Augsburger Allgemeine (Land West)
Er kämpft gegen vermüllte Stadtkanäle
Umwelt Kraftwerksbetreiber Karl Ketterl fischt jede Menge Abfall aus dem Hanreibach. Das Problem mit den Umweltsündern ärgert ihn. Nun sucht er Mitstreiter für eine besondere Aktion
Neulich kamen wieder etwas Großes angeschwommen. Mehrere Dämmmatten, mit denen Häuser isoliert werden, trieben im Hanreibach auf das Wasserkraftwerk zu, das Karl Ketterl nahe der Berliner Allee betreibt. „Ich konnte sie gerade noch rausfischen, weil ich da war“, erzählt er. An einem anderen Tag verstopften die nächsten Matten den Zulauf zur Turbine. Das Kraftwerk musste vorübergehend abgeschaltet werden.
Ketterl betreibt das private Kraftwerk seit vielen Jahren. Angeschwemmter Abfall im Stadtkanal ist nicht nur für ihn ein fast tägliches Problem. „Im bebauten Stadtgebiet haben alle Kraftwerksbetreiber damit zu kämpfen“, sagt er. Dass Augsburgs Kanäle immer wieder zur illegalen Müllentsorgung herhalten müssen, lässt dem umweltbewussten Friedberger keine Ruhe. Deshalb hat er akribisch analysiert, was alles im Wasser angeschwemmt wird und von wem es kommt.
Pro Jahr kommt Ketterl auf eine Menge Wegwerfmüll von bis zu sechs Kubikmetern allein am Kraftwerk im Hanreibach – darunter Plastikflaschen, Aludosen, Lebensmittelverpackungen oder Styropor. Dazu kommen noch mehr als zehn Kubikmeter angeschwemmter Bioabfall jährlich, etwa Strauchschnitt oder Gras. „In den Stadtkanälen landet so gut wie alles, was die Gesellschaft an Müll verursacht“, sagt er. Nach Ketterls Erkenntnissen wird nur rund fünf Prozent des Mülls eher zufällig in den Kanal geworfen – von Autoreifen über Fahrräder bis zu Kühlschränken. Der größte Anteil wird nach seinen jahrelangen Untersuchungen aber wohl von Anliegern illegal ins Kanalsystem entsorgt. „Teilweise kann ich den Abfall genau zuordnen, manchmal steht sogar die Adresse dran“, sagt der Kraftwerksbetreiber.
Grundsätzlich kommen viele Anlieger als Müllsünder in Frage. An der etwa 2,5 Kilometer langen Kanalstrecke zwischen Reichenberger Straße und Berliner Allee gibt es Wohnbebauung, teilweise große Gartenanlagen, aber auch Gastronomie und Gewerbebetriebe. Was alles den Kanal hinunterschwimmt, kann man in den großen Tonnen und Abfallkörben anschauen, die vor dem Kraftwerk aufgereiht stehen. „Der Müll verursacht mir viel Arbeit“, sagt Ketterl. Nicht nur, weil er den Rechen am Zulauf zum Kraftwerk ständig freihalten muss, damit umweltschonend Strom erzeugt werden kann. Allein das Kraftwerk am Hanreibach versorgt statistisch mehrere hundert Augsburger Haushalte mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
Ketterl ist beim Blick in die Stadtkanäle aber auch klar: Es geht nicht nur um die Vermüllung der Weltmeere. „Das Müllproblem beginnt vor unserer Haustür.“Der Kraftwerksbetreiber steht deshalb schon länger mit städtischen Stellen in Kontakt, um mehr gegen das Problem zu unternehmen. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) antwortete ihm dieses Jahr mit einem Schreiben. Der verantwortungslose Umgang mit Müll sei in allererster Linie ein gesellschaftliches Problem und lasse sich nicht auf die Anlieger der Kanäle begrenzen, so Erbens Einschätzung. „Somit können diese Anlieger auch nicht pauschal als Verursacher angesehen oder angeschrieben werden, selbst wenn einzelne Beobachtungen diese Maßnahme als angezeigt erscheinen lassen.“Weiter verweist der Referent auf die jährlichen Bachablässe in Augsburg, bei denen die Stadt große Anstrengungen unternehme, um Unrat aus den Kanälen zu entfernen. Auch die personell verstärkte Abfallberatung werde noch mehr Aufklärungsarbeit betreiben, so der Umweltreferent.
„Ich würde mir noch mehr Initiativen zur Aufklärung der Bevölkerung wünschen, sagt Ketterl zu dieser Antwort aus dem Umweltreferat. Schließlich seien die Augsburger Stadtkanäle auch ein Teil der Bewerbung fürs Unesco-Weltkulturerbe. Deshalb will Ketterl nun selbst dem illegalen Abfall im Wasser den Kampf ansagen. Er plant, eine Schutzgemeinschaft von Bürgern für die Stadtbäche zu gründen und sucht Mitstreiter. Es gebe viele Menschen, die etwas für die Umwelt übrig haben und sich engagieren wollen, ist er überzeugt. Die Ehrenamtlichen sollen nach seinen Vorstellungen für mehr Umweltbewusstsein in der Bevölkerung sorgen und Präsenz an den Kanälen zeigen. Ketterl denkt aber keinesfalls an eine Art „Müllsheriff“. Anzeigen seien nicht der richtige Weg, „wir müssen einen positiven Ansatz finden, das Umweltbewusstsein der Menschen zu verbessern“. Einen Termin für die Gründungsversammlung der Schutzgemeinschaft hat Ketterl schon festgelegt. O
Wer sich an der Gründungs versammlung beteiligen will, kann un ter Telefonnummer 0821/3198072 anru fen oder schreiben unter gewaesserreinh augsburg@web.de, die Gründungsversammlung soll am 10. Januar ab 12 Uhr in der Augsburger Käl berhalle an der Berliner Allee stattfinden.
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