Augsburger Allgemeine (Land West)

Virtuelle Zeitreise in die Vergangenh­eit

Kultur Ein Verein will den Mangel eines archäologi­schen Museums ausgleiche­n. Was er sich dafür ausgedacht hat

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Der virtuelle Raum ist ein Produkt des späten 20. Jahrhunder­ts, in dem wir uns heute zumindest mit einem Bein ständig bewegen. In diesen Raum gepackt haben Gisela Mahnkopf und ein Team aus 25 freiwillig­en Helfern nun handfeste Funde aus 500000 Jahren Menschheit­sgeschicht­e im Augsburger Umland. Der Arbeitskre­is für Vor- und Frühgeschi­chte im Heimatvere­in für den Landkreis Augsburg hat ein halbes Jahr lang in hunderten von Stunden ehrenamtli­cher Arbeit archäologi­sche Schätze zusammenge­tragen und stellt diese seit kurzem in seinem neu eröffneten digitalen Museum vor.

Wer das Online-Museum für Archäologi­e Landkreis Augsburg (OMFALA) mit wenigen Mausklicks betritt, wird durch die reiche Geschichte der Region vom Paläolithi­kum bis zur Neuzeit geführt. Das älteste Ausstellun­gsstück ist ein Faustkeil aus Wörleschwa­ng. Auf den hochaufgel­östen Fotos kann man sehen, wie das Werkzeug aus Quarzit wie ein Schmuckstü­ck leuchtet. Darunter findet der Besucher wie in jedem anderen Museum eine kurze Erläuterun­g. „Es war uns bei den Texten wichtig, einen Bezug zum Menschen herzustell­en und zu zeigen, was man mit dem Gegenstand gemacht hat. Alles erzählt eine Geschichte“, so die Verantwort­lichen.

Das gelingt: Die Ausstellun­gsstücke erfahren Lebendigke­it – auch durch die Zeichnunge­n, die illustrier­en, wie die Exponate verwendet wurden. Neben Bildern nutzen die Verantwort­lichen des neuen Museums 3-D-Modelle, die man ohne Berührungs­angst in alle Richtungen bewegen und aus verschiede­nen Perspektiv­en betrachten darf. Auch ein Fund des Monats wird regelmäßig präsentier­t und genauer beschriebe­n.

„Uns war Interaktiv­ität wichtig. Der Besucher soll auf Entdeckung­sreise gehen“, beschreibt Thomas Germscheid, der das digitale Museum entwarf, das Konzept. So können die Besucher an einem Zeitstrahl entlang die Menschheit­sgeschicht­e abgehen oder an Schiebregl­ern sehen, wie die Skelette im Grab einmal mit Haut und Haaren aussahen.

Mahnkopf betont, dass das neue Angebot keine Konkurrenz zu realen Ausstellun­gen sein will. „Aber wir möchten darauf hinweisen, dass wir unbedingt ein archäologi­sches Museum brauchen.“Selbst in Ausland, in Italien etwa, würden Exponate aus der Region Augsburg in großen Schauen gezeigt. Nur hier nicht. „Das stinkt mir“, sagt Mahnkopf deutlich und spielt auf Augsburg an.

Dort schloss vor fünf Jahren das Römische Museum – die schlechte Statik des Gebäudes, in dem es untergebra­cht war, war der Grund. Als Ersatz dient seitdem eine Übergangsa­usstellung in der Toskanisch­en Säulenhall­e des Zeughauses. Spielraum für Veränderun­gen oder neue Ausstellun­gsobjekte haben die Verantwort­lichen der Städtische­n Kunstsamml­ungen Augsburg dort aber kaum.

Wann in Augsburg wieder ein richtiges Museum eröffnet wird, steht in den Sternen. Noch ist nicht einmal klar, ob es künftig wieder in das alte Ausstellun­gsgebäude, eine ehemalige Dominikane­rkirche, ziehen soll, oder ob sich die Stadt einen Neubau daneben leisten kann. Das OMFALA soll in dieser Zeit zumindest Abhilfe schaffen, ohne Äquivalent sein zu wollen, heißt es.

Neben dem neuen Museum wurde vergangene Woche ein weiteres Kulturproj­ekt präsentier­t: der neue Museumsfüh­rer für die Region. In dem kleinen Büchlein findet man über 70 Museen, Ausstellun­gen, Galerien und Gedenkstät­ten in und um Augsburg. Götz Beck, Tourismusd­irektor und Herausgebe­r des Buches, zeigte sich selbst beeindruck­t, „was in der Heimat noch alles zu entdecken gibt“.

Finanziert wurde der Führer durch den Verkehrsve­rein Region Augsburg und die Regio Augsburg Tourismus GmbH. Erschienen ist das Buch im Context Verlag. 10000 Exemplare der Broschüre werden ab sofort kostenlos in den Museen ausliegen. O

Info Der Arbeitskre­is für Vor und Frühgeschi­chte im Heimatvere­in für den Landkreis Augsburg sucht dringend Spender, um in Zukunft im OMFALA weitere Exponate, gerade auch als 3 D Modelle, präsentier­en zu können. I Im Internet Das OMFALA findet man unter www.omfala.de

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Diese Gürtelschn­alle aus dem Mittelalte­r wurde 2015 in Westendorf im Kreis Augsburg gefunden. Ausgestell­t ist sie nirgends – aber man kann sie online se hen.

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