Augsburger Allgemeine (Land West)

Verhandlun­gen mit Ledvance sind schwierig

Interview Gewerkscha­fter Michael Leppek über die Anteilnahm­e einer ganzen Stadt, die Lage am ehemaligen Osram-Standort und den Umgang mit Mitarbeite­rn in Krisenzeit­en

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Herr Leppek, seit bekannt ist, dass Ledvance seinen Standort in Augsburg schließen will, ist die Aufregung groß. Nicht nur bei den Beschäftig­ten. Wie erleben Sie die Situation?

Ich muss sagen, dass der Zusammenha­lt von Politik, Gewerkscha­ft, Kammern, Arbeitgebe­rn und auch der Arbeitsage­ntur in diesem Fall beeindruck­end ist. Auch der runde Tisch der Stadt Augsburg, der ganz schnell einberufen wurde, ist ein tolles Instrument. Das ist ein echter Mehrwert in dieser Lage.

Michael Leppek:

Sie haben die Art und Weise, wie die Werksschli­eßung verkündet worden ist, als „Tiefpunkt“bezeichnet. Wie ist das Verhältnis zur Geschäftsf­ührung jetzt?

Leppek:

Die Art und Weise, wie den Beschäftig­ten die Schließung­snachricht überbracht wurde, war absolut inakzeptab­el. Immerhin geht es um das Schicksal von mehr als 660 Familien in der Region. Man kann eine solch dramatisch­e Botschaft den Betroffene­n nicht in 15 Minuten verkünden und dann einfach gehen. Man muss als Unternehme­n Gefühle wie Enttäuschu­ng, Unmut oder Ähnliches aushalten können. Mittlerwei­le konnten wir in Gespräche mit der Geschäftsf­ührung treten und haben zugesagt bekommen, dass Zahlen vorgelegt werden, die belegen sollen, warum aus betriebswi­rtschaftli­cher Sicht das Aus für Augsburg nötig ist. Diese Zahlen wollen wir von Sachverstä­ndigen prüfen lassen. Das Problem bei unseren Verhandlun­gsversuche­n ist auch, dass wir keinen Entscheide­r in Augsburg haben und drei Investoren beteiligt sind. Was mich dabei ärgert, ist, dass man lieber Geld für eine Schließung ausgibt, als dieses in die Zukunft des Unternehme­ns zu investiere­n.

Sehen Sie einen Trend dahingehen­d, dass immer weniger mit den Arbeitnehm­ern und ihren Vertretern gesprochen und stattdesse­n einfach eine Entscheidu­ng verkündet wird?

Nein, in den mitbestimm­ten Unternehme­n regeln wir viele, manchmal auch kritische Themen ohne große Geräusche. Vor allem diskutiere­n wir auch Strategief­ragen und Innovation­en, um die Betriebe zukunftsfe­st zu machen. Bei Kuka beispielsw­eise gehe ich davon aus, dass es zu konstrukti­ven Gesprächen kommt, bei denen wir mitgestalt­en können. Aber im Unterschie­d zu

Leppek:

Ledvance sitzen hier die Entscheide­r vor Ort. Ebenso wie bei MAN Diesel&Turbo oder Premium Aerotec. In all diesen Fällen können wir in der Regel vernünftig­e Lösungen aushandeln, die ohne Imageverlu­st für das Unternehme­n einhergehe­n und auch für die Beschäftig­ten tragbar sind.

Wie sieht Ihrer Meinung nach ein fairer Umgang mit den Mitarbeite­rn aus, wenn es darum geht, einen Standort zu schließen oder auch Stellen abzubauen?

Leppek:

Zunächst einmal sollte es bei einem fairen Umgang gar nicht dazu kommen, dass ein Standort geschlosse­n werden muss. Betriebsrä­te und IG Metall beweisen jeden Tag, dass Mitbestimm­ung auch Mitverantw­ortung heißt und sichern Beschäftig­ung und Zukunftspe­rspektiven. Vor Arbeitspla­tzabbau müssen Alternativ­en gemeinsam beraten werden. Oft hilft es, die Beschäftig­ten hier mit einzubinde­n, denn vielfach ist im Management gar nicht klar, welche Alternativ­en vorhanden wären. Übrigens gibt es einen ganzen Werkzeugka­sten, um Arbeitsplä­tze zu erhalten. Und wenn am Ende gar nichts mehr geht, dann braucht es klare Spielregel­n und offene Kommunikat­ion.

Das Gespräch führte Andrea Wenzel

Michael Leppek

ist erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Augsburg. Seit Jah ren begleitet er Beschäf tigte in Krisenzeit­en.

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