­uhlaufen immer auch Metapher für die Gefahren an Leib und Seele. Mit solchen Abgründen wird der Betrachter bei Otto Schorer nicht behelligt.

Winter bzw. Schnee gehen den Künstlern im Übrigen leicht zur Hand: Man spart Teile des Bildgrunde­s aus, lässt Weißfläche­n stehen (oder versieht sie mit einem Farbhauch) – schon stellt sich die Anmutung von Schnee ein. Das erlaubt ein großzügige­s, auch großräumig­es, abstrahier­endes Arbeiten. Florina Coulin und Helmut C. Walter liefern ansprechen­de Varianten.

Mechthild Müller-Hennig hat im Obergescho­ss der Galerie 25 Bilder von 18 Künstlern und drei Künstlerin­nen zusammenge­tragen, von den 1930er Jahren bis in die Gegenwart. Frost und Kälte springen einen in Otto Schlossers hartkantig­en, grafisch reduzierte­n Felsformat­ionen an, in Edith Baumanns sich aufwerfend­em Bildträger mit blassgrüne­n Einsprengs­eln, in Wilhelm Egers wohlkompon­ierter Ansicht mit den bezeichnen­den Himmelskri­stallen – Gefrierspu­ren beim Aquarellie­ren im Freien (unser Bild).

Christian Hörl abstrahier­t den März-Schnee zum Flockenmus­ter und wahrt schon in der Technik (Siebdruck und Lack auf Aluminium) gehörigen Abstand zu den in dieser Ausstellun­g üblichen WinterTabl­eaus. Das trifft auch auf Szilard Huszank zu. Er hat den Mut zum Rosa, rückt die durchaus konvention­elle Anlage (Fluss mit Bäumen) ins Imaginäre und setzt dem (im Titel nicht ausdrückli­ch bezeichnet­en) Winter ein kalt-irisierend­es Licht auf. Nicht zuletzt sind seinem Ölbild von 2017 geradezu schulmäßig Spielarten des Farbauftra­gs bzw. des Gebrauchs von Pinsel und Spachtel abzulesen.

Der Rundgang führt vorbei an Hans Härtels duftig-fahler StraßenSki­zze; an Franz Bauers spätwinter­licher Verästelun­g in Braun; an Edeltraud Abels dicht gestaffelt­er, am Horizont in freien Blauzügen endender Gouache; an Hermann Fischers von schön quellendem Gewölk belebter Staudenlan­dschaft, auch an Josef Dilgers grobschläc­htiger Malerei.

Das Ganze endet in der Vitrine, bei Josef Madlener. Er öffnet ein Bildfenste­rchen zum Stall von Bethlehem, lässt einen prachtvoll­en Stern im Himmelsrot aufleuchte­n – wie ihm überhaupt der besternte Himmel am Künstlerhe­rzen liegt; dafür steht auch sein Holzschnit­t. O

Die Winterbild­er in der Schwäbi schen Galerie in Oberschöne­nfeld sind bis zum 14. Januar 2018 zu sehen; Diens tag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr; Heilig abend und Silvester 10 bis 14 Uhr.

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Foto: Galerie Gefrierspu­ren im Freien: Wilhelm Egers Aquarell „Letzter Schnee“.

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