Augsburger Allgemeine (Land West)

Von Giesing bis Chicago wird bayerisch g’rockt

Konzert Der „Hundling“ist eine echte Rampensau. Und nach einiger Zeit bringt er auch den Kultur-Stadl in Wallung

- VON MICHAELA KRÄMER

Zusmarshau­sen Wörleschwa­ng

Es wäre gelogen zu sagen, dass das Publikum von der ersten Minute an so mitging, wie man es bei einem Rockkonzer­t erwartet hätte. Richtig brav saßen sie vor ihren Getränken und hörten zu, was „Hundling“zu sagen hatte. Hundling ist halt nicht nur ein Rocksänger, er ist auch Liedermach­er. Seine Texte erzählen Geschichte­n über die Liebe, Münchner Geschichte­n und Geschichte­n aus dem Musikerleb­en. So taute das Publikum erst im zweiten Block so richtig auf. Aber dann war es nicht mehr zu bremsen.

Hundling ist eine Rampensau. Mit starker Stimme und dem richtigen Gefühl für den Sound boten Hundling und seine Band ein Konzert, das man einfach nur mit den Worten „A Hund is a scho“bezeichnen konnte. Denn „Hundling“ist ja eigentlich ein Kompliment.

Hundling, das ist aber nicht nur der Frontman, Songschrei­ber und Gitarrist Phil Höcketstal­ler. Hundlinge sind auch die Bandmitgli­eder Klaus Reichardt (Steel Gitarre), Dominik Schulz (Drums) und Christian Klos (Bass), die für eine außergewöh­nliche Atmosphäre im KulturStad­l sorgten.

Wer denkt nicht an Tscharlie in den Münchner Geschichte­n von Helmut Dietl, wenn er das Lied „Ois Chicago“, was so viel wie „alles klar“bedeutet, hört? Das Lied, das uns daran erinnert, die Dinge des Lebens so zu nehmen, wie sie sind. Oder wie Höcketstal­ler sagt: „Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen gestern und dem 3. Stock“, wie auch der Titel seiner aktuellen CD lautet.

Der Sound seiner Songs besteht aus einer Mischung von Rock’n’Roll, Soul, Blues, Folk und Country. Nicht nur der fetzige Sound ging ins Ohr, Hundling hat auch ein untrüglich­es Gespür für ruhige Töne, die nach unerfüllte­r Sehnsucht und melancholi­scher Erinnerung klingen. Die Texte sind philosophi­sch, politisch nachdenkli­ch, aber auch skurril-komisch und mitunter sehr ironisch. Er singt grad raus und schaut dabei auch unter die Oberfläche. Damit punktete er bei den Menschen im Stadl. Er erzählte Geschichte­n in seinen Liedern – locker, gut gelaunt und direkt aus dem Leben. Er erzählte von einer nervigen Nachbarin, die keine Musik mag („Musikfreie Zone“) bis hin zur Liebe, die durch den Magen geht („Kuacha“). Und er erzählte vom „Schuhkarto­n“, in dem er Bilder von seinen Verflossen­en aufbewahrt.

„Nix wia nix“hatte er im zweiten Teil seines Konzerts die Leute bei sich. „Rock’n’Roll Business“oder „Probiert hod a’s“waren nur einige Geschichte­n aus dem Musikerleb­en, die Hundling erzählte. Die Vorliebe des Songwriter­s und Gitarriste­n für den Reggae und Rock’n’Roll war unüberhörb­ar. Und das kam an. Egal ob es um glücklich verlassene Ehemänner oder Tango tanzende Ritter geht – es sind auch die kleinen, alltäglich­en Dinge, die ihm am Herzen liegen: „Die allergrößt­e Freid macht uns oft a Kleinigkei­t.“ Und zum Schluss saß dann auch niemand mehr brav auf den Stühlen. Alle sangen, tanzten und klatschten in einer Endlosschl­eife zu dem Refrain „I sing, weil i sing, weil i so gern sing“begeistert mit.

Und so gefiel es dem Frontman. „Alles ist erlaubt, alles ist Wörleschwa­ng“, grölte er. Nichts hielt ihn jetzt noch auf der Bühne. Er stellte sich auf den Tisch mitten ins Publikum, von wo er den Leuten zurief: „Ois Chicago, Baby.“

 ?? Foto: Michaela Krämer ?? Phil Höcketstal­ler, der „Hundling“, in seinem Element: viel gute Laune und bayerische Rock ’n’ Roll Power.
Foto: Michaela Krämer Phil Höcketstal­ler, der „Hundling“, in seinem Element: viel gute Laune und bayerische Rock ’n’ Roll Power.

Newspapers in German

Newspapers from Germany