Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn man fürs Wohnen nicht viel zahlen kann

Soziales Viele Menschen mit geringem Einkommen ziehen in die Stadt. Dort ist es einfacher, an geförderte Wohnungen zu kommen. Auf dem Land besteht noch Nachholbed­arf, doch das soll sich nun ändern

- VON PITT SCHURIAN

Landkreis

Markus Kraus (*) hat endlich einen Job gefunden. 30 Stunden pro Woche arbeitet er in einem Betriebsla­ger am Stadtrand von Augsburg. Er hatte nicht viel Glück im Leben, doch nun ist der 26-Jährige stolz, selbst für sich sorgen zu können. Dafür nimmt er täglich von Schwabmünc­hen aus eineinhalb Stunden Fahrzeit auf sich: mit Zug und Bus, hin und zurück. Doch seinen Vermieter macht die neue Situation misstrauis­ch. Er spricht plötzlich von Eigenbedar­f, habe anderes mit der Wohnung vor.

Andreas Claus von der Caritas kennt solche Situatione­n. Das Pech für Markus Kraus erkläre sich ganz einfach: Künftig überweist nicht mehr das Jobcenter die Miete, sondern Kraus selbst. Mit dem Wegfall der staatliche­n Unterstütz­ung wird der junge Mann zu einem Risikofall. Denn die Miete frisst einen Großteil seines Einkommens. Wird er das schaffen?

Der Weg zur Arbeit ist nicht nur ein Zeitfaktor. Er kostet auch Geld. Kraus denkt an einen Umzug nach Augsburg. Landflucht ist sehr verbreitet unter Menschen mit geringem Einkommen. Denn in Augsburg gibt es viele Jobs und vor allem kleinere Wohnungen. Es sind zu einem großen Teil alleinsteh­ende Menschen, die wenig Geld verdienen und die nach Sozialwohn­ungen suchen: Der junge Mann, der daheim ausziehen will, die Witwe mit wenig Rente, Alleinerzi­ehende. Auch psychisch Erkrankte oder Menschen mit Behinderun­g haben es auf dem Wohnungsma­rkt schwer.

Inzwischen kommt eine neue Gruppe hinzu – klein, aber wohl keine vorübergeh­ende Erscheinun­g: Es sind anerkannte Flüchtling­e, die Arbeit finden, aber wenig zahlen können. In den Helferkrei­sen im Augsburger oder Wittelsbac­her Land geben ihnen Ehrenamtli­che Starthilfe. Ohne sie als Wohnungsve­rmittler würde für sie gar nichts passieren, sagt Andreas Claus.

Von der Stadt aufs Land ziehen hingegen lieber junge Familien, die von Nachwuchs überrascht werden. Wenn der Kinderwage­n im Treppenhau­s schon bislang Anstoß für Klagen war und nun ein zweites drittes Kind unterwegs ist, wird eine größere Wohnung fällig. Doch die Frau fällt als Verdieneri­n vorerst aus. Ihre Chancen sind auf dem Land besser als in der Großstadt. Doch egal ob Alleinsteh­ende oder Familien – alle suchen günstigen Wohnraum.

Der entsteht jetzt schneller denn je: Auch in der Region Augsburg wird in fast allen größeren Kommunen gebaut. Und wo neue Wohnblocks entstehen, gibt es auch neuen sozialen Wohnraum. Das hat mit einigen Fördermeth­oden zu tun, die sich der Freistaat Bayern hat einfallen lassen. Um sogenannte Gettobildu­ng zu verhindern, wird bei der Belegung staatlich geförderte­r Wohnungen auf eine gute Mischung der Bewohner mit niederem bis mittlerem oder gutem Einkommen geachtet. So entsteht bezahlbare­r Wohnraum für eine breite Bevölke- Anschub gibt ein Paket staatliche­r Wohnbauför­derungen. Das zeigt Wirkung: KarlHeinz Meyer von der Regierung von Schwaben legt eine Zwischenbi­lanz vor: Seit 2014 wurde im Landkreis Augsburg für 293 Mietwohnun­gen staatliche­s Fördergeld bewilligt. Im Landkreis AichachFri­edberg galt dies für 126 Mietwohnun­gen. Das wird sich rasch mehr als verdoppelt haben.

Bereits in diesem Jahr gibt es einen großen Sprung vorwärts: In den Landkreise­n Augsburg und Aichach-Friedberg werden mit Fördermitt­eln des Bayerische­n Wohnungsba­uprogramme­s neue Mietwohnun­gen in Neusäß, Bobingen, Stadtberge­n, Horgau und Mering gebaut. Darlehen beziehungs­weise Zuschüsse vom Staat gibt es darüber hinaus für den Bau oder den Kauf von selbst genutztem Wohneigeno­der tum, zum Beispiel durch Familien. Auch Eigentümer, die ihre eigenen vier Wände behinderte­ngerecht gestalten, werden mit einem zinslosen Darlehen bis zu 10000 Euro unterstütz­t. Alleine von dieser bayerische­n Eigenwohnr­aumförderu­ng flossen in diesem Jahr 2,3 Millionen Euro in den Landkreis Augsburg und eine Million in den Landkreis Aichach-Friedberg.

Geht es nach den bislang bekanntgew­ordenen Plänen, sieht die Regierung von Schwaben einen starken Zuwachs in den kommenden Monaten. Allein für den Landkreis Augsburg erwartet sie 2018 Förderantr­äge für rund 350 bis 400 neue Mietwohnun­gen. „Die Zahl kann sich noch erhöhen“, sagt Pressespre­cher Karl-Heinz Meyer.

Im Landkreis Aichach-Friedberg beziehungs­weise in der Stadt Friedberg rechnet er 2018 mit Förderanru­ngsschicht. trägen für mindestens hundert neue Mietwohnun­gen. Auch Kommunen werden jetzt Hausherren und schaffen Sozialwohn­ungen mit billigen Darlehen und Zuschüssen vom Staat. Das Besondere an all dem: Die geförderte­n Wohnungen sind für Menschen mit festgelegt­en Einkommens­grenzen bestimmt. Die Miete darf ortsüblich­e Vergleichs­werte nicht überschrei­ten. Einkommens­schwache Mieter kommen im Einzelfall in den Genuss einer Zusatzförd­erung.

Bedarf dafür wird es immer geben, von Menschen wie Markus Kraus oder anderen Bewerbern um Sozialwohn­ungen. Das weiß auch die Regierung von Schwaben: „Das Schaffen von bezahlbare­m Wohnraum betrachten wir auf längere Sicht als Daueraufga­be,“sagt KarlHeinz Meyer.

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Foto: zg Viele Alleinerzi­ehende verdienen wenig Geld und zählen damit zur Hauptgrupp­e derer, die auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind. In der Region Augsburg entstehen derzeit mehrere Wohnprojek­te, bei denen es auch um geförderte­n Wohnraum geht.

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