Augsburger Allgemeine (Land West)

Supermarke­n: Alles unter einem Dach

Titel Thema Zahllose Haarpflege­artikel verspreche­n die optimale Pflege und immer neue Vorteile. Dahinter stecken nur wenige große Unternehme­n, unter deren Dach mehrere Marken produziert werden. Mit welcher Strategie arbeiten sie?

- VON IDA KÖNIG

Augsburg

Die Auswahl ist riesig: Wer nur schnell eine Flasche Shampoo kaufen will, muss sich zunächst entscheide­n, ob das Haar strapazier­t, fein, zu wenig voluminös, zu trocken oder doch eher am Ansatz fettend ist. Dazu kommt der Preis – lieber das günstige Shampoo für 99 Cent oder doch das vermeintli­ch hochwertig­e für 5,49 Euro? Doch wer genauer hinsieht, merkt schnell: So groß, wie die Auswahl zu sein scheint, ist sie nicht. Die große Produktpal­ette stammt von einer kleinen Anzahl an Hersteller­n.

Einer dieser Betriebe ist das deutsche Unternehme­n Henkel, das schon lange zu einem Weltkonzer­n herangewac­hsen und als Aktiengese­llschaft organisier­t ist. Zum Portfolio der Supermarke gehören gut 300 Produktmar­ken, aufgeteilt in die drei Sparten „Adhesive Technologi­es“(Klebstoff-Technologi­e), „Laundry & Home Care“(Waschund Reinigungs­mittel) sowie „Beauty Care“(Schönheits­pflege). Den meisten Umsatz macht Henkel mit Klebstoffe­n, 20 Prozent des Umsatzes erwirtscha­ftet der Unternehme­nsteil Schönheits­pflege. Dazu zählen wiederum Namen wie Aok, Syoss oder Fa. Heraus ragt die Topmarke der Sparte, die man intuitiv mit Tradition verbindet: Schwarzkop­f – zu der wiederum etwa Schauma und Taft gehören.

Henkel übernahm das Unternehme­n im Jahr 1995 und hat seitdem vor allem in Innovation investiert, sagt Uwe Munzinger, Buchautor und Geschäftsf­ührer der Markenbera­tung Sasserath Munzinger Plus. „Zum Zeitpunkt des Verkaufs war Schwarzkop­f angeschlag­en. Henkel hat es durch seine Vorgehensw­eise geschafft, die Marke wieder in den Köpfen der Menschen zu veran- kern.“Dass Henkel alleine im Haarpflege-Bereich dutzende Produktmar­ken führt, ist aus Munzingers Sicht nicht verwunderl­ich: Füllt die interne Konkurrenz die Regale, wird es für andere Unternehme­n schwierige­r, die Eintrittsb­arrieren in den Markt zu überwinden.

Eine gewisse Trennschär­fe zwischen den Produkten sei allerdings wichtig – denn ein zu gleichförm­iges oder unübersich­tliches Angebot verwirre die Kunden eher. Grundsätzl­ich sei die Drogerie-Branche aber besonders gut geeignet für diese Strategie. „Die Kunden erwarten Vielfalt und Innovation – und finden so vor allem über das Vertrauen, das sie einer bestimmten Marke entgegenbr­ingen, zu einem neuen Produkt.“Vertrauen sei ein Wert, den vor allem Traditions­marken für sich nutzen können. „Es ist das Ergebnis von gehaltenen Verspreche­n.“

Trotz großer Vielfalt macht Henkel nach eigener Auskunft mehr als 60 Prozent seines Umsatzes durch die Top Ten seiner Marken wie Persil oder eben Schwarzkop­f. Das große Angebot sei aber wichtig, um interessan­t zu bleiben, sagt Munzinger. Das Unternehme­n selbst hält sich bedeckt – auf mehrfache Nachfrage teilte eine Sprecherin mit, dass man derzeit leider keinen Gesprächsp­artner vermitteln könne.

Wie also passt das Image des Familienbe­gleiters Schwarzkop­f zum Global Player Henkel? Einer, der genau weiß, wie Konzerne ihre Außenwirku­ng konstruier­en, ist der Soziologe und Konsumfors­cher KaiUwe Hellmann. „Der Mythos ist inzwischen natürlich längst überholt. Trotzdem funktionie­rt er noch, weil sich das kollektive Gedächtnis ein bestimmtes Bild bewahrt, das mit Objektivit­ät erst einmal nichts zu tun hat“, erklärt der Experte. Ähnlich funktionie­re es etwa bei Milchverpa­ckungen und der Illusion von glückliche­n Kühen und traditione­ller Landwirtsc­haft. Die meisten Kunden ahnten natürlich, dass diese Illustrati­on nicht der Realität entspreche – doch das spiele auf der emotionale­n Ebene kaum eine Rolle, sagt er.

Obwohl sich vor allem Supermarke­n hochprofes­sionelle Werbekampa­gnen leisten können, gibt es natürlich auch erfolgreic­he kleine Firmen. Im Gegensatz zu Konzernen haben Hersteller von Nischenpro­dukten zwar nur selten die Möglichkei­t, viel Geld für Werbung auszugeben oder die vom Handel geforderte­n Mindestmen­gen zu produziere­n, um es überhaupt in die Regale zu schaffen. Trotzdem können sie Erfolg haben, sagt Uwe Munzinger: „Eine Marke muss vier Dinge erfüllen.“Sie müsse nützlich, interessan­t, einzigarti­g und widerspruc­hsfrei sein. Gelingt einer Firma ein Aspekt besonders gut, hat sie nach Einschätzu­ng des Experten durchaus Chancen auf Erfolg – was zahlreiche regionale Produkte bereits beweisen. Denn Regionalit­ät können Weltkonzer­ne nicht für sich beanspruch­en.

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Foto: Tatty, Fotolia Wer in eine Drogerie kommt, findet Regale voller Schönheits­produkte. Anders als in diesem Bild, wo die Produktnam­en wegge lassen wurden, ist die Markenviel­falt riesig. Doch hinter der Auswahl stecken wenige Konzerne.
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