Augsburger Allgemeine (Land West)
Virtuelle Zeitreise in die Vergangenheit
Kultur Ein Verein will den Mangel eines archäologischen Museums ausgleichen. Was er sich dafür ausgedacht hat
Der virtuelle Raum ist ein Produkt des späten 20. Jahrhunderts, in dem wir uns heute zumindest mit einem Bein ständig bewegen. In diesen Raum gepackt haben Gisela Mahnkopf und ein Team aus 25 freiwilligen Helfern nun handfeste Funde aus 500000 Jahren Menschheitsgeschichte im Augsburger Umland. Der Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte im Heimatverein für den Landkreis Augsburg hat ein halbes Jahr lang in hunderten von Stunden ehrenamtlicher Arbeit archäologische Schätze zusammengetragen und stellt diese seit kurzem in seinem neu eröffneten digitalen Museum vor.
Wer das Online-Museum für Archäologie Landkreis Augsburg (OMFALA) mit wenigen Mausklicks betritt, wird durch die reiche Geschichte der Region vom Paläolithikum bis zur Neuzeit geführt. Das älteste Ausstellungsstück ist ein Faustkeil aus Wörleschwang. Auf den hochaufgelösten Fotos kann man sehen, wie das Werkzeug aus Quarzit wie ein Schmuckstück leuchtet. Darunter findet der Besucher wie in jedem anderen Museum eine kurze Erläuterung. „Es war uns bei den Texten wichtig, einen Bezug zum Menschen herzustellen und zu zeigen, was man mit dem Gegenstand gemacht hat. Alles erzählt eine Geschichte“, so die Verantwortlichen.
Das gelingt: Die Ausstellungsstücke erfahren Lebendigkeit – auch durch die Zeichnungen, die illustrieren, wie die Exponate verwendet wurden. Neben Bildern nutzen die Verantwortlichen des neuen Museums 3-D-Modelle, die man ohne Berührungsangst in alle Richtungen bewegen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten darf. Auch ein Fund des Monats wird regelmäßig präsentiert und genauer beschrieben.
„Uns war Interaktivität wichtig. Der Besucher soll auf Entdeckungsreise gehen“, beschreibt Thomas Germscheid, der das digitale Museum entwarf, das Konzept. So können die Besucher an einem Zeitstrahl entlang die Menschheitsgeschichte abgehen oder an Schiebreglern sehen, wie die Skelette im Grab einmal mit Haut und Haaren aussahen.
Mahnkopf betont, dass das neue Angebot keine Konkurrenz zu realen Ausstellungen sein will. „Aber wir möchten darauf hinweisen, dass wir unbedingt ein archäologisches Museum brauchen.“Selbst in Ausland, in Italien etwa, würden Exponate aus der Region Augsburg in großen Schauen gezeigt. Nur hier nicht. „Das stinkt mir“, sagt Mahnkopf deutlich und spielt auf Augsburg an.
Dort schloss vor fünf Jahren das Römische Museum – die schlechte Statik des Gebäudes, in dem es untergebracht war, war der Grund. Als Ersatz dient seitdem eine Übergangsausstellung in der Toskanischen Säulenhalle des Zeughauses. Spielraum für Veränderungen oder neue Ausstellungsobjekte haben die Verantwortlichen der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg dort aber kaum.
Wann in Augsburg wieder ein richtiges Museum eröffnet wird, steht in den Sternen. Noch ist nicht einmal klar, ob es künftig wieder in das alte Ausstellungsgebäude, eine ehemalige Dominikanerkirche, ziehen soll, oder ob sich die Stadt einen Neubau daneben leisten kann. Das OMFALA soll in dieser Zeit zumindest Abhilfe schaffen, ohne Äquivalent sein zu wollen, heißt es.
Neben dem neuen Museum wurde vergangene Woche ein weiteres Kulturprojekt präsentiert: der neue Museumsführer für die Region. In dem kleinen Büchlein findet man über 70 Museen, Ausstellungen, Galerien und Gedenkstätten in und um Augsburg. Götz Beck, Tourismusdirektor und Herausgeber des Buches, zeigte sich selbst beeindruckt, „was in der Heimat noch alles zu entdecken gibt“.
Finanziert wurde der Führer durch den Verkehrsverein Region Augsburg und die Regio Augsburg Tourismus GmbH. Erschienen ist das Buch im Context Verlag. 10000 Exemplare der Broschüre werden ab sofort kostenlos in den Museen ausliegen. O
Info Der Arbeitskreis für Vor und Frühgeschichte im Heimatverein für den Landkreis Augsburg sucht dringend Spender, um in Zukunft im OMFALA weitere Exponate, gerade auch als 3 D Modelle, präsentieren zu können. I Im Internet Das OMFALA findet man unter www.omfala.de