Augsburger Allgemeine (Land West)
Heben ist ihr Leben
Kraftsport Warum Männer mit Muckis Gewichte in Ballettschläppchen stemmen und ein Physiotherapeut ganz in Rosa bei der Gersthofer Wohltätigkeitsveranstaltung schwitzt
Gersthofen
Warum tragen die Männer mit einem Bizeps wie der büchsenweise Spinat vertilgende Popeye hauchdünne Ballettschläppchen? „Weil jeder Millimeter zählt“, sagt Tobias Zinserling. Hätte der Hühne Sportschuhe mit einer dicken Profilsohle an, dann müsste er die 120 Kilogramm schwere Langhantel höher wuchten. Und dafür müsste er mehr Energie aufwenden. Aber die investiert der 150 Kilogramm schwere Kraftsportler vom Bierfassheberverein Gotha lieber in das gemeinsame Ziel: 100 Tonnen wollen die starken Männer aus Thüringen in einer Stunde für die „Deadlift-Challenge to lift somebody up“im Gerst- hofer Studio Sam Sportsclub stemmen. So heißt die Wohltätigkeitsveranstaltung, bei der am Ende aus jedem Kilo ein Cent wird. Den Gesamterlös erhält der Bunte Kreis.
An die 60 Athleten legen sich im Studio im Gersthofer Industriegebiet auf vier Plattformen mit vorgegebenen Gewichten (40, 60, 80 und 100 Kilogramm) ins Zeug. Ausbilder, Firmen und Teams aus der Fitnessbranche sind dabei. Auch die starken Männer des Sport- und Leistungszentrums Thüringen und die Bierfassheber um Tobias Zinserling, der schon Thüringers bester Steinheber war. Vor wenigen Tagen wurde er deutscher Meister im Kreuzheben mit Equipment, vor Wochen war der Handyverkäufer bei der Kraftdreikampf-Weltmeisterschaft an den Start gegangen. Das Powerlifting setzt sich aus Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben zusammen – in der letzten Disziplin gelangen Zinserling 370 Kilo. Alleine wird gehoben, gemeinsam wird geholfen: „Besonders wenn es um Kinder geht“, sagt Tobias Zinserling, der mit seiner siebenjährigen Tochter Lilly gekommen ist.
Nur wenige Meter entfernt schwitzt Wolf Harwath für den guten Zweck. Der Physiotherapeut, der ein eigenes Rücken- und Gelenkkonzept gegen Schmerzen und Verspannungen erfunden hat, sticht optisch heraus: Er trägt ein rosa Höschen, Spaghettiträgerhemd und dazu ein Tutu. Die für das Studio eher ungewöhnliche Sportkleidung ist der Einsatz einer verlorenen Wette. Es ging um eine Ankündigung der Wohltätigkeitsveranstaltung in den sozialen Medien: Am Ende gab es so viele erhobene Daumen, dass Harwath in Rosa schlüpfen musste, um so die Gewichte zu stemmen. Geschafft hat er in einer Stunde 436 Wiederholungen mit 100 Kilo – mehr als gedacht. Der Preis für den Fleiß sind eine Schürfwunde am Schienbein und blutige Handflächen. Etwas ruhiger lässt es dagegen die fitnessbegeisterte Julia Lorenz aus Gersthofen angehen: Bei der „Deadlift-Challenge“stößt sie allerdings schon nach 15 Minuten an ihre Grenzen: „Das geht ordentlich auf die Pumpe.“