Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Fototermin rief die Polizei auf den Plan
die typischen Bilder, auf denen sich Mädels im Bikini auf Rollern räkeln.“Jetzt erst sind sie dazugekommen, ihr Projekt zu verwirklichen. Herausgekommen ist ein Kalender, der nicht nur Roller aus fünf Jahrzehnten zeigt, sondern auch die Kulisse von Augsburg. Zudem hatten die beiden den Anspruch, mit jedem Motiv eine Geschichte zu erzählen.
Da wäre etwa die Szene, in der ein Alfa Giulia Bertone vor einem Tor der Fuggerei parkt. Umrahmt ist das knallrote Auto von zwei Rollern. Doch im Mittelpunkt stehen die Akteure. Der Autofahrer, ein cooler Typ mit Sonnenbrille, hält beschwichtigend die Hände vor sein Auto. Denn zwei Rollerfahrerinnen schwingen drohend ihre Baseballschläger. Offenbar haben die Blondinen eine Rechnung mit dem Mann offen. „Das ist die Augsburger Variante von Quentin Tarantino“, kommentiert Keller grinsend. Bei der Aufnahme für den Monat März vor der Kresslesmühle kam es sogar zu einem kleinen Zwischenfall.
Zwei Models sollten mit einer großen Zange und einem Brecheisen vorgeben, zwei Vespas zu knacken. Ein Passant glaubte an einen echten Diebstahl und rief die Polizei. Den Beamten wurde die Situation recht schnell erklärt. Ganz abwegig war der Gedanke des Passanten aber nicht. Wie Konrad erzählt, sind schöne alte Vespas inzwischen solide Wertanlagen geworden.
Ein Highlight-Motiv ist das Titelbild, auf dem die Freilichtbühne in einen Rollertreff mit zwölf Models, 50 Rollerfahrern und 30 Zweirädern umgewandelt wird. An einem Bild aber hängen die Freunde besonders. Es zeigt einen älteren, drahtigen Herrn, der mit seinem Roller am Roten Tor von zwei weiblichen Carabinieri angehalten und kontrolliert wird. Mit diesem Mann verbinden Schuster, Keller und Konrad ganz bestimmte Erinnerungen. Sie waren nicht immer angenehm. Es ist Hein Horn, damals in der Szene besser bekannt als der „Rollerjäger von Augsburg“, wie die drei Männer grinsend erzählen. „Also eigentlich war er ja unser Feind. Er war der gefürchtetste Motorradpolizist in ganz Augsburg und Umgebung und auf frisierte Roller spezialisiert.“Horn habe schon mit einem Tritt auf den Kickstart gewusst, ob am Motor etwas illegal verändert wurde. Kaum ein Wochenende sei vergangen, an dem man als Rollerfahrer in der Stadt nicht kontrolliert wurde, sagen sie. Ende der 80er Jahre seien viele mit illegal frisierten Rollern herumgefahren. „Einige von uns mussten Sozialdienst ableisten. Elefantenmist im Zoo schippen zum Beispiel.“
Die Männer lachen. Das alles ist viele Jahre her. Und Motorradpolizist Hein Horn im Ruhestand. Aus dem Feind ist längst ein Freund geworden. Helmut Keller fährt mit dem einstigen „Rollerjäger“inzwischen regelmäßig zum Skifahren. Sie selbst seien mit den Jahren ruhiger geworden. „Bei mir ging es vor zehn Jahren nur ums Tuning, inzwischen fahre ich lieber Touren“, meint Helmut Keller. Konrad ergänzt: „Anfang des Jahres hatte ich noch zehn Roller, jetzt sind es nur noch fünf. Man kann halt immer nur eine Vespa fahren.“
Etwa 40 bis 50 Rollerfahrer zählen die drei Freunde zum harten Kern der langjährigen Szene. „Aber es gibt auch etliche 20-Jährige, die nachkommen.“Darum ist es auch klar, dass im kommenden Frühling wieder das nächste Anrollern am Königsplatz in Augsburg stattfinden wird.
Dann treffen sich am „Rollerkö“voraussichtlich wieder um die 300 Fahrer von Vespa, Lambretta und Co. aus Bayern und läuten die Saison ein. Es soll, so das Trio, nach Berlin das zweitgrößte Anrollern in Deutschland sein. O
Der Augsburger Vespa Kalender kostet im Großformat 25 Euro, als Tischkalender 10 Euro und im Paket zu sammen 30 Euro. Er ist beziehbar über Ebay Kleinanzeigen oder per Mail an in fo@thomas artwork.de.
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