Augsburger Allgemeine (Land West)

Auch im Alter kribbelt’s noch

Sportskano­nen Wilhelm Herfert versäumt trotz seiner 80 Jahre kein Training der Alten Herren des FC Langweid. Er ist dabei in guter Gesellscha­ft mit Claudia Pechstein, Jaromir Jagr oder Gianluigi Buffon

- VON OLIVER REISER

Landkreis

Fast doppelt so alt wie die Konkurrenz – und doch nicht zu schlagen: Erst vor wenigen Wochen hat Claudia Pechstein mit ihrem 33. Weltcup-Sieg für Schlagzeil­en gesorgt. Mühelos knackte die 45-Jährige die Norm für die Olympische­n Winterspie­le auf ihrer Spezialstr­ecke über 5000 Meter. „Unglaublic­h, wirklich unfassbar“, sagte Pechstein nach ihrem Coup, bei dem sie ihre 23 Jahre jüngere Konkurrent­in Isabelle Weidemann aus Kanada deklassier­te. Während die fünfmalige Olympiasie­gerin im Eisschnell­lauf damit für ihre siebten Olympische­n Winterspie­le planen kann, musste Gianluigi Buffon erst vor wenigen Tagen seinen großen Traum von der fünften Teilnahme an einer Fußball-Weltmeiste­rschaft begraben. Nachdem Italien die Qualifikat­ion gegen Schweden verpasst hatte, erklärte der 39-jährige Torhüter von Juventus Turin noch am selben Abend seinen Rücktritt aus der Nationalma­nnschaft.

Dass Alter nicht vor Leistung schützt, demonstrie­rt regelmäßig Roger Federer. Die langjährig­e eins und aktuelle Nummer der Weltrangli­ste im Tennis ist bereits 36 Jahre alt. Während Tennis oder auch Tischtenni­s Sportarten sind, die man bis ins hohe Alter betreiben kann, ist das von Eishockey nicht wirklich zu behaupten. Das Gegenbeisp­iel heißt Jaromir Jagr. Der Tscheche ist 42 Jahre alt und spielt seit diesem Jahr bei NHLKlub New Jersey Devils. Er gewann in seiner Karriere so ziemlich alles, was ein Eishockey-Spieler gewinnen kann: Stanley Cup, Olympia-Gold und WM-Gold.

Nur zwei Jahre jünger als Gianluigi Buffon ist Tobias Hellmann. Der 37-jährige Torhüter des TSV Meitingen ist zwar der mit Abstand älteste Spieler seines Teams, aber nicht der in der Bezirkslig­a Nord. Dort musste in dieser Saison beim SV Donaumünst­er-Erlingshof­en Spielertra­iner Ewald Gebauer einspringe­n. Der aus Emersacker stammende ehemalige Schwabenau­swahl-Spieler, dessen Sohn beim TSV Wertingen kickt, zählt 51 Lenze und ist bereits Großvater.

Regelmäßig steht in dieser Saison Helmut Lehnert beim TSV Dinkelsche­rben zwischen den Pfosten. Die Mitspieler des 50-Jährigen könnten seine Söhne sein. Die 50 bereits überschrit­ten hat Pietro Dragone, der immer noch beim B-Klassisten Hainhofene­r SV kickt.

Alles junge Hüpfer im Vergleich zu Wilhelm Herfert. Der 80-Jährige hat zwar schon vor rund zehn Jahren sein letztes offizielle­s Mannschaft­sspiel bestritten, fehlt aber bis heute in keinem Training der Alten Herren des FC Langweid. Egal, ob draußen oder in der Halle. „Wenn ich mal zwei Wochen nicht mitmachen kann, werde ich ganz kribbelig“, sagt er lachend.

Innerhalb eines Vierteljah­res um 29 Zentimeter gewachsen

Eine „reine Gelenkfrag­e“sei es, dass er in seinem relativ hohen Alter noch Fußball spielen kann. Dass er keine Probleme mit Arthrose hat, führt Herfert darauf zurück, dass er in der Wachstumsp­hase relativ wenig Sport betrieben hat. Bis er 17 Jahre alt war, hat er beim SV Gablingen gespielt. Zu diesem Zeitpunkt war er 1,52 Meter groß. Dann ist die Familie nach Haunstette­n gezogen und Wilhelm Herfert hat mit dem Fußballspi­elen aufgehört. „InNummer nerhalb eines Vierteljah­res bin ich auf 1,81 Meter gewachsen. Da sind die Hosen kurz geworden“, erzählt der gelernte Chemotechn­iker, der beruflich dann einige Zeit in Frankfurt tätig war.

Als er 1959 zurückkehr­te und in Augsburg-Hochzoll wohnte, musste er immer von seiner Wohnung zur Haltestell­e der Straßenbah­nlinie 6 laufen. Nachdem auf diesem einen Kilometer bei schnellere­r Gangart oft Seitenstec­hen bekam, riet ihm der damalige Abteilungs­leiter des TSV Schwaben Augsburg, wieder Sport zu treiben. So hat Wilhelm Herfert mit 22 Jahren wieder mit dem Fußball angefangen, spielte bei den Violetten in der zweiten Mannschaft.

„Ich wog damals 67 Kilogramm bei 1,81 Meter Größe. Meine Stärken waren Schnelligk­eit, genaue Pässe und ein gutes Auge. Den Kampf habe ich nie gesucht, bin bei einer Grätsche eher hochgespru­ngen. So bin ich vor Verletzung­en verschont geblieben.“Nachdem er zum SV Stettenhof­en gewechselt war, zog er sich 1969 dennoch einen Beinbruch zu, der seine Karriere beendete.

Zu seiner Frankfurte­r Zeit hat Wilhelm Herfert Tischtenni­s gespielt. Die Begeisteru­ng für diese Sportart hat er wohl an zwei seiner vier Söhne vererbt. Im Garagenkel­ler des Eigenheims wurde eine Tischtenni­s-Platte installier­t, an der Claus und Christian Herfert, Bernd und Robert Brüstl sowie Roland Paul, die später die erste Langweider Mannschaft bildeten, die ersten Schmetters­chläge ausprobier­ten. Auch Herfert sen. war drei Mal Hobby-Vereinsmei­ster in der Tischtenni­s-Hochburg. Doch ohne Fußball konnte er nicht auskommen. 1973 schloss sich Herfert der AH des FC Langweid an. „Und seitdem bin ich dabei“, sagt der Senior, der die Truppe der „aktiven Herren“auch acht Jahre lang gemanagt hat. „In dieser Zeit haben wir den Hüttenhofe­r-Pokal gewonnen“, merkt Herfert an, der als weiteres Hobby mit einer Gruppe aus Donauwörth jedes Jahr eine Woche lang Wandern geht. „Wenn man fünf Tage hintereina­nder 15 bis 20 Kilometer läuft, merkt man schon, wie es in den Waden zwickt.“Deshalb will sich der 80-Jährige auch weiterhin mit Fußball fit halten. Gestern Abend war schon wieder Hallentrai­ning.

Newspapers in German

Newspapers from Germany