Augsburger Allgemeine (Land West)

Und wissenscha­ftliche Studien sind auch nur gekauft

Kabarett Schonungsl­os und wütend tritt Erwin Pelzig mit seinem Programm „Weg von hier“in Gersthofen auf

- VON GERLINDE KNOLLER

Es war harte Kost, die Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig gut zweieinhal­b Stunden lang seinem Publikum in der Gersthofer Stadthalle servierte. Mit seinem Programm „Weg von hier“war Erwin Pelzig präsent wie nie zuvor. Ohne Luft zu holen, zornig und schonungsl­os „fremdelte“der fränkische Kabarettis­t mit dem „bostfaktis­chen Zeitalter“, redete sich in Rage, bis an die Grenze des Erträglich­en – und jeder im Publikum wusste, dass Pelzig im Kern recht hatte.

Bewusst wollte sich Erwin Pelzig angesichts der Zumutungen unserer Zeit nicht wie die Romantiker Anfang des 19. Jahrhunder­ts Gedichte schreibend aus der Wirklichke­it stehlen, sondern sich ihr stellen. Scharf analysiere­nd, wütend, zeigte er, wo und wie sich das Böse in der Welt verbreitet, prangerte Denkfaulhe­it und Dummheit an. Er wehrte sich gegen die Populisten, die den Slogan „Wir sind das Volk“für sich proklamier­en. „Wenn alle Pinguine in Hellabrunn jeden Monat schreien würden: Wir sind der Zoo, lachen sie im Elefantenh­aus“, so Pelzig, „da müssen wir widersprec­hen“.

Stets intelligen­t weiterdenk­end, wo man sonst geneigt ist, zu denken aufzuhören, legte der Kabarettis­t schreiende­s Unrecht offen, fragte beispielsw­eise: „Ist es vernünftig, wenn die Senegalese­n, vor deren Küste die Fische abgefischt werden, nach Europa kommen, um zu schauen, was aus ihren Fischen geworden ist?“

Pelzig machte sich auf die Suche nach der Wahrheit, die – das begreift der Zuschauer sofort – natürlich nicht zu finden ist. Höchstens vielleicht als „Wahrheitss­chnipsel“. Den wissenscha­ftlichen Studien sei zum Beispiel nicht zu trauen, weil sie gekauft seien von denen, die ein wirtschaft­liches Interesse daran haben. Auch mit dem Phänomen der Angst beschäftig­te sich Erwin Pelzig. Er wolle sie nicht lächerlich machen, denn „Im Dunkel der Nacht will ich lieber 100 Mal einen Busch für einen Bären halten, als nur einmal einen Bären für einen Busch“. Aber die Angst dürfe nicht zur Triebfeder werden für Verschwöru­ngstheorie­n, Lügen und Fake News.

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Foto: Fred Schöllhorn Erwin Pelzig in der Stadthalle Gerstho fen.

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