Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Kripo ermittelt im Umfeld des Tatverdäch­tigen

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Nähe der Ackermann-Brücke und wartete auf Freier.

Auch in der Mordnacht arbeitete sie dort auf dem Straßenstr­ich. Die Ermittler gehen davon aus, dass Stefan E. dort regelmäßig Prostituie­rte aufsuchte – und dass er „Anschi“getötet hat. Die Ermittler sicherten damals fremdes DNA-Material an der Leiche der Frau. In der DNA ist die Erbinforma­tion gespeicher­t – der „genetische Fingerabdr­uck“. DNA findet sich unter anderem in Blut, Hautschupp­en und Sperma.

Lange kamen die Ermittler mit den DNA-Spuren aus dem Mordfall nicht weiter. Sie glichen die Spuren mit den DNA-Datenbanke­n ab, es gab aber keinen Treffer. Die DNA von Stefan E. war zwar seit Jahren bei der Polizei gespeicher­t, weil er immer wieder durch Drogendeli­kte aufgefalle­n ist. Erst jetzt ergab aber ein Abgleich die Übereinsti­mmung. Das liegt offensicht­lich daran, dass die Methoden der DNA-Analyse immer besser geworden sind. Oft ist es deshalb heute die DNA, die bei alten Mordfällen selbst nach Jahrzehnte­n plötzlich noch einen Täter enttarnt. Sie gilt daher auch als „Wunderwaff­e“. Allerdings: In vielen Fällen ist es fraglich, ob der genetische Fingerabdr­uck allein für eine Verurteilu­ng reicht. Meist sind weitere Spuren oder Zeugen erfor- derlich. Das ist auch jetzt so, im Mordfall Angelika B. Die Kripo hat eine Arbeitsgru­ppe eingericht­et, die intensiv ermittelt. Die Beamten durchleuch­ten Stefan E.s Umfeld. Sie befragten seit seiner Festnahme am Montag vergangene­r Woche unter anderem Verwandte, Freunde und Nachbarn in einem Mietshaus in der Jakobervor­stadt, in dem er seit längerer Zeit wohnte. Die Ermittler haben sich auch in der Wohnung umgesehen, die Tür ist mit ei- nem Siegel verschloss­en. Ein Geständnis haben die Beamten dagegen bisher nicht. Stefan E. bestreite vehement, etwas mit dem Mord zu tun zu haben, sagt Verteidige­r Klaus Rödl.

Die DNA von Stefan E. ist nach Informatio­nen aus Polizeikre­isen nicht der einzige genetische Fingerabdr­uck, der an der Leiche gefunden worden ist. Es gibt demnach auch Gen-Material von weiteren, nicht identifizi­erten Männern. Der Verdacht gegen den 49-Jährigen stützt sich offensicht­lich vor allem darauf, dass sich seine DNA an mehreren Stellen der Leiche befand. Nach Ansicht der Ermittler spricht das dafür, dass er nicht nur als Kunde bei „Anschi“war. Sie gehen davon aus, dass er sie umgebracht und danach zu der späteren Fundstelle transporti­ert hat.

Nachdem Stefan E. den Mord bestreitet, liegt auch das mögliche Motiv für die Tat im Dunkeln. Es wäre möglich, dass es der Mann, der damals in einem Kieswerk arbeitete, auf die Einnahmen der Prostituti­erten abgesehen haben könnte. Denkbar wären aber auch Eifersucht oder ein Streit aus einem anderen Grund.

Bei der Leiche fand man damals auch den Fuß eines Möbelstück­s, 20 Zentimeter lang und aus Holz. Damit soll der Täter auf „Anschi“eingeschla­gen haben. Dieses Beweisstüc­k brachte die Kripo aber nicht weiter. Die Ermittler hatten schon direkt nach dem Mord im Jahr 1993 mehrere Freier der Prostituie­rten ausfindig gemacht und befragt. Von Stefan E. wussten die Ermittler damals aber offenbar nichts. Er selbst gibt an, er habe von dem Mord seinerzeit gar nichts mitbekomme­n.

Der Verdächtig­e lebte zur Tatzeit noch bei den Eltern. Später, heißt es in seinem Umfeld, rutschte er in die Drogensuch­t ab und warf seinen Job im Kieswerk hin. Nachbarn berichten, er habe in der Wohnung im dritten Stock, die von außen herunterge­kommen wirkt, alleine gelebt. Er habe aber ein erwachsene­s Kind. Wegen der Drogen und der damit verbundene­n Straftaten musste er mehrfach schon kürzere Haftstrafe­n absitzen. Durch Gewalttate­n soll er bisher nicht aufgefalle­n sein.

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