Augsburger Allgemeine (Land West)
110000 Menschen sehen ihre Fotos
Titel Thema Jessy Krefft ist Studentin – und ein Star auf Instagram. Mit Fotos im sozialen Netzwerk verdient sie Geld, ihr Name wird zur Marke
Die junge Frau sitzt auf einem Steg, ihre Beine baumeln über der Wasseroberfläche eines Sees. Sie hält ihre Hände, über die die Ärmel des grauen Strickpullovers gerutscht sind, schützend vor Mund und Nase, der Blick ist in die Ferne gerichtet. Neben sich hat sie einen roten Rucksack abgelegt. Der Rucksack muss auf dem Foto sein. Schließlich macht die junge Frau Werbung dafür.
Die Augsburgerin Jessy Krefft verdient Geld mit Bildern wie diesem. Sie veröffentlicht Fotos rund um das Thema Mode im sozialen Netzwerk Instagram. In der Beschreibung einiger Bilder taucht das Wort „Werbung“oder der englische Begriff „advertising“auf – für diese Aufnahmen ist Geld geflossen. Wie viel genau, da lässt sich die 25-Jährige nicht in die Karten schauen. „Ich verdiene jeden Monat ganz gut damit“, sagt sie. Es sei „ein sehr guter Nebenverdienst“. Nebenverdienst, denn Krefft ist eigentlich Studentin, Germanistik und Katholische Theologie. „Wer das hauptberuflich macht, kann viele tausend Euro damit verdienen.“In der Uni wird sie immer wieder auf ihre Arbeit im Netz angesprochen. „Mir ist das eher unangenehm“, sagt sie. „Ich poste Bilder. Das ist doch nur Instagram.“
Wie viele Stunden sie für ihren Online-Auftritt aufwendet, ist nicht leicht zu sagen. „Ich poste jeden Tag. Allein die Bilder auszusuchen und zu bearbeiten dauert mindestens eine Stunde.“Wie lange sie für die Aufnahmen braucht, variiert noch stärker. „Ich fahre schon mal für Fotos ins Allgäu“, sagt sie. Das Shooting selbst kann dann auch dau- ern, eben so lange, bis Krefft zufrieden ist. Ihr Freund unterstützt sie, schießt den größten Teil der Fotos.
Krefft beteuert, dass sie auch ohne die Werbe-Geschäfte im Netz aktiv wäre, Fotos schießen würde und veröffentlichen. „Es ist immer noch ein Hobby“, sagt sie. „Es ist total cool, dass ich damit Geld verdiene.“Fotos habe sie „schon immer“gemacht, aber nicht online gestellt. Eine Klassenkameradin brachte sie vor fünf oder sechs Jahren darauf, dass Instagram ihr Medium sein könnte. Sie präsentierte sich dort sehr aktiv, fand ihren Stil, und die Followerzahl stieg. Ob es einen Plan gab, das zu Geld zu machen? „Ne, auf keinen Fall.“Vor zwei Jahren trat zum ersten Mal eine Firma an sie heran und fragte nach einer Partnerschaft für Geld. Seit einem guten Jahr ist daraus ein professionelles Geschäft geworden.
Krefft hat sich das erarbeitet, was die Unternehmen brauchen: Reichweite. 110 000 Nutzer haben ihre Beiträge abonniert. Zum Vergleich: Dem FC Augsburg folgen dort 61 000 Menschen. Und Krefft hat eine Beziehung zu ihren Followern. Das ist an den Kommentaren unter ihren Fotos zu sehen. „Was ein geiler Pulli“, heißt es unter einem Bild, unter einem anderen steht: „Woher ist die Hose?“Sie zeigt außergewöhnliche Outfits, Mode, die ihr persönlich gefällt – und auch den Followern. Das macht Krefft zur perfekten Werbefigur. Doch sie ist wählerisch. „Ich sage 80 Prozent der Anfragen ab“, erklärt sie. Das Produkt müsse zu ihr passen.
Eine exakte Schwelle, ab wann Instagramer für Firmen interessant sind, gibt es wohl nicht, schätzt Krefft. Bei ihr sei es etwa ab 70000 Fans losgegangen, doch es gebe auch Nutzer mit 30 000 oder 40 000 Followern, die Werbung machen.
Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, läuft die Kampagne mit dem Rucksackhersteller. Drei Bilder stellt Krefft ins Internet. Dafür schickt sie die Fotos an die Firma, das Unternehmen kann sich die besten Motive heraussuchen. Genau Vorgaben gibt es vorher nicht. Die Idee, ein Bild am See, auf einem Steg zu machen, stammt von Krefft. Nur weihnachtlich, winterlich sollte es sein, das war der Wunsch. Und der Rucksack sollte prominent platziert sein.
Für die Bilder, die sie an das Unternehmen schickt, tritt Krefft die Rechte ab. Die Firmen können die Fotos auch auf ihren Seiten oder sonst wo verwenden, wie sie es wollen. Über die Bilder auf ihrem eigenen Instagram-Profil hingegen hat Krefft die Hoheit. Ihr ist wichtig, dass dort ein roter Faden zu erkennen ist, dass man gleich sieht: Das ist ein Krefft-Bild.
Das erreicht sie – neben der Motivwahl – durch die Bearbeitung. Ihre Bilder sehen aus wie alte Fotografien, mit leichten Bildfehlern, so als hätte ein Abzug ein paar Jahre in einer Schreibtischschublade gelegen. Das Bild über diesem Artikel ist noch nicht bearbeitet. Für den Vintage-Look verwendet Krefft Filter-Smartphone-Apps. Die genauen Filter verrät sie nicht, schließlich ist die Art der Bearbeitung das, was ihre Fotos von anderen unterscheidet.
Nicht nur ihre Bilder haben Wiedererkennungswert, auch in der analogen Welt wird Krefft erkannt. Die Fans betonen ihren Nachnamen oft englisch. „Cräft“– klingt wie ein Künstlername, ist es aber nicht. „Ob das schon wie eine Marke ist ... eher nicht“, sagt sie. Bei den ganz Großen, den Hauptberuflichen, sei das eher so. Caro Daur etwa, mit ihren 1,3 Millionen Abonnenten. „Die machen ihren Namen dann schon richtig zur Marke.“
Doch es macht angreifbar, so viel von sich im Internet preiszugeben. „Manche verwechseln ja Kritik mit Beleidigungen“, sagt Krefft. Mit ihren Followern habe sie Glück. „Ich habe eine echt coole Community.“Ihr sei es wichtig, etwas zurückzugeben. „Wenn ich mal keine Zeit habe, schreibe ich einen Tag nicht. Aber sonst antworte ich auf jeden Kommentar und jede Nachricht.“Das komme gut an, die Fans seien zum Teil richtig euphorisch. Hauptberuflich Instagramerin zu werden, kann sich Krefft trotz allem eher nicht vorstellen. Je mehr man auf das Werbegeld angewiesen ist, desto komplizierter sei es. „Was ist, wenn ich gehackt werde, sodass alle Follower weg sind?“Solche Fälle habe es gegeben. „Ich werde mit erst einmal einen richtigen Job suchen“, sagt sie über die Zeit nach dem Studium.