Augsburger Allgemeine (Land West)

SPD will Sondierung mit der Union

Die Gespräche sollen im Januar beginnen

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Nach langem parteiinte­rnen Ringen will die SPD nun doch Sondierung­en mit CDU und CSU über eine Regierungs­bildung aufnehmen. Das hat der SPD-Vorstand am Freitag in Berlin beschlosse­n – ohne Gegenstimm­en, bei einer Enthaltung.

Parteichef Martin Schulz bekräftigt­e, auch Alternativ­en zur Großen Koalition wie nur eine von der SPD tolerierte Minderheit­sregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu sondieren. Ob eine Regierungs­bildung gelinge und wenn ja, in welcher Form, sei offen. Schulz betonte aber: „Wir meinen es ernst.“

Nach einem Vorbereitu­ngstreffen der Spitzen von Union und SPD am nächsten Mittwoch sollen die eigentlich­en Sondierung­en im Januar starten. Knapp drei Monate nach der Bundestags­wahl gibt es damit grünes Licht für einen neuen Anlauf zur Regierungs­bildung – nachdem die FDP die Sondierung­en für ein Jamaika-Bündnis im November platzen ließ. Hintergrün­de und einen Kommentar von Martin Ferber finden Sie auf

Berlin

SPD-Chef Martin Schulz hat einen Etappensie­g errungen, doch richtig glücklich sieht er nicht aus. „Für mich sind die Weihnachts­ferien abgesagt“, sagt er am Freitag auf dem Podium im Willy-BrandtHaus. Der 45-köpfige Vorstand hat ihm soeben das Mandat gegeben, mit der Union über eine Regierungs­bildung zu verhandeln.

Wie wahrschein­lich ist nun eine Große Koalition?

Das hängt davon ab, ob Schulz in den Sondierung­en in den ersten beiden Januarwoch­en genug heraushole­n kann, sodass er beim Sonderpart­eitag – wahrschein­lich am 14. Januar – das Okay der Basis für konkrete Koalitions­verhandlun­gen bekommt. Bisher sind nach Schätzunge­n in einzelnen SPD-Landesverb­änden bis zu zwei Dritteln der Delegierte­n gegen die GroKo. Schulz will bei den Sondierung­en mit der Union für einen „anderen Stil“sorgen als bei den gescheiter­ten Jamaika-Verhandlun­gen von Union, FDP und Grünen. „Bei uns wird es keine Balkonbild­er geben, auch kein Winken.“Intensives Twittern von Zwischenst­änden will er auch unterbinde­n.

Wie lautet die Taktik beider Seiten?

Merkel weiß, dass Schulz ein paar „Leuchtturm­projekte“braucht, um den Parteitag zu überstehen. Und wenn es zum Koalitions­vertrag kommt, auch noch das abschließe­nde Votum der rund 440 000 Mitglieder. Doch CDU und CSU wollen nur über eine Große Koalition reden. Schulz dagegen will auch andere Modelle „ergebnisof­fen“verhandeln – wie eine von der SPD tolerierte Minderheit­sregierung oder eine „Kooperatio­nskoalitio­n“, bei der die SPD zwar Minister in die Regierung schickt, aber nur bei Kernprojek­ten wie dem Haushalt und Auslandsei­nsätzen mit der Union kooperiert.

Warum liegt hier eine große Gefahr für Schulz?

Die Juso sammeln Verbündete für ihre Kampagne #NoGroKo. Sie argwöhnen, die Parteispit­ze habe sich längst auf GroKo-Verhandlun­gen eingestell­t und nähre nur noch die Illusion von anderen Optionen. Schulz hat in sein zwölfköpfi­ges Sondierung­steam auch den SPDLandesc­hef in Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek, geholt. Im größten Landesverb­and, der fast ein Viertel der Parteitags­delegierte­n stellt, gibt es großen Widerstand; hier wird eine Minderheit­sregierung favorisier­t. Hat Schulz zu wenig zu bieten, droht eine Ablehnung, dann wäre auch er als Parteichef kaum zu halten.

Wer sind die entscheide­nden GroKo-Figuren bei der SPD?

Natürlich Parteichef Schulz, dem aber nach seinem wiederholt­en Nein zur Großen Koalition Misstrauen entgegensc­hlägt. Wichtig dürfte sein, ob Groschek die NRW-SPD auf GroKo-Kurs bringt, und wie viel Überzeugun­gsarbeit die Fraktionsc­hefin Andrea Nahles im linken Flügel übernimmt. Eine gewichtige Rolle kommt auch dem neuen „Parteilieb­ling“Malu Dreyer zu. Der von der SPD für die Sondierung­en benannten zwölfköpfi­gen Verhandlun­gskommissi­on gehören dagegen keine Mitglieder der derzeitige­n Bundesregi­erung an – auch nicht Außenminis­ter und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel.

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? Einstimmig bei einer Enthaltung hat der SPD Parteivors­tand Parteichef Martin Schulz mit Sondierung­sverhandlu­ngen für eine Große Koalition beauftragt: viel Arbeit für ihn in den kommenden Weihnachts­ferien.
Foto: Michael Kappeler, dpa Einstimmig bei einer Enthaltung hat der SPD Parteivors­tand Parteichef Martin Schulz mit Sondierung­sverhandlu­ngen für eine Große Koalition beauftragt: viel Arbeit für ihn in den kommenden Weihnachts­ferien.

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