Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo sich der Leberkäs schämt
Kabarett Bayerische Frauenpower im Doppelpack: Monika Gruber und Martina Schwarzmann präsentieren in voll besetzten Augsburger Hallen ihre neuen Programme
Der Bayer redet eigentlich nicht viel. „Der ist froh, wenn einfach mal nix ist.“Sagt Monika Gruber, aus Erding stammend, – und schüttet dann einen Wortschwall ohne Punkt und Komma über ihr Publikum am Freitagabend in der Kongresshalle aus. Ihre Kabarett-Kollegin Martina Schwarzmann aus Altomünster schwärmt davon, wie schön es auch einmal sein kann, „einfach nur dazusitzen und zu schauen“.
Geballte bayerische Frauenkabarett-Power war an diesem Wochenende mit Monika Gruber (Programm „Wahnsinn!“) und Martina Schwarzmann („genau Richtig!“) in Augsburg zu erleben, in bis auf den letzten Platz lange vorher und ratzfatz ausverkauften Hallen. Tausende Zuschauer haben diese beiden Frauen für ein paar Stunden glücklich gemacht. Weil sie reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, sich um niemand und nichts scheren und dabei die Strömungen der Zeit aus Sicht der bayerischen Seele haarscharf analysieren. Jede Kabarettistin macht das anders, im Kern aber sind sie sich ziemlich ähnlich. Sie treffen auf ein tiefes Einverständnis ihres Publikums, das, muss man gestehen, die Grundlagen der bayerischen Sprache beherrschen sollte, um die Nuancen herauszuhören.
Die bayerische Seele, so zeichnet es Monika Gruber, braucht vieles einfach nicht: Keinen g’scheiten Therapeuten, keinen „Backshop, wo sich der Leberkäs schämt, dass er auf der Semmel liegen muss“, keine „Veganerkost aus Gras, Heusilage und Gänseblümchen“, und auch keinen neuen „Heiligen Rühr- fix“aus der „Religion Thermomix“. Der Bayer, weiß Monika Gruber, pflegt seinen „bayerischen Grundgrant“, er lässt den gestrengen Nikolaus zu den Kindern für die „Inventur Anfang Dezember“kommen und ist „humorvoll, tolerant und friedliebend, wenn ihn keiner reizt.“Alles, was er braucht, bietet der Stammtisch: Er ersetzt „Beichtstuhl, Therapie und Darkroom“in einem Aufwasch.
Diese bayerische Seele verkörpert auch Martina Schwarzmann, zu Hause auf einem Bauernhof in Altomünster, mit Mann und drei kleinen Kindern. Seit das Erste schulpflichtig ist, muss sie ihretwegen auch noch in der Früh raus. Deshalb kam ihr die Idee: Wenn der Pflegedienst für die Oma kommt, könnte doch der die Kinder gleich mitmachen? Auch Schwarzmann, jetzt im ge- blümten Kleid auf dem Barhocker, singt das Hohelied des Stammtisches – vor allem ihres „Weiberstammtisches“, wo man der Rosi erst Komplimente wegen ihrer neuen Jeans macht und dann hinter ihrem Rücken frotzelt, im Fasching könne sie als Rollbraten gehen.
Martina Schwarzmanns Charme liegt darin, alltägliche Situationen, all das Chaos, das nicht Perfekte und das, was sich keiner zu sagen traut und doch jeder denkt, unverblümt anzusprechen. Auch sie preist die bayerische Toleranz: „Man muss weniger putzen, wenn man den Dreck toleriert.“Und verrät, dass sie seit zehn Jahren nicht mehr ihren Schreibtisch aufgeräumt hat und deshalb gar nicht mehr weiß, aus welchem Holz das Möbel ist. Die Kabarettistin beherrscht die Kunst, einen Gedanken einfach weiter zu spinnen, bis er schließlich so absurd ist, dass man sich lachend den Bauch hält. Mit ihren Liedern an der Gitarre setzt sie dem Spott die Krone auf.
Vereint sind diese beiden bayerischen Kabarettistinnen auch in ihrem Mitleid für die „Preißn“. „Die sind doch nur nach Bayern gezogen, weil sie daheim keine Freund’ g’habt haben“, vermutet Schwarzmann. Man merkt: Die beiden lieben ihre bayerische Heimat und deren Menschenschlag, dem sie selbst angehören. Und können auch richtig romantisch werden. Martina Schwarzmann träumt davon, mit einem Hupfball auf der Verdistraße nach München hinein zu hüpfen. Und Monika Gruber von einer „kleinen Insel“, auf der der ganze Wahnsinn der Welt draußen bleiben darf. Das war auch an diesen beiden Abenden zu erleben.