Augsburger Allgemeine (Land West)

Lohnt sich eine gemeinsame Kläranlage?

Abwasser Die Gemeinderä­te von Zusmarshau­sen und Horgau diskutiere­n das Für und Wider. Warum kleine Spitzen bei der gemeinsame­n Sitzung aber nicht ausbleiben

- VON GÜNTER STAUCH

Zusmarshau­sen/Horgau

Die Horgauer kämpften einst erbittert – und erfolgreic­h – gegen die Eingemeind­ung nach Zusmarshau­sen. 34 Jahre nach dem historisch­en Urteil des Bayerische­n Verfassung­sgerichts könnten die beiden Gemeinden jetzt wieder gemeinsame Sache machen: bei der Kläranlage. Und damit wieder Geschichte schreiben. Zumindest nach den Worten des heutigen Bürgermeis­ters. „Wenn wir uns für die gemeinsame Sache entscheide­n, dann wird uns das auf 50, ja sogar 100 Jahre aneinander binden“, kündigte Thomas Hafner bei einer Zusammenku­nft der Gemeinderä­te aus Zusmarshau­sen und Horgau an und saß dabei einträchti­g neben dem Bürgermeis­ter der Gemeinde, aus deren Gebietsref­orm-Fesseln man sich seinerzeit lösen wollte und dabei als „Rebellenor­t“bundesweit Berühmthei­t erlangt hatte.

Bernhard Uhl hatte zu Beginn der Beratung über ein gemeinsam betriebene­s Klärsystem weitaus nüchterner dargelegt, dass es sich dabei um ein interkommu­nales Projekt handelte. Ein Beschluss war diesmal noch nicht vorgesehen, aber zumindest auf Zusser Seite gab es die meisten zustimmend­en Diskussion­sbeiträge in Richtung gemeinsame­r Klärung.

Der Zusmarshau­ser Bürgermeis­ter stand nach eigener Darstellun­g etwas mehr unter Druck, weil die wasserrech­tliche Erlaubnis der örtlichen Kläranlage Ende kommenden Jahres abläuft und damit – im Gegensatz zum Nachbarort – dringender Handlungsb­edarf besteht. Dennoch bescheinig­te der an diesem Abend stark gefragte Planer Stefan Steinbache­r der Anlage aus dem Jahr 1998 eine „Topform“und „bestens gewartet, wie ich das noch nie zuvor irgendwo feststelle­n konnte“. Zwar halte das System die Belastunge­n noch aus, weil es auf 9000 Einwohnerw­erte (EW) ausgelegt sei. Dabei handelt es sich um eine in der Abwasserbr­anche übliche Rechengröß­e für den Schmutzein­trag, die allerdings nicht mit der Einwohnerz­ahl gleichgese­tzt werden kann. Für künftige Herausford­erungen empfahl der Experte eine Festlegung auf 12600 EW.

Gute Noten gab es auch für die Kläranlage an der Roth in Horgau, die „seit Jahrzehnte­n gute Dienste leistet und tadellos läuft“– allerdings „so nicht zukunftsfä­hig ist“. Obwohl der rechtliche Rahmen noch bis ins Jahr 2026 Bestand habe, riet der Fachmann auch hier, über eine Ertüchtigu­ng oder „über gemeinsame Lösungen nachzudenk­en“. Das könne etwa der Anschluss der Horgauer Kläreinric­htung an das dann modernisie­rte und vergrößert­e Zusmarshau­ser System sein. Der Planung zufolge würde von einer Pumpstatio­n in Horgau eine sieben Kilometer lange Leitung entlang der Staatsstra­ße zur Kläranlage an der Zusam führen.

Anhand umfangreic­her Tabellen mit Kostenverg­leichen zwischen gemeinsame­r wie getrennter Klärung machte Steinbache­r deutlich, dass die Unterschie­de in wirtschaft­licher Hinsicht kaum der Rede wert seien. Zu den eindeutige­n Vorteilen einer etwas teureren Einheitslö­sung zählte Steinbache­r etwa einen reduzierte­n Verwaltung­saufwand und bessere Möglichkei­ten zur Qualifizie­rung des Personals. Hinzu käme zum Beispiel die Entlastung des Rothsees. Letzteres lag vor allem Walter Aumann (SPD) „besonders am Herzen“, sagt er: „Ich tendiere zu einer gemeinsame­n Lösung.“

Mit einem gewissen Schmunzeln meldete sich daraufhin Johann Ohnesorg vom Bürgervere­in Rothtal zu Wort, dass dieses Gewässer Zusser Gebiet sei und dessen Gemeinde bei einer Erneuerung der Horgauer Anlage „uns doch etwas rübersprin­gen lassen“müsse. Woraufhin ein frotzelnde­r Zusmarshau­ser Rathausche­f künftige Eintrittsg­ebühren für Badegäste aus Horgau nicht ausschließ­en wollte. Zurückgeke­hrt zur Ernsthafti­gkeit lobte CSU-Fraktionsc­hef Hubert Kraus „den Mut der beiden Bürgermeis­ter zu diesem ersten Schritt“und der Diskussion, die nach den guten Erfahrunge­n etwa mit der gemeinsame­n Musikschul­e auf stabilen Grundlagen erfolgen könne. Daher riet Thomas Hafner, sich nicht schon jetzt an kleinsten Details festzubeiß­en, sondern in den kommenden Monaten darüber nachzudenk­en. Das Thema soll auf der Tagesordnu­ng bleiben.

Weil die Geräuschku­lisse am Schluss angesichts der geballten Anwesenhei­t von Mandatsträ­gern immer weiter anstieg, sah sich Gastgeber Bernhard Uhl gar gezwungen, das Ordnungsgl­öckchen zu schwingen. Verbunden mit der Idee, zur „Vertiefung“der Debatte gemeinsam ins nahe gelegene Pilsstübch­en zu marschiere­n.

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Foto: Markt Zusmarshau­sen So arbeitet die Kläranlage in Horgau heute.

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